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Törööö statt Tweet: So geht die Twitter-Alternative Mastodon

Bei Twitter geht es drunter und drüber. Viele zwei­feln nicht mehr nur an dem Dienst, sie wollen wech­seln. Kein Problem. So funk­tio­niert es, beispiels­weise beim Dienst "Mast­odon".
Von dpa /

Seit Elon Musk Twitter gekauft hat, ist dort nichts mehr, wie es einmal war. Wer eine Alter­native zu dem krisen­geschüt­telten Netz­werk sucht, landet schnell bei Mast­odon.

Mastowas? Mast­odon ist ein alter­nativer, kosten­loser Kurz­nach­rich­ten­dienst. Der Start ist nicht schwer. Wie es geht und was der Dienst kann:

Was ist das für ein Name?

Ein Mast­odon ist ein urtüm­liches, elefan­ten­ähn­liches Rüssel­tier, das vor rund 10.000 Jahren am Ende der Eiszeit ausge­storben ist. Deshalb wird auf Mast­odon auch getrötet und nicht gezwit­schert wie im Reich des Twitter-Vögel­chens.

Ausge­dacht hat sich den Namen Eugen Rochko, der Mast­odon 2016 gegründet hat und seitdem entwi­ckelt, und zwar werbe- und tracking­frei. Die gesamte Soft­ware-Entwick­lung ist spen­den­finan­ziert.

Was kann Mast­odon denn?

Twitter-Alternative "Mastodon" Twitter-Alternative "Mastodon"
Bild: picture alliance/dpa/SOPA Images via ZUMA Press Wire | Davide Bonaldo
Eigent­lich alles, was Twitter auch bietet. Man kann anderen folgen und ihre Tröts (Toots) genannten Beiträge sehen. Umge­kehrt selbst Postings im eigenen Home-Feed verfassen, inklu­sive Bildern, Videos, Audios oder Umfragen. Bei Bedarf natür­lich mit Einschrän­kungen versehen, wer das Posting sehen kann.

Direkt­nach­richten, Hash­tags (#) und Trends gibt es übri­gens auch. Und eine Art Retweeten, das hier Boosten genannt wird. Auch die Sicher­heit kommt nicht zu kurz: Zwei-Faktor-Authen­tisie­rung für eine sichere Anmel­dung ist an Bord.

Was ist anders als bei Twitter?

Zuerst einmal die Start­seite, auf der sich zeit­lich geordnet Postings aller Menschen oder Orga­nisa­tionen finden, denen man folgt. Mast­odon hält sich strikt an die Chro­nologie. Es gibt also echte Zeit­leisten und keine intrans­parente, von Algo­rithmen gesteu­erte Anzeige von Beiträgen.

"Deine Start­seite sollte mit dem gefüllt werden, was für dich am meisten zählt, und nicht mit Dingen, von denen irgendein Unter­nehmen meint, dass du sie unbe­dingt sehen soll­test", lautet das Mission State­ment auf der Mast­odon-Seite. Dort wird verspro­chen: "Mit Mast­odon bekommst du die Kontrolle wieder zurück."

Gibt es sonst noch Unter­schiede?

Ja. Mast­odon ist ein dezen­trales soziales Netz­werk, verbunden und ange­trieben von einer quellof­fenen, freien Soft­ware. Ob Orga­nisa­tion oder Einzel­person: Jeder, der möchte, kann einen unab­hän­gigen Mast­odon-Server, auch Instanz genannt, betreiben.

Damit liegt die Kontrolle nicht bei einem Unter­nehmen oder einem Menschen, sondern in vielen Händen. Und jede, die mitma­chen möchte, kann frei wählen, auf welchem Server, also bei welcher Commu­nity, sie ihr Konto erstellt.

Deshalb gibt es bei Mast­odon auch die Ansicht "Lokal", in der nur Postings von Menschen auftau­chen, die der eigenen Commu­nity ange­hören. Die Ansicht "Föde­ration" weitet dagegen den Blick auf sämt­liche Postings aller Server. Wie die Start­seite sind auch "Lokal" und "Föde­ration" als Zeit­leisten orga­nisiert.

Ein Tröt ist übri­gens stan­dard­mäßig auf 500 Zeichen begrenzt. Ein einzelner Tweet bei Twitter kann maximal 280 Zeichen lang sein.

Bei welchem Server soll ich mich anmelden?

Es kommt darauf an. Wichtig zu wissen ist aber erst einmal: Über jeden Server kann man grund­sätz­lich auch alle Inhalte von allen anderen Servern sehen und mit allen anderen Nutze­rinnen und Nutzern inter­agieren. Das ist Sinn und Zweck der Ansicht "Föde­ration".

Jede Server­betrei­berin kann aber andere Server blockieren. Und sie kann Regeln fest­legen, die dann für die Nutze­rinnen und Nutzer des eigenen Servers gelten. Es ist also sinn­voll, sich eine Commu­nity zu suchen, mit der man sich viel­leicht nicht nur thema­tisch iden­tifi­zieren kann, sondern deren Mode­ration einem insge­samt zusagt.

Gibt es Server-Verzeich­nisse?

