Tim Höttges: "Das T wackelt nicht"
Heute findet in Bonn die Aktionärs-Hauptversammlung der Deutschen Telekom statt. Rund 2000 Aktionäre hatten sich im Vorfeld angemeldet, um sich vor Ort zu informieren und über Anträge und Vorschläge zu diskutieren.
Erstes reales Treffen nach der Pandemie
Traditionell kommen zur Hauptversammlung auch Kunden, die ein komplexeres Problem haben. Dazu war ein Infomobil der Kundenbetreuung vor dem Konferenzzentrum am Platz der Vereinten Nationen gegenüber dem historischen Bonner Bundestag aufgebaut. Aktionäre, die an der Versammlung teilnehmen wollten, mussten sich im Vorfeld anmelden und dann vor Ort - ähnlich wie am Flughafen - mitgebrachtes Gepäck und Geräte durchprüfen lassen.
Etwa 2000 Aktionäre hatten sich im Vorfeld zur Hauptversammlung angemeldet, die Aufnahme wurde 30 Minuten vor Beginn gemacht.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Um 10:03 Uhr eröffnete der scheidende Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Dr. Ulrich Lehner die Sitzung (wir gehen auf seine Verabschiedung und seinen Nachfolger noch gesondert ein).
Besseres Netz in Zügen
Zunächst erklärte Telekom-Vorstand Tim Höttges anhand von Modellen und Grafiken sehr gut verständlich die Problematik der Mobilfunkversorgung in Zügen. Unter dem kuriosen Projektnamen „Schwarzer Schäferhund“ sollen 140 Millionen Euro alleine für die zusätzliche Versorgung der Züge investiert werden. An Modellen erklärte Höttges auch für technische Laien gut verständlich, welche Herausforderungen zu bewältigen sind. Allein in Deutschland gibt es 700 Eisenbahn-Tunnel. Ein Zugfenster dämpft das ankommende und abgehende Signal um 30 dB (Faktor 1000), während eine Autoscheibe „nur“ um 10 dB (Faktor 10) das Signal reduziert.
Die Bahn lässt ihre Zugscheiben nun mit Laserstrahlen behandeln, um Funksignale durchzulassen, die Wärme aber nicht. Höttges versprach, die Hauptverkehrsstrecken, auf denen alle ICE- und die wichtigsten IC-Züge verkehren, sollen bis Ende 2024 mit einer Datenrate von mindestens 200 MBit/s versorgt werden. Auf fahrgaststarken Strecken, auf denen pro Tag mehr als 2.000 Fahrgäste unterwegs sind, soll bis Ende 2025 ebenfalls eine Datenrate von mindestens 200 MBit/s verfügbar sein. Alle sonstigen Strecken sollen bis Ende 2026 mit einer Datenrate von mindestens 100 MBit/s versorgt werden. Das wäre immer noch das Doppelte des Wertes, den die Bundesnetzagentur in ihren Auflagen zur Frequenzvergabe vorschreibt.
Auf einem Original-ICE-Stuhl erläuterte Telekom Chef Höttges die Zugversorgung
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Höttges wörtlich: „Wenn wir das Grundstück kriegen, bauen wir bis 2025/26 ein lückenloses Netz über alle Schienenstrecken.“
Cell Broadcast vorgeführt
Erstmalig verriet Telekom Chef Tim Höttges Details zum geplanten Warnsystem über „‚Cell Broadcast“ (CB). Die „Katastrophe in der Nachbarschaft“ (das Ahrtal ist nicht weit von Bonn entfernt) habe gezeigt, dass Sirenen und WarnApps nicht die Wirkung hatten.
In anderen Ländern sei „CB“ schon länger im Einsatz. Höttges erklärte es als einen „Funkimpuls der automatisch auf dem Handy erscheint“. Nicht jeder Kunde kann oder will eine App runterladen und nicht jeder Kunde höre die Sirenen.
300 amtliche Stellen überwachen mögliche Katastrophen und kommunizieren mit der Bevölkerung über Cell Broadcast. In einer Funkzelle soll jeder informiert werden, die Botschaften sollen automatisch auf jedes Handy gesendet werden. Höttges kündigte an, für die Kunden der Telekom bereits beim nächsten Warntag am 9. September 2022 auszuprobieren, ob CB funktioniert.
Vier Warnstufen
Die Warnstelle kenne vier Warnstufen: Unwetter, Flut, Straftäter, Terrorismus. „Man muss keine SMS lesen, das Handy kriegt eine automatische Nachricht, die sofort aufpoppt“. Sollte das Handy ausgeschaltet sein, wird Nachricht beim Einschalten angezeigt, wie Höttges anhand von mehreren Demo-Handys vorführte. Dabei deutete er an, dass „ganz alte Geräte sind wohl nicht geeignet“ sein werden.
Netzumbau geht auch schneller
Höttges konnte sich einen Seitenhieb auf den Wettbewerb nicht verkneifen. „In den USA haben wir zwei Netze (von T-Mobile US und US Sprint) in 2,5 Jahren zusammengelegt. o2 hat für die Zusammenlegung des bisherigen o2 und des E-Plus-Netzes fünf Jahre gebraucht.“
Der Telekom Vorstand von links: Adel Al-Saleh (T-Systems), Thorsten Langheim (US, M&A), Christian P. Illek (Finanzen), Claudia Nemat (Technik), Srini Gopalan (Deutschland), Dominique Leroy (Europa), Tim Höttges (CEO), Birgit Bohle (Personal)
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Telefonat über den heimischen Fernseher?
An einen Sonntag schaute Höttges den aktuellen Tatort, als ein Anruf hereinkam. Jetzt müsste der Film stoppen und der Anrufer auf dem Fernsehschirm erscheinen, sinnierte Höttges. Bald werde es soweit sein, daran arbeitet die Telekom bereits.
"Stimmabdruck" spart 14.000 Stunden
Beim Anruf im Kundencenter muss sich der Kunde nicht mehr umständlich ausweisen, weil er oder sie bereits einen Stimmabdruck zur Identifizierung hinterlegt hat. Das spare jährlich 14.000 Hotline-Stunden Gesprächszeit. Durch die Verbesserung des Service solle aus „Frust mit der Telekom“ nun „Lust auf die Telekom“ werden.
Trotz internationalen Krisen und dem Krieg in der Ukraine: „Das T wackelt nicht“.
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