Geburtstag: Vor 10 Jahren stellte Steve Jobs das iPad vor
Die Reaktionen auf die Vorstellung des ersten iPad-Modells am 27. Januar 2010 fielen selbst für Apple-Verhältnisse überbordend aus. "Das letzte Mal, als es dermaßen viel Aufregung um eine Tafel gab, standen darauf ein paar Gebote", schrieb das Wall Street Journal. Und auch der britische Economist wählte einen religiösen Vergleich und zeigte Apple-Mitbegründer Steve Jobs weiß gekleidet und mit einem Heiligenschein auf dem Titelbild - mit einem "Jesus-Tablet" in der Hand.
Bei damaligen Apple-Chef, der knapp zwei Jahre vor seinem Tod schon stark von seiner Krebserkrankung gezeichnet war, kamen am Abend nach der Vorstellung dagegen vor allem kritische Reaktionen an. Sein Biograf Walter Isaacson erinnert sich: "Als wir uns zum Abendessen in seiner Küche trafen, tigerte er ruhelos um den Tisch und rief E-Mails und Internetseiten auf seinem iPhone auf." Was er dort las, frustrierte Jobs sehr. "Ich habe in den letzten 24 Stunden rund 800 Nachrichten per E-Mail bekommen. In den meisten davon beklagt man sich. "Es gibt kein USB-Kabel! Dieses gibt es nicht, jenes gibt es nicht."
Zehn Millionen iPads in einem Monat
Steve Jobs stellte vor zehn Jahren das erste iPad vor
Foto: Übergizmo
Doch als das iPad dann wenige Monate später in die Läden kam, verflog der Frust bei Jobs sehr schnell. In nicht einmal einem Monat verkaufte Apple eine Million iPads. Diese Schwelle wurde in der Hälfte der Zeit erreicht, die das iPhone dafür benötigte. Im März 2011, neun Monate nach der Produkteinführung, waren bereits 15 Millionen Apple-Tablets verkauft worden. Das iPad legte damit den bis dahin erfolgreichsten Verkaufsstart eines Elektronik-Produkts für den Massenmarkt hin.
Die Pläne zur Entwicklung eines Tablet-Computers bei Apple reichen bis in die 80er Jahre zurück: Der damalige Apple-Chef John Sculley, der 1985 Steve Jobs aus dem Unternehmen gedrängt hatte, wollte 1987 sein Profil als "Visionär des 21. Jahrhunderts" schärfen und stellte in einem Buch das Konzept eines "Knowledge Navigators" vor. In einem aufwendig produzierten Video wurde die Vision eines vernetzten Tablet-Computers visualisiert, der Persönlicher Digitaler Assistent (PDA), Kommunikationszentrale und vernetzte Wissensmaschine in einem ist. Der Versuch von Sculley, diese Zukunftsvorstellung mit dem Apple Newton in die Realität umzusetzen, scheiterte spektakulär.
Jobs ignorierte Tablet-Pläne zunächst
Steve Jobs legte nach seiner Rückkehr zu Apple 1999 die kühnen Tablet-Pläne der Apple-Ingenieure zunächst in die Schublade und fokussierte sich auf die Wiederbelebung des Macintosh-Computers und den Einstieg ins Musikgeschäft mit dem iPod im Jahr 2001. Doch schon im März 2004 - drei Jahre vor dem Marktstart des iPhones - reichte Apple das Patent D504889 ein, in dem neben Jobs auch der damalige Designchef Jony Ive als Erfinder benannt war. Die Anmeldung enthielt Skizzen eines rechtwinkligen elektronischen Tablets mit abgerundeten Ecken - genau so sollte sechs Jahre später das iPad aussehen.
