Themenspezial: Verbraucher & Service Regionalsperren

Editorial: Wenn das Handy plötzlich blockiert

Aus Marke­ting­gründen oder wegen Export­ver­boten sperren Smart­phone-Anbieter teils auch legal erwor­bene Geräte - zum Nach­teil der Kunden
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Was tun, wenn das Handy blockiert, weil es der Hersteller so will? Was tun, wenn das Handy blockiert, weil es der Hersteller so will?
Bild: André Reinhardt / teltarif.de
Regio­nal­sperren sind eine für Verbrau­cher ziem­lich nervige Beschrän­kung. Denn meist gängeln sie die User auch dann noch weiter, wenn der eigent­liche Grund für die Sperre längst wegge­fallen ist. Beispiel Film-DVDs: Früher war es üblich, dass Kino­filme in den USA, in Europa und in Asien zu verschie­denen Zeiten erscheinen, und auch die DVD-Versionen dieser Filme dann zu unter­schied­lichen Zeiten heraus­kamen. Deswegen wurden DVDs mit einem Regi­ons­code versehen, sodass sie nur mit kompa­tiblen DVD-Playern der jewei­ligen Region abge­spielt werden konnten. So war der Import von in den USA bereits erschie­nenen Filmen nach Europa erschwert bis unmög­lich.

Nur: Der Regio­nal­code bleibt auch dann auf den gekauften DVDs erhalten, nachdem der Film längst überall frei­gegeben worden ist. Zieht man auf einen anderen Konti­nent und nimmt nur die Film­samm­lung, aber nicht den Player mit, bekommt man mit dem neuen DVD-Player dann unter Umständen nur eine Fehler­mel­dung ange­zeigt.

Bei Smart­phones, die ja quasi das Mobi­litäts­gerät schlechthin sind, sind Regio­nal­sperren beson­ders nervig. Im Worst Case versagt dann das im Urlaub günstig auf dem Basar gekaufte Handy wenige Tage nach der Akti­vie­rung in der Heimat den Dienst. Aber nicht, weil einem auf dem Basar ein Fake-Gerät ange­dreht worden ist, sondern einfach nur deswegen, weil der Hersteller die Geräte an die Händler auf dem Basar beson­ders günstig verkauft hat, und er es nicht will, dass diese ihm dann die Preise in anderen Regionen der Welt kaputt­machen.

Samsung: Die erste SIM-Karte zählt

Was tun, wenn das Handy blockiert, weil es der Hersteller so will? Was tun, wenn das Handy blockiert, weil es der Hersteller so will?
Bild: André Reinhardt / teltarif.de
Samsung verwendet solche Regio­nal­sperren schon seit Jahren. Meist reicht es, die Geräte noch in dem Land, in dem man sie gekauft hat, mit einer SIM-Karte aus diesem Land in Betrieb zu nehmen und dann ein oder zwei längere Tele­fonate zu führen. Danach sind die Geräte "frei" und man kann jede andere SIM-Karte einlegen und sie überall verwenden. Nutzt man aber das Angebot der meisten Urlaubs­länder zum "tax free shop­ping", bei dem man sich die lokale Mehr­wert­steuer vorm Abflug erstatten lassen kann, dann darf man die Geräte genau nicht in Betrieb nehmen, bevor man abfliegt.

Was also tun? Die in den Duty-Free-Berei­chen der meisten Flug­häfen verkauften Smart­phones sind zwar unge­lockt, aber sie werden dort zu Preisen verkauft, die sich kaum von den UVP-Preisen zu Hause unter­scheiden. Berück­sich­tigt man dann noch die Einfuhr­umsatz­steuer und den Zoll, der beim Import nach Deutsch­land anfällt, wenn der Waren­wert der Urlaubs­mit­bringsel 430 Euro über­steigt, ist der Kauf beim Fach­händler zu Hause fast immer güns­tiger als der im "Duty Free".

