Telekom Glasfaser-Ausbau: VATM und BREKO reagieren
Es kam für Marktbeobachter überraschend. Nach dem Verkauf von Unitymedia in Deutschland an Vodafone und in Österreich an Magenta/Telekom sowie dem anfänglichen angedachten Ausstieg von UPC aus dem Schweizer Markt hat sich die Mutter Liberty Global neu besonnen.
Mit dem Spatenstich von Liberty Networks Germany stehen nun weitere erhebliche Investitionen für Deutschlands Netzausbau zur Verfügung und dies genau dort, wo der Bedarf am größten ist – nämlich im ländlichen Raum, stellt der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) aktuell fest.
Auf staatliche Förderung verzichten
Der VATM und der BREKO nehmen zu den Glasfaser-Plänen der Telekom Stellung
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Die Forderung des VATM: Auf staatliche Förderung soll verzichtet werden, da dies den Ausbau um mindestens zwei bis drei Jahre verzögere.
Positiv bemerkt der VATM, dass auch die Telekom einen milliardenschweren zusätzlichen Ausbau im ländlichen Raum angekündigt habe, auch mit staatlichen Subventionen, wo dies wirklich erforderlich sei.
Investoren ohne überzogene Rendite Erwartungen
Aufgrund der deutlich längerfristigen Perspektive der privaten Investoren ohne überzogene kurzfristige Renditeerwartungen in Deutschland und den schon weit ins Land getriebenen Ausbau können immer mehr Gebiete ohne zeitraubende und teure staatliche Förderung erreicht werden, findet VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner.
Und wörtlich: "Der Fördertopf des Bundes mit 12 Milliarden Euro spiele daher eine immer geringere Rolle. Die Nachfrage vor Ort wird für einen schnellen Ausbau deutlich wichtiger“.
Geld scheint genügend vorhanden zu sein: Private Investitionsmittel von weit mehr als 30 Milliarden Euro stehen für den Ausbau zur Verfügung. Alle Unternehmen bauen am Limit ihrer Planungs- und Tiefbaukapazitäten. Aber Förderverfahren verzögerten den Ausbau überall dort, wo sie nicht unbedingt benötigt werden.
Förderung ist zeitraubend
In der Tat: Für die Gemeinden (Kommunen) und die Bundesländer sind die mit einer Förderung verbundenen Markterkundungsverfahren nicht nur extrem bürokratisch und zeitaufwändig sondern vor allen Dingen teuer. Sie führten allzu oft zu falschen Ergebnissen oder überflüssiger Förderung.
„Mit verbesserten – der Investitionslage viel besser angepassten Abfrageverfahren – können nicht nur Milliarden unnötige Fördermittel gespart werden, sondern der Ausbau insgesamt kann deutlich beschleunigt werden“, ist sich Grützner sicher.
Bund soll Telekom-Anteil verkaufen
Um dann ein Lieblingsthema des Ampel-Koalitions-Partners FDP aufzugreifen: Die milliardenschwere Beteiligung des Bundes an der Telekom müsse auf den Prüfstand gestellt werden. Die Telekom agiere einstweilen wie ein rein privates Unternehmen, baue nun Glasfaser gemeinsam mit einem großen australischen Pensionsfond, mit dem man sich die Gewinne teile, und genieße dennoch Vorteile durch die enorme Bundesbeteiligung.
Diese brächten Gefahren für den Wettbewerb und Verbraucher mit sich, wie ein aktuelles Gutachten des renommierten Wirtschaftswissenschaftlers Prof. Dr. Justus Haucap, Direktor Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE), belege.
Sicherheitsaspekte berücksichtigt
Den berechtigten staatlichen Sicherheitsaspekten könne aufgrund neuer rechtlicher Regelungen nach Überzeugung der Autoren "hervorragend ohne eine Bundesbeteiligung" Rechnung getragen werden. „Weit über 20 Milliarden Euro könnten so in Digitalisierung oder Nachhaltigkeit und Klimaschutz gesteckt werden, ohne neue Schulden machen zu müssen“, fordert VATM-Geschäftsführer Grützner.
Auch die Monopolkommission dränge seit langem auf den Ausstieg aus den Telekom-Aktienanteilen der Bundesregierung. „Das Horten von Unternehmensanteilen können wir uns keinesfalls länger leisten, wenn wir es mit Digitalisierung, Glasfaserausbau und einem auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Umbau der Wirtschaft zur Erreichung der Klimaziele ernst meinen. Dabei wäre es klug, alle Beteiligungen des Bundes zu prüfen“, meint Jürgen Grützner.
Auch BREKO signalisiert Zustimmung
Dr. Stephan Albers, Geschäftsführer des Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) findet das Joint Venture Glasfaser Plus der Telekom, das bis 2028 vier Millionen Haushalte zusätzlich an das Glasfasernetz anzuschließen will, "ein gutes Zeichen für den Glasfaserausbau in Deutschland, dass auch die Telekom zusätzliche finanzielle Mittel akquiriert, um beim Ausbau weiter Tempo zu machen."
Zusammen mit den Investitionen der alternativen Netzbetreiber stünden damit in den nächsten Jahren mehr als 40 Milliarden Euro für den eigenwirtschaftlichen Ausbau der Glasfasernetze bereit. Das relativiere die Notwendigkeit von groß angelegten Förderprogrammen zusehends. Forderungen, die bestehende ‚Graue-Flecken-Förderung‘ aufzustocken, gingen "an der Realität vorbei". Die nächste Bundesregierung, solle den marktgetriebenen Ausbau wohl dosiert und zielgerichtet mit staatlichen Mitteln ergänzen, wo kein Potenzial bestehe.
Noch 80 Prozent ohne Glasfaser
Albers rechnet vor, dass "mehr als 80 Prozent der deutschen Haushalte und Unternehmen noch nicht an das Glasfasernetz angebunden" seien. An die Telekom appellierte Albers, ihre Netze zu öffnen und im Gegenzug auch bereits bestehende Glasfaserinfrastruktur von Wettbewerbern zu nutzen, statt sie zu überbauen.
Immerhin zeigten sich die Wettbewerber für 75 Prozent der realisierten Glasfaseranschlüsse verantwortlich und seien damit weiter die Treiber des Ausbaus und stünden "klar für Kooperationen. Wenn diese Zusammenarbeit für die Telekom keine Einbahnstraße ist, können beim Glasfaserausbau alle gewinnen.“
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Wieder einmal zeigt der BREKO die durchaus realistischere und nüchterne Analyse der Lage, während der VATM mit der Telekom immer noch fremdelt, weil man sich (historisch) als vereinigte Opposition gegen den ehemaligen Staatskonzern sieht. Dabei sitzen alle Beteiligten im gleichen Boot. Die Kunden warten auf Anschluss.
Nicht nur die Privaten sollen die Fasern der Telekom nutzen dürfen, sondern auch die Telekom soll über Fasern ihrer Mitbewerber eigene Kunden anschließen können.
Was sich einfach anhört, ist in der Praxis ziemlich komplex, bis die technischen Standards und Abläufe so angepasst sind, dass die End-Kunden möglichst gar nicht merken, dass sie "fremd" beliefert werden.
Und dann gibt es natürlich Streit um den Preis, der im Zweifelsfall "viel zu hoch" sein dürfte. Es gibt viel zu tun.