Als die ersten iPad-Prototypen mit einem Multitouch-Bildschirm intern begutachtet wurden, änderte Jobs aber seine Strategie. Die neue Technik sollte zuerst den Smartphone-Markt umkrempeln. Daher kam das iPad erst drei Jahre nach dem Start des iPhones 2007 in die Läden. Wie beim iPhone setzte Apple nicht auf Chips von Intel, sondern auf eine eigene Lösung auf Basis der stromsparenden Architektur des britischen Chipdesigners ARM.
iPad als Plattform für digitale Zeitungen
Das iPad wurde von Anwendern nicht nur wegen der langen Akku-Laufzeiten geschätzt, sondern auch weil es als ideale Plattform für digitale Zeitungen und Magazine erschien. Springer-Chef Mathias Döpfner sagte kurz nach dem Marktstart in einem Gespräch mit dem Talkshow-Urgestein Charlie Rose: "Jeder Verleger auf der Welt sollte sich einmal am Tag hinsetzen und Steve Jobs danken, dass er die Verlagsindustrie rettet." Später relativierte der Verlagschef sein Lob, auch weil er nicht bereit war, Apple finanziell in größerem Umfang an den Digitalabos zu beteiligen.
Die Medieninhalte, aber auch Spiele und Produktivitäts-Apps trieben auf jeden Fall den iPad-Absatzerfolg an. Während im Smartphone-Markt Apple mit dem iPhone nie Anteile über 20 Prozent erreichen konnte, hängt das iPad seit 2010 die Konkurrenzprodukte von Wettbewerbern wie Samsung, Amazon, Lenovo und Microsoft ab. Eine Zeit lang sah es so aus, als würde das iPad tatsächlich auch die herkömmlichen Personal Computer massiv zurückdrängen. Die Absatzzahlen stiegen immer weiter an und erreichten 2013 mit rund 70 Millionen Stück ihren Höhepunkt. Doch danach sanken die Verkäufe wieder, auch weil das iPad lange hält und im Vergleich zum Smartphone nicht so häufig durch ein neues Gerät ersetzt wird.
Absatz-Flaute in den vergangenen Jahren
Mit dem iPad Pro setzt Apple verstärkt auf Produktivität
Foto: Apple
Im Jahr 2018 wurden nur noch 43,5 Millionen iPads verkauft. Seitdem berichtet Apple keine Absatzzahlen mehr. Die Verkäufe sollen zuletzt aber nach Analystenschätzungen wieder leicht angezogen haben. Das iPad ist aber weit davon entfernt, die Absatzzahlen der PCs zu erreichen. IDC schätzt, dass 2019 rund 267 Millionen Personal Computer weltweit verkauft wurden.
Um die iPad-Verkäufe wieder anzukurbeln, versucht Jobs-Nachfolger Tim Cook, das iPad stärker als Produktivitätswerkzeug und Instrument für kreatives Arbeiten zu positionieren. Um dieses Ziel zu erreichen, setzte sich Cook auch über ein Mantra seines Vorgängers hinweg und stellte im September 2015 ein iPad Pro vor, dass über einen Eingabestift (Apple Pencil) verfügte. Jobs hatte sich stets dagegen gewehrt, Tablets oder Smartphones mit einem "Griffel" auszustatten. "Man muss den herkramen - und dann verliert man das Ding", sagte Jobs bereits bei der Präsentation des ersten iPhones.
Microsoft-Konzept setzte sich durch
In diesem Punkt sollte sich der ewige Jobs-Widersacher Bill Gates durchsetzen. Der damalige Microsoft-Chef, der jahrelang vergeblich versucht hatte, den Tablet-Markt in Schwung zu bringen, sagte nach der Vorstellung des iPads, der Ansatz von Microsoft, einen Stylus für die Dateneingabe zu benutzen, werde am Ende doch bestehen. "Ich habe jahrelang einen Tablet-Computer mit einem Eingabestift prophezeit", sagte er Jobs-Biograf Isaacson. "Ich werde entweder recht haben oder tot sein."
In diesem Jahr hat Apple das Tablet-Betriebssystem sogar vom iPhone abgekoppelt und mit iPadOS eine eigene Tablet-Firmware vorgestellt. Diese Maßnahme soll dem Anspruch Rechnung tragen, das iPad verstärkt auch für Produktivität einzusetzen. So wurden unter anderem die Multitasking-Möglichkeiten erweitert. Aber auch für Kunden, die das iPad als Multimedia-Gerät einsetzen, hat der Hersteller etwas getan. So wurden die Displays der Tablets kontinuierlich verbessert. Die höherwertigen iPads haben zudem vier Lautsprecher an Bord, die für den guten Ton sorgen.
