Patentstreit

Update: Apple weist Schadensersatzforderung zurück

Das Unternehmen IPCom erwarb vor wenigen Jahren von Bosch das Mobilfunkpatent #100A, welches laut IPCom zum Grundstock von Mobilfunk-Standards wie UMTS und LTE gehöre. Nach zahlreichen anderen Herstellern muss sich nun auch Apple vor Gericht verantworten.
Von Jennifer Buchholz mit Material von dpa

Apple steht vor dem Mannheimer Landgericht Apple steht vor dem Mannheimer Landgericht
Bild: dpa
Der iPhone-Hersteller Apple sieht sich heute vor dem Landgericht Mannheim mit einer Schaden­er­satz­klage [Link entfernt] von mehr als 1,5 Milliarden Euro konfrontiert. Dabei geht es um die Nutzung eines Patents für eine technische Lösung im Mobilfunk, die unter anderem Ret­tungs­kräften oder der Polizei bei Netz­über­lastung einen bevorzugten Netz­zugang ermöglicht.

Geklagt hat der Patent­verwerter IPCom, der 2007 zahlreiche Patente des Mobilfunk-Pioniers Bosch übernommen hatte, darunter das Patent mit der Bosch-Be­zeichnung #100A (EP 1 841 268), um das es in dem Mann­heimer Prozess geht. Von Apple verlangt die Firma Schadenersatz in Höhe von 1,57 Milliarden Euro plus Zinsen. "Die Höhe der Forderung wurde von unseren Anwälten auf Basis der deutschen Recht­sprechung kalkuliert", sagte ein IPCom-Sprecher. "Hierbei wurden Umsatz, Gewinn und der Marken­wert Apples berücksichtigt." In einem zweiten Verfahren von IPCom gegen Apple geht es um die Fest­stellung der Patentverletzung.

Update: Apple weist Vorwurf der Patentverletzung zurück, 14:10 Uhr

Apple-Anwalt Frank-Erich Hufnagel warf dem Patentverwerter IPCom während der Verhandlung vor, die Forderung nach Schadensersatz von über 1,57 Milliarden Euro mit einem "Taschenspielertrick" durchsetzen zu wollen. Für das Unternehmen IPCom, welches das strittige Patent zusammen mit hunderten anderen 2007 von Bosch erworben hat, sagte Rechtsanwalt Wolfgang Kellenter, Apple habe sich einer klaren Verletzung des Patents schuldig gemacht.

Der Vorsitzende Richter Holger Kircher warf beiden Parteien vor, sie deuteten frühere Urteile und Beschlüsse zu dem umstrittenen Patent nach ihren jeweiligen Interessen: "Jeder interpretiert ein Stück hinzu oder weg." Dies sei sehr unbefriedigend. Anstatt auf rechtskräftige Entscheidungen in anderen dazu anhängigen Verfahren zu warten, sei er aber der Meinung: "Die Sache ist spruchreif, wir können zu einem Ergebnis kommen."

Bei dem dazu gefassten Beschluss, handele es sich nach den Worten von Richter Kircher allerdings "nicht um lediglich sprachliche und deklaratorische Erweiterungen, sondern um Klarstellungen mit einer inhaltlichen und substanziellen Einschränkung des Klagepatents". Er müsse daher der Klägerin "etwas Wasser in den Wein gießen", sagte der Richter. Beide traten dann in eine technisch detaillierte Diskussion über die Frage ein, ob das Patent für die Zugangssteuerung im Mobilfunknetz lediglich ein einziges Bit vorsehe oder ob der Datenumfang dafür unterschiedlich gestaltet werden könne.

Berechnung der Schadenersatzforderung unklar

IPCom verlangt von Apple Schadenersatz in Höhe von 1,57 Milliarden Euro plus Zinsen. "Die Höhe der Forderung wurde von unseren Anwälten auf Basis der deutschen Rechtsprechung kalkuliert", sagte ein Sprecher. "Hierbei wurden Umsatz, Gewinn und der Markenwert Apples berücksichtigt." Nähere Angaben zur Berechnung macht IPCom nicht.

Die Summe ist beispiellos in den jahrelangen Patentstreitereien in der Mobilfunk-Industrie. Den bisher höchsten Schadenersatz bekam Apple 2012 im kalifornischen Prozess gegen Samsung zugesprochen, nach einer Reduzierung sind es noch über 920 Millionen Dollar (rund 675 Millionen Euro). Das Verfahren geht aber noch durch die Instanzen. In einem zweiten Verfahren von IPCom gegen Apple geht es um die Feststellung der Patentverletzung. Das Landgericht rief heute beide Verfahren zusammen auf. (Ende des Updates)

Patentansprüche anderer Hersteller teilweise abgewiesen

Apple steht vor dem Mannheimer Landgericht Apple steht vor dem Mannheimer Landgericht
Bild: dpa
Im Januar hat das Europäische Patentamt in München die Gültigkeit des Patents bestätigt und Einsprüche von Nokia, HTC, Vodafone, Ericsson und Apple abgewiesen. Nokia verwies allerdings darauf, dass das Patent in einer einge­engten Form bestätigt worden sei. Nach Auffassung von IPCom ist das Patent sowohl für den Mobilfunkstandard UMTS als auch für das schnellere LTE "standard-essentiell und somit verpflichtend einzusetzen". Handy-Hersteller sind aus dieser Sicht verpflichtet, das zum Standard gehörende Patent auch zu verwenden und die Lizenzgebühren dafür zu entrichten. Bei Apple hieß es unter Hinweis auf das laufende Verfahren, dass das Unternehmen dazu keine Stellungnahme abgebe.

Mehr zum Thema Apple-Patentstreit