Telekom: "Mobilfunk-Zwerg" bringt schnell 5G-Versorgung
Die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft und der steigende Bedarf an mobiler Kommunikation erfordern jederzeit eine zuverlässige Mobilfunkversorgung. Das ist eigentlich eine Binsenweisheit, die sich so langsam durchsetzt.
Neben dauerhafter Versorgung gibt es auch kurzfristige Anforderungen auf Festivals oder Großbaustellen. Die Deutsche Telekom bietet ihren Geschäftskunden dafür "ultramobile" Sendemasten an.
"Mobilfunkmast-to-go"
Mancher Hauskühlschrank ist größer: eine Mini-Basisstation der Telekom. Eine Person kann sie binnen einer Stunde aktivieren
Deutsche Telekom AG / Norbert Ittermann
Erst vor wenigen Monaten hatte die Telekom ihren Mobilfunkmast-to-go als Prototyp entwickelt, der innerhalb kurzer Zeit auf großes Interesse stieß. Rund ein Dutzend Firmen haben den flexiblen Sender bisher getestet. "Diese Nachfrage zeigt: Der Bedarf nach einer flexiblen Mobilfunklösung ist da - auch bei Geschäftskunden. Das hat uns darin bekräftigt, diese Innovation ‚made by Telekom‘ zukünftig auch kommerziell anzubieten", erklärt Klaus Werner, neuer Chef Geschäftskunden bei der Telekom Deutschland.
Implenia: Verbindungsaufbau im Funkloch
Das Schweizer Spezial-Bau-Unternehmen implenia baut bei Lobenstein (Thüringen) die B90 komplett neu. Dafür braucht es Mobilfunk
Foto: Deutsche Telekom / implenia
Zu den ersten Testern gehört der Schweizer Bau- und Immobiliendienstleister "Implenia". Das Unternehmen wird seine Brückenbaustelle in Bad Lobenstein (Thüringen) während der zweijährigen Bauphase mit 5G und 4G/LTE versorgen. Die im Tal gelegene Baustelle konnte von den herkömmlichen Mobilfunkmasten der Umgebung nicht erreicht werden. Aufgrund des hohen Digitalisierungsgrads der Baustelle ist jedoch eine schnelle und zuverlässige Mobilfunkanbindung unabdingbar.
Der Mobilfunkmast-to-go von der Telekom versorgt die Baustelle mit leistungsfähigen Kommunikationsdiensten. Smartphones und Computer nutzen dann schnelle Mobilfunkverbindungen über Frequenzen im Bereich 2,6 und 3,6 Gigahertz. Diese Mobilfunkgrundversorgung ist für Implenia zudem eine ideale Basis für IoT-Anwendungen.
Damit kann Implenia Abläufe sowie Materialflüsse auf der Baustelle optimieren. Der einfach anzuschließende Mobilfunkmast wird auf der Brückenbaustelle per Glasfaser mit dem Netz verbunden. In einem nächsten Schritt soll eine Verbindung über Satelliten getestet werden, was noch mehr Flexibilität und eine noch schnellere Anbindung ans Netz bringen soll.
"flaschenpost": Logistik braucht Geschwindigkeit
Beim Lieferdienst "flaschenpost" für Getränke und Lebensmittel aus Münster (Nordrhein-Westfalen) wurde eine Logistikhalle mit 5G-Mobilfunk versorgt, um den innerbetrieblichen Ablauf zu beschleunigen. Das Unternehmen expandiert: Immer wieder kommen neue Standorte hinzu, fallen weg oder bestehende Lager ziehen um. Eine feste Verkabelung der Standorte ist aufwändig und teuer. Die Funk-Versorgung innerhalb von Logistikhallen ist aufgrund ihrer Bauweise meist schwierig, denn Beton und Metall behindern die Ausbreitung der Funkwellen. Die Lösung dafür sind Mobilfunkmasten-to-go. Neben der klassischen Sprach-Telefonie fürs Team sind auch Intralogistik-Anwendungen über das 5G-Netz schnell einsatzbereit. Smartphone-Apps zur Wareneinlagerung oder zur Zusammenstellung einer Bestellung ("Kommissionierung") über Handscanner lassen sich flexibel einsetzen.
Das Besondere am "ultramobilen" Sendemast sei seine Größe, betont die Telekom: "Er ist deutlich kleiner, leichter und flexibler als bisherige Lösungen." Die gesamte Mobilfunk-Sendetechnik passt in einen kompakten Micro-Container (mit den Maßen 1,6 Meter Länge, 2 Meter Breite und 2,6 Meter Höhe). Damit sei der mobile Mast platzsparend und lasse sich leicht transportieren.
Die Telekom gibt an, dass dieser innerhalb von weniger als einer Stunde von einer Person aufgebaut werden kann und sofort einsatzbereit ist, sobald Daten-Signalleitung und Stromverbindung hergestellt sind. Der Micro-Container kann an eine lokale Stromversorgung (230 Volt) angeschlossen oder über jede andere mobile Energiequelle betrieben werden. Die Anbindung an das Datennetz ist sowohl über Glasfaser als auch mit Richtfunk möglich.
Neben der temporären Versorgung von Geschäftskunden können mobile Masten auch in Katastrophengebieten durch ihre Flexibilität für schnelle Hilfe sorgen.
Telekom plant kommerzielles Angebot ab Frühjahr
Ab diesem Frühjahr will die Telekom mit einem kommerziellen Angebot für den Einsatz der ultramobilen Sendemasten starten, dann kosten Miete und Betrieb des Mastes Geld. Genaue Preise wurden noch nicht verraten. Interessierte Geschäftskunden können sich auf einer für den Service eingerichteten Webseite informieren.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Während man früher froh war, auf der Straße oder "open air" ausreichend Netz zu haben, muss es heute auch in Tiefgaragen, Fertigungshallen, Parkhäusern oder auf Festivalgeländen weitab jeder Zivilisation funktionieren. Bisher haben die Netzbetreiber ihre Versorgung über die regelmäßigen Grundgebühren, Minuten-, Volumen- oder Aufladebeträge (bei Prepaid) ihrer Kunden finanziert.
Jetzt wird der Versorgungs-Mangel monetarisiert. Wenn Firmen Netz brauchen, sollen sie sich einen oder mehrere Sender mieten. Wie teuer das wird, weiß noch niemand. Und die Privatkunden, die auch überall Netz haben wollen, bleiben künftig außen vor? Bei allem bleibt ein mulmiges Gefühl zurück. Ist das die Folge einer Kundschaft, die permanent lamentiert "wie teuer" doch der Mobilfunk ist und die jedes echte oder vermeintliche Schnäppchen sofort begierig aufgreift?