Die Zukunft hat beim iPad bereits begonnen
Wie aber wird sich das iPad in Zukunft weiterentwickeln? Dazu muss man sagen, dass Apple entscheidende Schritte bereits gegangen ist. Nach der Apple SIM, mit der die Käufer unkompliziert Prepaid-Datentarife buchen konnten - etwa für Auslandsreisen, bei denen der eigene Mobilfunktarif nicht sinnvoll nutzbar ist -, gibt es nach dem iPhone jetzt auch bei dem iPad die Dual-SIM-Funktion. Nutzer haben die Möglichkeit, die integrierte eSIM mit einer Nano-SIM zu kombinieren und so zwei Datentarife im Wechsel zu verwenden.
Für das Frühjahr 2020 wird mit der Veröffentlichung der nächsten Generation des iPad Pro gerechnet. Dann könnten die Tablets von Apple erstmals auch Unterstützung für den neuen Mobilfunkstandard 5G mit sich bringen, der für noch höhere Datenübertragungsraten sowie künftig auch für kürzere Ansprechzeiten sorgt. Weiterer Vorteil: Die Kunden haben mehr Kapazität zur Verfügung, was vor allem an Orten mit intensiver Datennutzung wichtig ist.
iPad als Zweit-Display für den Mac
2019 bekam das iPad ein eigenes Betriebssystem
Foto: Apple
Apple hat mit iPadOS 13 und macOS 10.15 zudem ein Feature ermöglicht, das zuvor bereits unter Nutzung von Fremd-Software möglich war: Das iPad kann als Zweitmonitor für den Mac verwendet werden. Das kann unter anderem für Anwender praktisch sein, die nur selten einen zweiten Bildschirm am Rechner brauchen und daher nicht in einen zweiten klassischen Monitor investieren wollen. Aber auch unterwegs kann die Kombination aus MacBook und iPad dafür sorgen, dass die Arbeit leichter von der Hand fällt.
Noch "ausbaufähig" sind die Tastatur-Cases, die Apple für seine Tablets anbietet. Mit der Qualität und dem Komfort beispielsweise einer Notebook-Tastatur hat das wenig zu tun. Das könnte für viele Kunden ein Hindernis sein, um das iPad produktiv einzusetzen. Von Drittanbietern gibt es deutlich bessere Alternativen, denen dann aber die tiefe Systemintegration fehlt, auf die Apple bei eigener Hard- und Software stets großen Wert legt.
Apple baut eigenes Ökosystem weiter aus
Neben der Hard- und Software ist Apple zudem bemüht, sein Angebot an Diensten, die mit den eigenen Produkten nutzbar sind, sukzessive auszubauen. Mit dem iPad können die Kunden beispielsweise auch Apple Pay nutzen. Apple Music steht selbstredend ebenfalls zur Verfügung. Dazu kamen im vergangenen Jahr die eigene Spiele-Plattform Arcade und der eigene Videostreaming-Dienst Apple TV+.
Maßgeblich zum kontinuierlichen Erfolg der Tablets von Apple dürfte nicht zuletzt die Tatsache beitragen, dass der Hersteller nicht - wie vor zehn Jahren - ein einziges iPad-Modell, sondern gleich eine ganze Reihe verschiedener Tablets anbietet. Seit Jahren erfolgreich ist beispielsweise das von Steve Jobs stets abgelehnte iPad Mini und mit den iPad Air bietet Apple eine preiswertere Alternative zu den Pro-Modellen. Eine noch günstigere iPad-Variante soll schließlich dafür sorgen, dass die Geräte verstärkt auch im Bildungsbereich zum Einsatz kommen.
In einer weiteren Meldung stellen wir Ihnen die Geschichte des iPhone in Bildern vor.