Razzia

Mögliche Preisabsprachen: Durchsuchungen bei Telekom & Co. [Update]

Deutsche Telekom zeigt sich verwundert über EU-Vorgehen
Von Hans-Georg Kluge mit Material von dpa

EU-Behörden haben Büros einiger TK-Firmen durchsucht. EU-Behörden haben Büros einiger TK-Firmen durchsucht.
Bild: dpa
Die EU-Kommission hat bei Razzien in mehreren Ländern die Büros von Telekomfirmen durchsucht. Betroffen war auch die Deutsche Telekom. Die Zeitung Le Figaro nennt auch den französischen Provider Orange und die spanische Telefónica als betroffene Unternehmen. Die EU-Kommission teilte heute in Brüssel mit, es gehe um den Verdacht, dass Anbieter von Internet-Zugängen gegen EU-Recht verstoßen haben, etwa durch Preisabsprachen oder die Aufteilung des Marktes. Namen der betroffenen Firmen nannte die EU-Behörde nicht. Es könnten Strafen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes drohen. Nach EU-Angaben waren bei den Durchsuchungen auch Vertreter der jeweiligen nationalen Wettbewerbsbehörden dabei.

Update, 18:40 Uhr: Nach Informationen aus Branchenkreisen blickt die Kommission tief hinter die Kulissen der Industrie: Auf die sogenannten Backbone-Verbindungen zwischen den Netzen der Provider. (Update Ende)

Telekom zeigt sich verwundert

EU-Behörden haben Büros einiger TK-Firmen durchsucht. EU-Behörden haben Büros einiger TK-Firmen durchsucht.
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EU-Kommission verweist ausdrücklich auf die Bedeutung des Marktes für Verbraucher und Unternehmen. Die netzwerkartige Struktur des Internets, die auf den Verbindungen der Provider untereinander basiert, sei für Unternehmen und Inhalteanbieter die Voraussetzung dafür, ihre eigenen Dienste anbieten zu können. Daher ist die Qualität der Netze wichtig um Angebote im Internet zu erreichen - unabhängig vom Standort des Providers.

Die Deutsche Telekom bestätigte die Durchsuchung auf Anfrage und zeigte sich "sehr verwundert" über das Vorgehen der Kommission. "Bisherige Vorwürfe haben sich als haltlos herausgestellt. Deshalb wurden entsprechende Verfahren vor nationalen Regulierungsbehörden, die sich intensiv mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt haben, eingestellt", betonte ein Sprecher. Die Telekom sei im weltweiten Markt für Internetverkehr intensivem Wettbewerb ausgesetzt. "Dieser Markt wird von US-Großanbietern dominiert, insofern sind wir hier der falsche Adressat." Die Telekom arbeite eng mit den Behörden zusammen, um den Sachverhalt aufzuklären.

Ergänzung, 16:34 Uhr: Auch Orange und Telefónica äußern sich zu dem Bericht

Auch Orange zeigte sich zuversichtlich über den Ausgang der Untersuchungen, unter anderem weil die französische Wettbewerbsbehörde bei einer früheren Untersuchung im Bezug auf den Netzbetreiber Cogent keine Vergehen festgestellt habe.

Mittlerweile hat auch der spanische Telefónica-Konzern eine Durchsuchung bestätigt. Der Kommission zufolge fand die Razzia am Dienstag statt, laut Orange dauert die Inspektion noch an und könnte sich über mehrere Tage hinziehen. Der niederländische Konzern KPN und das britische Schwergewicht BT teilten mit, sie seien nicht betroffen gewesen. (Ende Ergänzung von 16:34 Uhr)

Durchsuchungen sagen nichts über tatsächliche Vergehen aus

Der EU-Kommission zufolge sind die Durchsuchungen ein erster Schritt und sagen noch nichts über tatsächliche Vergehen aus. Eine Frist für den Abschluss der Untersuchung gebe es nicht. Preis- und Marktabsprachen zum Schaden von Verbrauchern und Kunden sind in der EU streng verboten.

Hintergrund zum europäischen Telekom-Markt

Die Durchsuchungen sind eine überraschende Wendung im Tauziehen zwischen der Kommission und der Branche um die künftige Gestaltung des europäischen Telekom-Marktes. Die Unternehmen fordern schon länger eine großzügigere Regulierung mit mehr Freiheiten für Fusionen in einzelnen Ländern. Sie verweisen dabei auf stete Umsatzrückgänge, hohe Investitionen in die Infrastruktur und die Auslastung der Netze durch Internet-Dienste. Die Kommission zeigte sich bisher eher bereit, ein Zusammenrücken auf europäischer Ebene zu unterstützen und treibt zugleich den Kampf gegen die Roaming-Gebühren bei Telefonaten im europäischen Ausland voran.

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