Medienstaatsvertrag

Medienstaatsvertrag: "Großer Wurf" für ARD und ZDF?

Eine Reform des Medi­enstaats­ver­trags gilt als poli­tisch heißes Eisen, schließ­lich liegen die Vorstel­lungen für eine Weiter­ent­wick­lung des öffent­lich-recht­lichen Rund­funks bei den Parteien weit ausein­ander. Nun kommt aber Bewe­gung in das Thema.
Von Björn König

Foto: Peter Kneffel/dpa Erste Details zur Reform des Medienstaatsvertrages zeichnen sich ab
Foto: Peter Kneffel/dpa
Wenn es um eine Weiter­ent­wick­lung des öffent­lich-recht­lichen Rund­funks geht, kochen schnell die Emotionen hoch. Dabei reichen poli­tische Extrem­posi­tionen vom weiteren Ausbau des Systems bis hin zu seiner voll­stän­digen Abschaf­fung. Dennoch ist sich die Politik unisono einig, dass der öffent­lich-recht­liche Rund­funk refor­miert werden muss. Dabei geht es nicht nur um Beitrags­sta­bilität, sondern vor allem auch um gesell­schaft­liche Akzep­tanz. Mit anderen Worten: Was ist eigent­lich der konkrete Auftrag von ARD bzw. ZDF und wie soll dieser in der Realität umge­setzt werden? Die Länder haben nun umrissen, wie sie sich eine Reform des Medi­enstaats­ver­trags vorstellen. Vieles bleibt dabei aller­dings sehr wage.

Spar­ten­kanäle ins Netz?

Foto: Peter Kneffel/dpa Erste Details zur Reform des Medienstaatsvertrages zeichnen sich ab
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Vor allem Spar­ten­kanäle sollen künftig nicht mehr durch den Medi­enstaats­ver­trag beauf­tragt werden. Das bedeutet konkret, die Digi­tal­kanäle ONE, ZDFneo, ZDFinfo, Tages­schau24 und ARD Alpha könnten in Zukunft zu reinen Netz­ange­boten werden. Womit sich schon das erste Problem ergibt: Wenn Unter­hal­tung weiterhin Auftrag des öffent­lich-recht­lichen Rund­funk­ange­bots in Deutsch­land sein soll, muss es auch ein entspre­chend breit verfüg­bares Angebot für jüngere Zuschauer geben.

ONE und ZDFneo sind bislang die einzigen linearen öffent­lich-recht­lichen TV-Sender, welche sich explizit an ein tenden­ziell eher jüngeres Publikum etwa zwischen 20 und 30 Jahren richten. Die Frage ist nun, was soll konkret damit erreicht werden, die Sender ins Netz zu verschieben? Zwar könnte hier­durch Geld für die Satel­liten-Trans­pon­der­miete oder terres­tri­sche Verbrei­tung gespart werden, doch dafür fallen auf der anderen Seite nicht uner­heb­liche Kosten für das Strea­ming der Sender im Netz an.

"Qualität messbar machen"

Konkret ist geplant, dass Aufsichts­gre­mien der Sender unab­hän­gige Experten mit einer Über­prü­fung von Ziel­vor­gaben beauf­tragen. Es soll also im Prinzip auf eine Art "Programm-TÜV" hinaus­laufen, anhand dessen alle zwei Jahre kontrol­liert wird, ob die öffent­lich-recht­lichen Sender ihren Auftrag in ange­mes­sener Qualität erfüllen. Doch auch hier bleibt wieder voll­kommen offen, wie dies in der Praxis bewerk­stel­ligt werden soll. Wer defi­niert letzt­end­lich Qualität? Und vor allem, nach welchen objektiv nach­voll­zieh­baren Maßstäben soll das zum Beispiel bei einer Serie oder Spiel­show fest­gelegt werden?

Produk­tions­kosten sind sicher­lich keine gute Bewer­tungs­grund­lage, denn selbst­ver­ständ­lich wäre eine Serie wie "Babylon Berlin" für den Beitrags­zahler nicht billig, aller­dings gilt das ebenso schon für einfache Tatort-Folgen, mit denen die ARD schon jetzt gera­dezu infla­tionär ihre Programms­lots in der Prime­time füllt. Klar ist auf jeden Fall: Bei Vorgaben zum inhalt­lichen Auftrag bleiben die Länder derart schwammig und wage, dass sich im Prinzip für die öffent­lich-recht­lichen Sender auch in Zukunft kaum etwas ändern dürfte.

Zusam­men­legung von Sendern

Eine viel inter­essan­tere Frage bleibt aber nach wie vor offen: Wie sollen Syner­gien und Doppel­struk­turen zwischen ARD und ZDF abge­baut werden? Zwar ist es ein erster rich­tiger Schritt, dass die Länder nun ONE, ZDFneo, ZDFinfo, Tages­schau24 und ARD Alpha nicht mehr explizit im Medi­enstaats­ver­trag beauf­tragen wollen, doch ändert das wie bereits gesagt für die Gebüh­ren­zahler zunächst prak­tisch über­haupt nichts, wenn Spar­ten­kanäle am Ende einfach nur ins Netz abwan­dern.

Ein größerer Wurf wäre gewesen, dies als Chance für den Abbau von Doppel­struk­turen zu nutzen. Und da bleibt nun wieder die bekannte Debatte: Warum müssen ARD und ZDF beide einen Jugend­kanal (plus "Funk"-App) betreiben? Wie hätte man beispiels­weise die Ange­bote von Tages­schau24, ZDFInfo und Phoenix sinn­voll mitein­ander verknüpfen können? Auch bei 3sat, ARTE und ARD Alpha gäbe es extrem viele Syner­gien. Die genannten Sender fokus­sieren sich auf Doku­men­tationen, Bildung und Wissen­schaft sowie Kultur.

Um die Höhe des Rund­funk­bei­trags geht es übri­gens bei einer Novelle des Medi­enstaats­ver­trages zunächst gar nicht, damit will man sich voraus­sicht­lich ab 2023 beschäf­tigen, wobei erneut ein Index-Modell mit auto­mati­schen Gebüh­ren­stei­gerungen auf die Agenda soll. Das kündigte zumin­dest der Chef der säch­sischen Staats­kanzlei Oliver Schenk (CDU) laut Medi­enbe­richten an. Schon dabei muss aller­dings klar sein: Auto­mati­sche Gebüh­ren­erhö­hungen sind erfah­rungs­gemäß weder für Politik noch die Sende­anstalten eine Moti­vation, Reform- und Spar­anstren­gungen nach­haltig voran­zutreiben.

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