Streaming: Fragmentierung wird zum Problem
Das Problem ist hinreichend bekannt. Man kauft sich einen neuen Smart TV, schließt diesen im Wohnzimmer an und direkt macht sich Enttäuschung breit: Im App-Store des sündhaft teuren Flatscreens fehlt die App vom Lieblings-Streamer. Sowas ist für Abonnenten wirklich ärgerlich und auch nicht im Sinne der Streaming-Dienste. Netflix, Disney+ und Co. haben selbst ein großes Interesse, dass ihre Apps auf möglichst allen Geräten laufen. Gemeint sind damit nicht nur TV-Hersteller, sondern auch Tablets, Smartphones sowie Streaming-Sticks und Boxen. Doch auf all diesen Geräten präsent zu sein, kostet die Dienste viel Zeit, Geld und Aufwand. Schließlich müssen die Apps nicht nur einmalig entwickelt, sondern auch laufend aktualisiert werden.
Erheblicher Aufwand
Streaming-Anbieter entwickeln Apps für zahlreiche Plattformen
Bild: Amazon
Wie groß das Problem mittlerweile ist, zeigte im vergangenen Jahr der Bitmovin Developer Report. So sind die führenden Streaming-Dienste auf wenigstens 24 Geräten und 12 unterschiedlichen Plattformen vertreten. Dazu zählen unter anderem verschiedene Smart-TV-Betriebssysteme, Connected-TV-Devices, Spielkonsolen und Browser. Der amerikanische Streaming-Analyst Dan Rayburn hat sich näher mit dem Thema Plattform-Fragmentierung beschäftigt. Zu den großen Herausforderungen für Streaming-Anbieter zähle demnach auch, eine konsistente Nutzererfahrung auf allen Geräten zu erreichen.
Wenn Streaming-Dienste und ihre Entwicklungsteams entscheiden, auf welchen Geräten sie die Wiedergabe unterstützen möchten, müssen Player-Testprozesse entweder durch manuelles oder automatisiertes Testen definiert werden. Vor allem manuelle Testprozesse ziehen die Entwicklung für Apps auf neuen Plattformen wiederum erheblich in die Länge.
Hauptproblem TV-Hersteller
Das größte Problem für App-Entwickler von Netflix, Joyn & Co. sind allerdings weniger große Plattformen wie Android und iOS. Ursache der zunehmenden Fragmentierung sind vor allem TV-Hersteller Hisense, LG und Samsung. Sie versuchen sich mit ihren Smart TVs durch eigene Betriebssysteme wie Tizen und webOS nochmals zusätzlich vom Markt abzuheben.
Noch komplizierter wird es, wenn Hersteller sogar verschiedene Betriebssysteme parallel nutzen: So setzt zum Beispiel Sharp bei manchen Geräten sowohl auf eigene proprietäre Lösungen als auch die Nutzung von Android bzw. Google TV. Mittlerweile zeigt sich insbesondere bei Smart TVs ein Trend, die Entwicklung eigener Betriebssysteme zurückzufahren. Davon profitieren wiederum Unternehmen wie Roku, welche ihr Betriebssystem für OEM-Hersteller bereitstellen.
Kunden zahlen Entwicklung
Plattformfragmentierung ist nicht nur ein Problem für die Streaming-Anbieter, denn letztendlich müssen die Kosten hierfür bei Abonnenten mit eingepreist werden. Bleibt somit die Frage, ob es für Streamer stattdessen nicht sinnvoller ist, sich auf wenige und weitverbreitete Plattformen wie Google TV/Android, iOS, Roku sowie Fire TV zu konzentrieren und vor allem proprietäre Smart TV-Betriebssysteme und Spielkonsolen bei der Entwicklung außen vor zu lassen.
Letztendlich ist es sowohl für Hersteller als auch Nutzer frustrierend, wenn diese lange bis zur Veröffentlichung einer Streaming-App warten müssen oder keine Updates nachgeliefert werden. Ideal wäre natürlich, wenn das Umdenken nicht nur bei Streaming-Diensten, sondern bei den TV-Herstellern direkt ansetzt. Es gibt schließlich mittlerweile genügend ausgereifte Plattformen, die Eigenentwicklungen überflüssig machen.