Editorial: Der Kampf um den Datenschutz
Editorial: Der Kampf um den Datenschutz
Bild: picture alliance/dpa | Sina Schuldt
Das Smartphone ist im Lauf der Jahre zur elektronischen "Allzweckwaffe"
geworden, zum Helfer, den man kaum mehr aus dem Alltag wegdenken kann.
Mal schnell anrufen, ein Foto machen oder ein Wort in einem Vortrag
editieren - alles kein Problem. Schwierig bis unmöglich wird es hingegen,
wenn man mit dem Smartphone eine Runde Schach spielen will,
ohne dass zwei Dutzend Werbenetzwerke und auch die Geheimdienste
von einem halben Dutzend Ländern davon erfahren.
Editorial: Der Kampf um den Datenschutz
Bild: picture alliance/dpa | Sina Schuldt
Userdaten - und dazu gehört auch, wer wann welches Spiel spielt -
sind das "digitale Gold" des Informationszeitalters, und
kaum jemand versteht es, damit so viel Geld zu verdienen wie Google und
Facebook. Das gefällt nicht allen: Smartphone-Hersteller wie Samsung
oder LG verdienen bis heute kaum Geld mit den Geräten. Viele ehemals
erfolgreiche Hersteller mussten schon aufgeben, wie Nokia, Siemens,
Ericsson oder Motorola. Aber auch im Werbemarkt sind die Einnahmen
höchst ungleichmäßig verteilt: Ca. zwei Drittel gehen an Google und
Facebook, alle anderen Medien zusammen teilen sich das andere Drittel.
Apple verdient hingegen als einziger Hersteller mit seinen Smartphones glänzend - die Aktie hat inzwischen eine Marktkapitalisierung von knapp 2 Billionen Euro - etwa so viel, wie die deutsche Staatsverschuldung. Im Weihnachtsgeschäft 2020 erreichte das iPhone nach Stückzahlen einen Marktanteil von fast 25 Prozent - ein hervorragendes Ergebnis für einen Hersteller, der das Niedrigpreissegment komplett verschmäht.
Weniger Daten
Anders als Google, die quasi nur mit den Daten (in Form der mit den Daten getargeten Werbung) Geld verdienen, kommt Apple ohne große Werbeeinnahmen aus. Sie verkaufen das iPhone teuer genug und sie verdienen dann noch kräftig mit an den Inhalten, die über den App Store und iTunes Store verkauft werden. Dafür gefällt es Apple nicht, wenn ihre User beispielsweise von der Werbung von Maklern verfolgt werden, nur, weil sie einmal für einen Bekannten mit ihrem iPhone eine Mietwohnung gesucht haben. Folglich unternimmt Apple immer mehr gegen Tracking und verweigert beispielsweise in den Standardeinstellungen die Nutzung des Unique Device Identifiers (UDID) für Tracking-Zwecke.
Nur: Was nutzt die UDID-Blockade, wenn die Nutzer auf dem iPhone Google Maps oder Google Mail nutzen und sich dafür mit ihrem Google-Konto einloggen? Dann landen die Daten eben doch auch bei Google, und von dort über Werbeeinblendungen auch bei den anderen Werbenetzwerken. So nach dem Prinzip: "Wenn Google diesem User viele Werbung von Maklern zeigt, dann wird das schon einen vernünftigen Grund haben. Zeigen wir dem User daher auch einfach Makler-Werbung".
Je mehr Werbung über offene Plattformen angeboten, getargeted und verkauft wird, und bei je mehr Accounts der User dauerhaft eingeloggt ist (Google, Facebook, Amazon, Netflix etc. pp.) desto einfacher ist dieser Datenzugriff. Da hilft dann auch die UDID-Blockade nicht mehr. Das weiß auch Apple. Das Marketing mit dem besseren Datenschutz auf iPhones ist daher vor allem genau das - Marketing. Es ist ähnlich wahrhaftig wie die Werbung von Waschmittelherstellern, dass ihr Produkt "weißer" als die der Konkurrenz waschen würden.
Guter Datenschutz müsste von staatlicher Seite beschlossen werden. Aber: Auch Staaten sind eher an Nutzerdaten als an Datenschutz interessiert, um Pädophile, Steuersünder oder Terroristen zu jagen. Ob zumindest im Gegenzug die Welt sicherer geworden ist?