Streaming

Netflix: Erfolg hängt nicht am Preis

Erst setzte Netflix regel­mäßig Preis­erhö­hungen um, dann folgte das teils werbe­finan­zierte Abo, und jetzt sollen die Preise in manchen Ländern wieder sinken. Dem Strea­ming-Markt­führer fehlt offenbar eine klare Stra­tegie.
Ein Kommentar von Björn König

Zu frühen Erfolgen wie "House of Cards" holt Netflix kaum noch auf Zu frühen Erfolgen wie "House of Cards" holt Netflix kaum noch auf
Foto: David Giesbrecht/Netflix
Netflix fühlte sich im Wett­bewerb lange Zeit unan­greifbar, deshalb stiegen die Preise für das Monatsabo regel­mäßig an. Doch mitt­ler­weile gibt es scharfen Gegen­wind, längst ist der eins­tige Bran­chen­primus nicht mehr unum­strit­tener Zuschau­erlieb­ling. Sogar in den USA musste sich Netflix als favo­risierter Strea­ming-Dienst schon gegen­über Prime Video geschlagen geben. Zähne­knir­schend führte man vor einiger Zeit das werbe­unter­stützte Abo für unter fünf Euro ein. Doch das reicht offenbar nicht aus.

Weitere Preis­sen­kungen laufen an

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Foto: David Giesbrecht/Netflix
Aufgrund des inten­siven Wett­bewerbs und schwä­chelnder Zahlen sieht sich Netflix mitt­ler­weile zu weiteren Preis­sen­kungen gezwungen. Mit der jetzigen Paket­struktur ist offen­sicht­lich kein signi­fikantes und vor allem nach­hal­tiges Wachstum mehr möglich. Euro­päi­sche Märkte, auf denen es für Netflix eher düster aussieht, sind in erster Linie Portugal und Spanien.

Sowohl das werbe­unter­stützte Abo als auch die Kehrt­wende bei den kosten­pflich­tigen Abomo­dellen wirft nunmehr die Frage auf, ob Netflix in Zukunft über­haupt noch als Premium-Streamer wahr­genommen wird. Berech­tigte Zweifel daran gibt es nicht nur aufgrund des Wett­bewerbs, vor allem inhalt­lich lässt der Strea­ming-Dienst deut­lich nach. Dass der Abgang von Firmen­gründer Reed Hastings in Zusam­men­hang mit den perspek­tivisch nega­tiven Geschäfts­zahlen steht, erscheint zwar unwahr­schein­lich, bestä­tigt aber das insge­samt trübe Bild in Los Gatos.

Rück­besin­nung auf eigene Stärken

Um mittel­fristig über­haupt noch höhere Preise zu recht­fer­tigen, ist deut­lich mehr Klasse als Masse im Netflix-Katalog notwendig. Die eins­tigen Stärken waren über­zeu­gende Origi­nals, doch es fehlt zuneh­mend an Qualität. Auch der Umstand, dass zahl­reiche Serien bereits nach wenigen Staf­feln wieder abge­setzt werden, ist für viele Strea­ming-Fans ein abso­lutes Ärgernis.

Hinzu kommt, dass sich viele Zuschauer in den vergan­genen Jahren über die starke poli­tische Färbung der Inhalte ärgerten. Holly­wood sei zu woke und Netflix spiele dabei ganz vorne mit, lautete der Tenor in der öffent­lichen Bericht­erstat­tung. Allein ist Netflix damit übri­gens nicht, auch Disney eckt poli­tisch immer wieder an, was den Mickey Mouse-Konzern ganz aktuell sogar die Selbst­ver­wal­tungs­rechte über seinen Themen­park in Florida kostete.

Netflix bleibt im Geschäft

Trotz aller Rück­schläge wird Netflix vorläufig nicht in der Versen­kung verschwinden, wie auch Disney-Chef Bob Iger bereits prognos­tizierte. Doch der Bran­chen­primus lernt nun deut­lich, dass es eben kein unbe­grenztes Wachstum in einem wett­bewerbs­inten­siven Markt gibt. Auch dann nicht, wenn man sich in diesem Segment eine beacht­liche Posi­tion erar­beitet hat.

Ob ein mehr an Geld für teure Produk­tionen die Lage verbes­sert, ist zumin­dest frag­lich. Netflix gehörte in den vergan­genen Jahren zu den Strea­ming-Diensten mit den höchsten Content-Inves­titionen. Man denke zum Beispiel an Produk­tionen wie "The Crown", die pro Folge 13 Millionen Dollar verschlang. Solche verein­zelten Leucht­türme können Zuschauer aber nicht dauer­haft bei der Stange halten. Entschei­dend ist nicht das Geld allein, sondern welches Maß an Krea­tivität und Exklu­sivität in einer Produk­tion steckt.

Wie Reed Hastings das Strea­ming revo­lutio­nierte.

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