DAB+

RPR.1 und weitere Privatradios starten auf DAB+

Trotz weiterer großer Vorbehalte steigt ein Privatsender nach dem anderen ins digital-terrestrische Radio DAB+ ein. Jetzt ist auch RPR.1 aus Rheinland-Pfalz digital am Start.
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RPR.1 sendet jetzt auch auf DAB+ RPR.1 sendet jetzt auch auf DAB+
Quelle: Youtube, Screenshot: Michael Fuhr/teltarif.de
Es ist schon paradox: Auf fast jeder Messe, auf jedem Panel und in weiteren Diskussionsrunden hört man kritische Töne des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT) zum digital-terrestrischen Hörfunk DAB+, wie zuletzt erst auf den Münchner Medientagen. Von einer Brückentechnologie ist dort die Rede, die man gezielt überspringen könne, oder von einer alleinigen Zukunft des Hörfunks im Internet - oder vom "Wahnsinn" einer UKW-Abschaltung. Doch immer mehr Privatradios steigen ins ungeliebte digital-terrestrische Radio ein.

RPR.1 neu über DAB+

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Quelle: Youtube, Screenshot: Michael Fuhr/teltarif.de
Vor allem die so genannten UKW-Platzhirsche, die lange Zeit skeptisch waren, starten plötzlich nun doch ihren Simulcast über DAB+. Fragte man noch vor wenigen Wochen beim rheinland-pfälzischen Privatradio RPR.1 nach, wie es mit DAB+ aussehe, bekam man als Antwort, dass sich die Regionalisierung nicht auf DAB+ abbilden ließe und es wirtschaftlich keinen Sinn mache. Seit vergangenem Freitag ist RPR.1 aber - für die meisten plötzlich und unerwartet - mit einer landesweiten, nicht regionalisierten Programmversion über DAB+ aufgetaucht. Das Programm ist als Untermieter im landesweiten SWR-Multiplex auf Kanal 11A zu empfangen - genauso wie der RPR-Ableger bigFM; das Jugendradio ist schon einige Zeit länger im digital-terrestrischen Radio aktiv. Es ist bei weitem kein Einzelfall. Noch in diesem Jahr startet auch Antenne 1 aus Stuttgart landesweit über DAB+ in Baden-Württemberg. Noch vor einiger Zeit sah der Privatsender keinen Sinn in der digitalen Terrestrik. Selbst in strukturschwachen Regionen wie Mecklenburg-Vorpommern wollen kommerzielle Sender nun über DAB+ einsteigen.

Rückläufige Werbeeinnahmen

Nein, die großen deutschen Privatradios lieben DAB+ nach wie vor nicht. Während sie auf UKW oft alleine waren und kaum Konkurrenz hatten, müssen sie sich über DAB+ nun mit über 20 Konkurrenten und mehr auseinandersetzen - gleichberechtigt in Multiplexen. Hinzu kommt, dass die Radionutzung seit Jahren rückläufig ist. In fünf Jahren würde man bei einem Fortgang dieser Entwicklung nur noch 70 Prozent der Hörer erreichen, zudem gibt es eine starke Fragmentierung des Marktes durch neue Audio-Player wie Spotify. Ein immer größerer Radiomarkt bei gleichzeitig rückläufigen Werbeeinnahmen wirkt auf die Veranstalter wie Gift.

Allerdings wächst der Druck auf die etablierten Sender: Mit immer mehr DAB+-Digitalradios im Markt - über zehn Millionen dürften es inzwischen in Deutschland sein - drohen den etablierten UKW-Wellen Reichweitenverluste. Denn viele Hörer, die den störungsfreien Mobilempfang bei DAB+ entdeckt haben, wollen nicht wieder zu UKW zurück. Inzwischen ist eine kritische Grenze übersprungen, zumal es erstmals auch nennenswerte Rückgänge bei der UKW-Nutzung gibt. Laut Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten ist die UKW-Nutzung rückläufig, wenn auch nach wie vor auf sehr hohem Niveau im Vergleich zu DAB+.

UKW-Abschaltung dennoch kein Thema

Eines scheuen die Privatradios aber nach wie vor: Eine Abschaltung des analogen UKW-Bandes. 45 Prozent und mehr Hörerverluste könnte es geben, wenn die alten, analogen Frequenzen abgeschaltet werden, tönt es aus manchen Funkhäusern. Ein Horrorszenario, das in Norwegen bereits widerlegt wurde.

Ein jahre- oder jahrzehntelanger Simulcast UKW und DAB+ ist aber Gift, und ein Spiel mit dem Feuer. Denn lehnen die Veranstalter weiter einen Technikwechsel ab, müssten sie dauerhaft weit mehr Geld als bisher für die technische Verbreitung ausgeben, bei weiter sinkenden Werbeeinnahmen könnte das wirtschaftlicher Harakiri sein.

Dabei könnten die Privatradios mit DAB+ als alleinigem, terrestrischem Weg sparen: Die digital-terrestrische Verbreitung kostet einen landesweiten Privatsender nur etwa ein Zehntel der Kosten für UKW. Geld, dass die kommerziellen Sender gut für neue internetbasierte Geschäftsfelder wie Streaming, Audiotheken und mehr investieren und sich damit tatsächlich multimedial für die Zukunft aufstellen könnten.

Und auch die Politik drängt: Mit einem Pflichtchip für DAB+ in allen Radiogeräten, der parteiübergreifend forciert wird, dürften jährlich weitere bis zu sieben Millionen Digitalradios den Weg in deutsche Haushalte finden. Es wird spannend sein zu beobachten, wer angesichts dieser Prognosen der letzte DAB+-Verweigerer unter den Privatradios sein wird. Einen Gefallen wird er sich mit dieser Haltung aber nicht tun.

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