Bitte schneiden: YouTuber müssen auf den Punkt kommen
Tipps für Eigenproduktionen auf YouTube
picture alliance / Sophia Kembowski/dpa
Johannes Börnsen steht im karierten Flanellhemd
in seiner Werkstatt und misst eine Eurobox ab. Dann schneidet er Holz
zu, man hört die Kreissäge. Der Heimwerker baut aus Brettern, Leim
und zwei Euroboxen ein Wäschekorbregal. YouTube-Nutzer können ihm
dabei zuschauen. Dabei ist das knapp fünfminütige Video mit Musik
unterlegt, die Lust macht, selbst Hand anzulegen.
Auf seinem YouTube-Kanal veröffentlicht Johannes Börnsen Videos für Holzwerker, Schreiner, Tischler, Zimmerleute und alle anderen, die Spaß am Basteln haben. Außerdem zeigt er, wie man mit der Software Sketchup eigene Projekte planen kann. Börnsen arbeitet auch als Videoproducer für "heise online" und die "c't".
Authentisch sein und sich mit der Community austauschen
Tipps für Eigenproduktionen auf YouTube
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"Meinen eigenen Kanal habe ich eigentlich nur als Experimentierfeld
gestartet, um neue Videoformate ausprobieren zu können", erzählt
Börnsen. "Ich habe gesehen, dass es eine wachsende Zahl an
Selbermachern gibt, denen ich mein Wissen zu Sketchup vermitteln
kann, und dass da eine Nische existiert." Außerdem habe er selbst
viel durch Tutorials anderer YouTuber gelernt.
Börnsen schätzt besonders den Austausch mit den Zuschauern. "Ich bewege mich mit meinem Kanal ja in einer sehr kleinen Nische", sagt der YouTuber. "Meine Follower interessieren sich wie ich für DIY-Themen." Dadurch habe er schon viele nette Leute kennengelernt. Außerdem sei die Community für ihn auch immer wieder ein Ansporn, sich mit neuen Themen rund ums Holzwerken auseinanderzusetzen.
Frage an den Hobby-YouTuber: Was muss ein Kanal bieten, um auf der Plattform einen gewissen Erfolg zu haben? Persönlich gefallen Börnsen Videos und Kanäle, die authentisch sind. Inhalte, die irgendwie natürlich und real aussehen, erfahren dem Videoproducer zufolge gerade eine Hochzeit auf YouTube. Niemand muss also verstecken, dass er oder sie technisch nicht perfekt ausgerüstet ist.
Wie professionell sollte ein YouTube-Video sein, das Interessierte anlockt? "Aktuelle Handykameras sind für das Filmen vieler Clips vollkommen ausreichend", sagt Johannes Börnsen. Je nach Inhalt wird das Filmen mit dem Handy oft sogar zum Konzept gemacht. "Es gibt Kanäle, die leben geradezu von diesem Handy-Look-and-Feel." Wenn etwa draußen in Bewegung mit dem Handy gefilmt wird, passt das oft super zum Inhalt. "Hauptsache, Inhalt und Machart passen zusammen."
Kenne deine Zuschauer und gib ihnen, was sie brauchen
Der Inhalt - auch Content genannt - ist natürlich mindestens genauso wichtig wie die Machart. Und die Zielgruppe muss klar sein.
Laura Lewandowski ist Mitgründerin und Host des Interview-Formats Meet Your Mentor auf YouTube. Dabei werden Unternehmer zu ihren persönlichen Erfolgsrezepten befragt. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Aspekt mentale Gesundheit. Die Zielgruppe sind junge, oft gut ausgebildete Unternehmerinnen und Unternehmer, die motiviert sind, hart für ihren Erfolg zu arbeiten - aber sich über den Zusammenhang von Erfolg und Gesundheit vielleicht noch gar nicht wirklich Gedanken gemacht haben. "Wir wollen ihnen das näherbringen, was sie interessieren sollte", sagt Lewandowski.
Doch wie gelingt das? "Dafür fragen wir uns regelmäßig, was die Schmerzpunkte unserer spezifischen Zielgruppe sind, wonach sie sich sehnen, was ihnen wichtig ist, was sie wissen wollen, in welcher Lebensrealität sie sich befinden, wie sie angesprochen werden möchten", sagt Lewandowski. Das eigene Interesse bleibe dabei immer der Kompass für die Themen für den Kanal. Heißt: Man sollte sich selbst sehr für den eigenen Content interessieren.
Videoschnitt ist nicht mehr so schwierig, wie es klingt
Johannes Börnsen hat noch praktische Tipps parat: "Bei ganz vielen Anfängern beobachte ich, dass sie sehr lange Videos machen, weil sie es nicht schaffen, Dinge auf den Punkt zu bringen. Deswegen würde ich jeder und jedem raten, zu schneiden. Das macht Filme eigentlich immer besser." Erst könne man erzählen, was man erzählen wolle - und danach auf die wichtigen Aussagen herunterkürzen.
Der Videoexperte weiß, dass Schneiden am PC für viele eine ziemliche Hürde darstellt. Inzwischen gibt es aber auch für Mobilgeräte viele gute Videoschnitt-Apps. iMovie zum Beispiel ist für iPhone-Besitzer kostenlos. Von der Bedienung her sei es relativ einfach zu verstehen, sagt Börnsen. Wer mehr Freiheiten möchte, erhält die umfangreicher ausgestattete App Lumafusion für rund 30 Euro im App Store.
"Wenn man Lumafusion auf dem iPad benutzt, ist das schon eine annähernd vollwertige Schnittsoftware, die einem PC-Schnitt in fast nichts nachsteht", urteilt Börnsen. Gerade das wichtige Kürzen des Videoinhalts können damit auch Anfänger gut bewerkstelligen. Die Clips lassen sich somit auf dem Handy schneiden und direkt zu YouTube hochladen. Das Smartphone-System muss man nicht mehr verlassen.
Der Ton macht das Video
Bei der Tonqualität sieht es etwas anders aus. Im Gegensatz zu den Kameras seien die in die Handys eingebauten Mikrofone technisch oft nicht wahnsinnig gut, sagt der Experte. "Insofern wäre mein Tipp für Anfänger, sich um einen besseren Ton zu kümmern."
Vor allem für die Produktion von Clips, in denen viel gesprochen wird, empfiehlt Börnsen ein Mikrofon. Das sei das Allererste, was man sich anschaffen solle. Beim Filmen in Innenräumen sei eventuell auch über die Anschaffung einer Leuchte - zum Beispiel ein Key Light oder Ringlicht - nachzudenken. In guter Qualität gibt es sowohl Beleuchtung als auch Mikrofon schon ab circa 40 Euro.
Seine eigenen Videos seien im Lauf der Zeit lockerer geworden, weniger ernst, erzählt Börnsen. "Neben meinen Tutorials gibt es auf meinem Kanal inzwischen auch Videos, bei denen ich einfach Dinge baue. Schöne Bilder mit netter Musik, mehr was zum Abschalten, nicht unbedingt zum Nachmachen. Die machen mir besonders viel Spaß, machen aber auch deutlich mehr Arbeit." Der Bau des Wäschekorbregals ist ein solches Video. Und tatsächlich: Man schaut Börnsen gerne zu.
YouTube ist das wohl meistgenutzte Videoportal der Welt und wird vor allem auch als App verwendet. Wir zeigen versteckte und hilfreiche Funktionen.