Apple: Sperre nach dem System­update

Bei Apple kann einen die Sperre sogar noch Jahre später ereilen, und sie betrifft nicht nur Geräte, sondern auch Zubehör. Da passiert es schonmal, dass Verbin­dungs­kabel von Dritt­her­stel­lern, die zunächst mona­telang problemlos funk­tio­niert haben, plötz­lich als "inkom­patibel" oder "fehler­haft" gemeldet werden und das iPhone mit diesen nicht mehr lädt. Ein vom Autor nach einer Pres­sekon­ferenz in Japan vor dem Rück­flug direkt zum Verkaufs­start glück­lich "geschos­senes" iPad Air funk­tio­nierte trotz des inter­kon­tinen­talen Exports zunächst jahre­lang, versagte dann aber nach einem System­update den Dienst und erklärte sich zu einem Grau­export. Nach Zurück­setzen des Systems (inklu­sive Löschung aller Daten) funk­tio­nierte es dann jeweils wieder einige Tage, bevor erneut die Fehler­mel­dung ange­zeigt wurde und das Gerät blockierte.

Der Service im Apple-Store erklärte, man könne das Gerät entsperren, wenn man die Rech­nung vorlegt. Tatsäch­lich konnte ich die Rech­nung noch finden - doch konnte man diese dann im Apple-Store nicht lesen, denn sie war, oh Wunder, in japa­nisch und nicht auf deutsch.

Xiaomi: Export­verbot in sank­tio­nierte Länder

Jüngster im Bunde der Geräte-Sperrer ist der aufstre­bende chine­sische Smart­phone-Hersteller Xiaomi, der es im Juni (nach Stück­zahl) sogar welt­weit auf Platz 1 schaffte, auch, wenn er im Weih­nachts­geschäft wahr­schein­lich wieder etwas zurück­fallen wird: Nimmt man Xiaomi-Geräte in Kuba, Iran, Syrien, Nord­korea, Sudan oder der Krim erst­malig in Betrieb, droht wenige Tage später die Sperre. Aller­dings dürfte diese Regio­nal­sperre - anders als bei Samsung und Apple - kaum aus Marke­ting-Gründen einge­führt worden sein: Einen regio­nalen hoch­prei­sigen Markt, den Xiaomi vor Grau­importen aus anderen Billig­län­dern schützen will, dürfte es im kriegs­geschun­denen Syrien kaum geben. Und in Nord­korea dürfte die Zahl der Xiaomi-Smart­phones sowieso so über­schaubar sein, dass man sich die Frage stellt, welchen Sinn es über­haupt macht, sich um diese wenigen Geräte zu kümmern.

Schaut man sich die Länder­liste aber nochmal genauer an, erkennt man schnell, dass es sich samt und sonders um Länder und Regionen handelt, die auf der Sank­tions­liste der USA ganz weit oben stehen. Gegen Kuba wurden die Maßnahmen beispiels­weise jüngst verschärft.

Mit dem Export­verbot in die genannten Länder will Xiaomi also wahr­schein­lich vermeiden, in den USA negativ aufzu­fallen und damit dem Schicksal von Huawei entgehen, deren Finanz­chefin Wanzhou Meng beispiels­weise wegen Geschäften mit dem Iran weiterhin in Kanada unter Haus­arrest steht und über deren Abschie­bung in die USA verhan­delt wird.

Nur: Die jewei­ligen Macht­haber in den zuge­gebe­ner­maßen wenig demo­kra­tischen Staaten wie Nord­korea oder Syrien verfügen defi­nitiv über moderne Kommu­nika­tions­mittel, seien es Satel­liten­tele­fone oder ein für die Elite ausge­bautes Fest­netz. Die allge­meine Bevöl­kerung ist hingegen weit­gehend von modernen Kommu­nika­tions­mög­lich­keiten abge­schnitten. Entspre­chend schwierig fällt es dieser, den nötigen Wider­stand zu orga­nisieren. Export­ver­bote für Aller­welt­handys treffen daher genau die Falschen.

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