Swisscom: Stabiles Geschäft trotz Corona
Während die Deutsche Telekom sich wieder einmal über Zahlen "in einer neuen Dimension freut", blicken die Schweizer Kollegen bei der Swisscom, ähnlich der Deutschen Telekom einst der einzige und staatliche Netzversorgungsprovider in der Schweiz, im ersten Halbjahresergebnis 2020 auf ein "praktisch stabiles EBITDA", bei einem Konzernumsatz von rund 5 Milliarden Euro, der um 2,7 Prozent "leicht unter Vorjahr" liegt. 38 Millionen Euro fehlten beispielsweise durch weniger Roaming-Verbindungen in der Kasse.
Ähnlich wie in Deutschland sind Bündelangebote (Festnetz und Mobilfunk) auch in der Schweiz weiterhin sehr gefragt. Richtig gut wächst die italienische Tochter Fastweb, die um 5,6 Prozent (52 Millionen Euro) zulegte.
Weiterhin hohe Investitionen
Mit Sicherheitsabstand: Swisscom CEO Urs Schaeppi (links) informiert sich persönlich vor Ort im Swisscom Shop.
Foto: Swisscom
Auf der Ausgabenseite stehen hohe Investitionen in die Netze und für das gesamte Jahr dürften EBITDA und Investitionen unverändert bleiben. Swisscom Chef Urs Schaeppi ist dennoch zufrieden: "Dank gut ausgebauten Netzen, attraktiven Produkten und gutem Kundenservice verzeichnen wir eine hohe Kundenzufriedenheit." Gleichzeitig habe der starke Preisdruck angehalten. Durch den temporären Lockdown in Bereichen wie Roaming, Shop-Verkauf oder bei Geschäftskunden geriet das Geschäft unter Druck. Gleichzeitig zeigte sich die Bedeutung eines "zuverlässigen und gut ausgebauten Netzes". Die Swisscom hat Geld in den weiteren Ausbau von 5G sowie die Verdoppelung der landesweiten Glaserfaserabdeckung (FTTH) bis Ende 2025 investiert. Konzernweit wurden eine Milliarde Schweizer Franken (930 Millionen Euro) in die Netze investiert.
Bis Ende Juni 2020 hat Swisscom in der Schweiz über 4,1 Millionen oder mehr als 77 Prozent der Wohnungen und Geschäfte (Gewerbebetriebe) mit "Ultrabreitband" (= mehr als 80 MBit/s) erschlossen. Rund 2,8 Millionen oder 53 Prozent der Wohnungen und Geschäfte können mit mehr als 200 MBit/s surfen, davon wiederum sind rund 1,6 Millionen bereits mit Glasfaser (FTTH) ausgebaut. Bis Ende 2021 will Swisscom alle Gemeinden mit Ultrabreitband erschliessen und so auch abgelegenen Ortschaften den Zugang zu ermöglichen. Bis Ende 2025 soll die Glasfaserabdeckung in Haushalten und Geschäften (FTTH) gegenüber 2019 auf bis zu 60 Prozent verdoppelt werden.
Youtube: CEO Urs Schaeppi zum ersten Halbjahr 2020
Wenn die Zahlen zurückgehen, wird gespart ("Effizienz gesteigert"), so konnte einiges aufgefangen werden. Unter dem Strich blieben umgerechnet 684 Millionen Euro Reingewinn.
Ausbau des Mobilfunknetzes ist gefährdet
Im ersten Halbjahr 2020 hatte Swisscom zahlreiche (internationale) Mobilfunk-Netztests aufgrund seiner guten Netzabdeckung gewonnen. Das 4G/LTE-Netz der Swisscom deckte (Ende Juni 2020) bereits 99 Prozent der Schweizer Bevölkerung ab. Seit Ende 2019 versorgt Swisscom bereits 90 Prozent der Schweizer Bevölkerung mit 5G (mit bis zu 1 GBit/s). Um das Potenzial von 5G noch besser und schneller nutzen zu können, müssen bestehender Antennen erneuert und neue Antennen für 5G+ (=3,6 GHz) gebaut werden.
Doch da hängt es: Politisch erzwungene Moratorien (=Genehmigungs-Stillstand) in einzelnen Kantonen (vergleichbar einem deutschen Bundesland) brachten den weiteren Ausbau in der Schweiz teilweise zum Stehen. Die Bedeutung von modernen leistungsfähigen Netzen zeigte sich in den letzten Monaten: Die übertragenen Datenvolumen wuchsen laufend. Daher seien gute Rahmenbedingungen für einen raschen Ausbau sind wichtiger denn je. Über ähnliche Probleme klagen auch die Mitbwewerber Sunrise und Salt.
Bündelangebote gefragt
Was die Telekom "MagentaEins" nennt, heißt bei Swisscom "inOne". Die Zahl der TV- und Breitbandanschlüsse bliebt hoch, Bündelangebote waren gefragt, besonders, wenn es modular und flexibel ist. Ende Juni hatte Swisscom 2,39 Millionen inOne Privat-Kunden. inOne mache dort 68 Prozent aller Mobilfunkabos (Laufzeitverträge) und 72 Prozent der Festnetz-Breitbandanschlüsse aus, 45 Prozent der Kunden nutzen ein kombiniertes Angebot.
Hohe Dynamik im Festnetz und Mobilfunk
Die Märkte für Breitband und TV seien gesättigt und würden stark über günstige Sonderangebote "promotionsgetrieben" bewegt. Die Zahl der Festnetz- und TV-Breitbandanschlüsse gingen im ersten Halbjahr leicht zurück. Der rückläufige Trend bei der klassischen Festnetztelefonie hat sich durch die abgeschlossene Migration auf IP verlangsamt: Ende Juni 2020 verzeichnete Swisscom 1,56 Millionen Festnetz-Telefonie-Anschlüsse, was einem Rückgang von 30.000 Anschlüssen im ersten Halbjahr 2020 entspricht.
Die Zahl der Postpaid-Anschlüsse im Mobilfunk ist gegenüber Juni 2019 um 61.000 gestiegen, im ersten Halbjahr 2020 um 12.000. Die Zahl der Prepaid-Anschlüsse sank im ersten Halbjahr um 81.000. Macht insgesamt 6,26 Millionen Schweizer-Mobilfunkanschlüsse, die im Netz von Swisscom angeschaltet sind.
Swisscom half Kunden über die Lockdown-Zeit
Swisscom konnte seinen Kunden in der Lockdown-Zeit helfen. Mehr als eine Million Kunden profitierten von mehr Bandbreite oder Datenvolumen. Zudem erließ Swisscom 70.000 Kunden, die im Ausland feststeckten, die Roaming-Kosten bis zu 200 Franken (186 Euro). Geschäftskunden erhielten kostenlose Homeoffice-Lösungen, Swisscom-TV-Kunden konnten den Bezahlsender Teleclub kostenlos schauen.
Für die Zukunft ist man vorsichtig optimistisch und peilt weiter einen Jahresumsatz von knapp über 10 Milliarden Euro an.