Schadensfall

Vernetztes Zuhause: Für smarte Geräte haftet oft niemand

Entstehen durch unsi­chere Smart-Home-Geräte oder -Anwen­dungen Schäden, bleiben Verbrau­cher häufig auf den Kosten sitzen. Kein Wunder: Schließ­lich ist das Produkt­haf­tungs­ge­setz schon 30 Jahre alt.
Von dpa /

Smart Home: Es ist nicht immer eindeutig, wer im Schadensfall haftet Smart Home: Es ist nicht immer eindeutig, wer im Schadensfall haftet
picture alliance/Soeren Stache/dpa
Digi­tale Sprachas­sis­tenten, Saug­ro­boter oder andere Smart-Home-Anwen­dungen werden immer beliebter. 31 Prozent der Bundes­bürger hatten im vergan­genen Jahr laut Bitkom mindes­tens eine Smart-Home-Anwen­dung instal­liert. Beson­ders beliebt sind intel­li­gente Lampen und Leuchten sowie smarte Heiz­kör­per­ther­mo­state.

Doch wenn durch die vermeint­lich intel­li­genten Geräte ein Schaden entsteht, stehen Verbrau­cher oft alleine da. Das liegt an dem in Deutsch­land geltenden Produkt­haf­tungs­ge­setz, das auf einer EU-Richt­linie aus dem Jahr 1985 beruht. "Es gibt hier grund­le­gende Probleme mit dem Fehler­be­griff", sagt Florian Stößel vom Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­band (VZBV).

Gesetz greift erst bei Produkt­feh­lern

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Damit das Gesetz greift, muss nämlich ausdrück­lich ein Fehler beim Produkt vorliegen. In der Praxis funk­tio­niert das bei Smart-Home-Geräten schlecht. Zum einen fällt Soft­ware nicht eindeutig unter den Produkt-Begriff des Gesetzes, zum anderen können Verbrau­cher selbst mögliche Mängel nicht erkennen.

Stößel erklärt das anhand eines Beispiels: Wer eine Käse­reibe kaufe, könne selbst prüfen, ob sie in Ordnung ist. Wer ein Smart­lock - also ein Schließ­system - erwerben möchte, könne das nicht. "Das gilt selbst bei Experten mit der nötigen Exper­tise." Denn für die Prüfung nötige Infor­ma­tionen halten die Hersteller zumeist unter Verschluss.

Sollte durch ein solches Schloss - etwa bei einem Einbruch mit Dieb­stahl - Schaden entstehen, sei es deshalb extrem schwierig, den Anbieter zur Verant­wor­tung zu ziehen. "In der Praxis funk­tio­niert das nicht", meint der Verbrau­cher­schützer. So gingen poten­zi­elle Haftungs­an­sprüche verloren.

Der VZBV fordert deshalb, dass nicht mehr die Verbrau­cher Fehler in dem Produkt nach­weisen müssen. Statt­dessen sollen die Anbieter zur Verant­wor­tung gezogen werden: Sie müssten dann nach­weisen, dass ein Produkt verwendet werden kann, ohne dass ein Schaden entsteht.

EU-Kommis­sion über­ar­beitet betref­fende Produkt­linie

Die EU-Kommis­sion ist bereits seit einiger Zeit dabei, die betref­fende Produkt­linie zu über­ar­beiten. "Da ist Bewe­gung in der Sache, aber auch noch viel zu tun", meint Stößel. Denn selbst wenn die Haftungs­an­sprüche bestehen, muss der Händler auch greifbar sein.

Bei Waren, die etwa über einen Online-Markt­platz bestellt wurden und nicht aus der EU kommen, sei das oft nicht der Fall. Stößel sieht hier den Gesetz­geber in der Pflicht: "Online-Markt­plätze müssen zur Verant­wor­tung gezogen werden." Möglich wäre das etwa durch eine gesamt­schuld­ne­ri­sche Haftung des Online-Marktes.

Die Stif­tung Waren­test testet immer wieder Smart-Home-Produkte. Grund­sätz­lich könne man Szena­rien durch­spielen, was im Falle eines Hacks oder eines Produkt­feh­lers schlimms­ten­falls passieren kann, meint Projekt­leiter Benjamin Bark­meyer.

Gefahren sieht er vor allem an anderer Stelle: "Was ist, wenn ein Anbieter insol­vent ist, aufge­kauft wird oder einfach nur den Produkt­sup­port nach ein paar Jahren einstellt?", fragt Bark­meyer. Dann stünden Verbrau­cher mitunter mit einem funk­ti­ons­losen Gerät da.

Smart-Home-Geräte: "Einen voll­um­fas­senden Schutz gibt es nicht"

Schützen können sich Käufer von Smart-Home-Geräten nur begrenzt vor solchen Schäden. "Einen voll­um­fas­senden Schutz gibt es nicht", meint Bark­meyer. Schäden könne aber vorge­beugt werden. "Verbrau­cher sollten darauf achten, dass die Kompo­nenten, die sie nutzen möchten, grund­sätz­lich auch ohne eine Inter­net­ver­bin­dung zurecht­kommen." So könne der Betrieb der Smart-Home-Produkte etwa bei Inter­net­aus­fall oder Server­pro­blemen gewähr­leistet werden. Bark­meyer rät, auch Strom­aus­fälle bei der Planung des vernetzten Heims zu bedenken.

Die Sicher­heit eines Produktes hängt auch stark mit der Verfüg­bar­keit von Updates zusammen. Ob Anbieter zuver­lässig und lang­fristig Updates liefern, die Smart-Home-Produkte sicher und funk­ti­ons­tüchtig halten, könnten Verbrau­cher laut Bark­meyer aber nicht erkennen. "Als Faust­regel lässt sich sagen: Wenn der Anbieter trans­pa­rent kommu­ni­ziert, wie lange er Updates bereit­stellt, ist das ein erstes gutes Zeichen. Garan­tien darauf geben jedoch die Wenigsten", weiß Bark­meyer. An dieser Stelle sei etwa die Politik gefor­dert.

Wer Smart-Home-Geräte unter­schied­li­cher Anbieter nutzt, dem können durch Updates aber auch Nach­teile entstehen, schil­dert Bark­meyer: "Dann gibt es ein Update bei einem dieser vernetzten Geräte und plötz­lich funk­tio­nieren die kompli­zierten Regel­kreise, die Sie einge­richtet haben, nicht mehr so wie Sie eigent­lich wollten. Das ist dann natür­lich ärger­lich."

Was tun im Scha­dens­fall?

Wem ein Schaden durch ein unsi­cheres Smart-Produkt entstanden ist, der soll sich an jewei­ligen Anbieter oder Hersteller wenden, rät Thomas Kriesel vom Bitkom. "Sollte im Einzel­fall durch ein fehler­haftes Produkt ein Schaden entstanden sein, werden die Unter­nehmen diesen Schaden ersetzen, soweit sie für die Entste­hung des Scha­dens recht­lich verant­wort­lich sind."

Viel­fach seien Unter­nehmen auch bereit, Schäden aus Kulanz zu regu­lieren, ohne dass ihre recht­liche Verant­wor­tung nach­ge­wiesen wurde. Kriesel betont jedoch, dass Smart-Home-Produkte gene­rell über einen hohen Sicher­heits­stan­dard verfügten. "Die Hersteller arbeiten stets mit Hoch­druck daran, Sicher­heits­lü­cken durch neue Schad­soft­ware schnellst­mög­lich zu schließen."

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