Ja. Ein Server-Verzeichnis findet sich auf der offi­ziellen Mast­odon-Seite. Es enthält ausschließ­lich Server, die sich konse­quent zur Mode­ration gegen Rassismus, Sexismus und Trans­phobie verpflichten (https://joinmastodon.org/de/covenant).

Ein anderer mögli­cher Start­punkt zum eigenen Mast­odon-Konto ist etwa die Seite "Instances.social", die aktuell mehr als 3700 Server welt­weit listet. Wer einige Fragen beant­wortet, bekommt eine Liste von Servern ange­zeigt, die viel­leicht zu einem passen könnten.

Wenn­gleich man sich bei vielen Servern direkt anmelden kann, gibt es auch Instanzen, bei denen erst eine Einla­dung ange­fragt werden muss, die keine neuen Mitglieder mehr aufnehmen oder die grund­sätz­lich geschlossen sind - etwa die Instanz "Social.bund.de", die der Bundes­daten­schutz­beauf­tragte für Bundes­behörden einge­richtet hat.

Und wenn ich später eine Commu­nity finde, die mir besser gefällt?

Kein Problem. Zum einen sind mehrere Konten bei verschie­denen Mast­odon-Servern gleich­zeitig möglich. Zum anderen lässt sich ein bestehendes Konto mitsamt Follo­wern jeder­zeit zu einem neuen Konto auf einem anderen Server umziehen. Eine Anlei­tung findet sich direkt in den Konto­ein­stel­lungen oder in der Mast­odon-Doku­men­tation.

In den Einstel­lungen unter "Import und Export" kann man auch die anderen Daten­kate­gorien (außer Medien) im CSV-Format herun­ter­laden, etwa Listen oder Lese­zei­chen. Und das nicht nur, um sie bei einem geplanten Umzug ins neue Konto zu impor­tieren.

Regel­mäßige Backups sind auch wichtig für den Fall, dass die Instanz, auf der man ange­meldet ist, einmal über­raschend abge­schaltet werden sollte. Alle Daten­kate­gorien inklu­sive Medi­enspei­cher können einmal wöchent­lich als Archiv herun­ter­geladen werden.

Aber wie genau starte ich jetzt?

Die Auswahl des Servers war schon die halbe Miete. Jetzt gilt es, auf der Seite der Wunsch-Instanz auf den Button "Konto erstellen" zu klicken, die jewei­ligen Server-Regeln zu akzep­tieren, eine E-Mail-Adresse anzu­geben und Anzeige- sowie Profil­namen (mit voran­gestelltem @) samt Pass­wort fest­zulegen. Fertig.

Der Benut­zer­name wird mit dem Namen der Commu­nity-Domäne erwei­tert, damit die Kommu­nika­tion und Suche über Server­grenzen hinweg möglich ist (Beispiel: @profil­name@commu­nity-name.de).

Was sind die ersten Schritte?

Nach der Anmel­dung vervoll­stän­digt man sein Profil (Bild, Hinter­grund, Inter­essen) und passt in den Einstel­lungen am besten noch Benach­rich­tigungen sowie Privat­sphäre-Einstel­lungen an. Man kann zum Beispiel ein Häkchen bei "Gesperrtes Profil" setzen, wenn man nur Follower möchte, die eine Folge­anfrage schi­cken müssen, die man dann geneh­migen kann - oder nicht.

Man kann auch fest­legen, dass die eigenen Beiträge stan­dard­mäßig nicht in die öffent­liche Time­line gehen. Trotzdem hat man beim Verfassen eines Postings immer aufs Neue die Möglich­keit, für diesen Beitrag indi­viduell eine andere Einstel­lung zu treffen, und zwar über das Schloss-Symbol.

Als erster Tröt empfiehlt sich eine kurze Selbst­vor­stel­lung mit dem Hashtag "#neuhier". Für Fragen von Neulingen hat sich "#neuhier­fragen" als Hashtag einge­bür­gert.

Wie kann ich meine Twitter-Kontakte bei Mast­odon finden?

Es gibt Dienste wie Fedi­finder oder Debir­dify [Link entfernt] , die das eigene Twitter-Profil daraufhin analy­sieren können, welche Kontakte auch bei Mast­odon sind. Diese Infor­mationen erhält man als Liste, die man auch im CSV-Format abspei­chern und dann in Mast­odon impor­tieren kann.

Wer bei Twitter in der eigenen Kurz­beschrei­bung oder in seinem Anzei­genamen seinen Mast­odon-Profil­namen hinter­legt, macht es solchen Diensten leichter, aber auch allen anderen, die jemanden bei Mast­odon über das Such­feld finden wollen. Nicht vergessen: Damit es klappt, muss der Profil­name plus Commu­nity-Domäne ange­geben werden, etwa "@profil­name@commu­nity-name.de", nicht nur "@profil­name".

Gibt es auch Apps?

Ja. Neben der Web-App und den seit April 2022 exis­tie­renden offi­ziellen Anwen­dungen für Android und iOS gibt es verschie­dene Anwen­dungen von Dritt­anbie­tern für diverse Platt­formen und Betriebs­sys­teme.

Für den Fall, dass Google und Apple Twitter aus ihren App-Stores verbannen, könnte Elon Musk sein eigenes Handy umsetzen. Details zu diesem Thema lesen Sie in einer weiteren News.

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