Neue Zahlen

o2-Netzausbau: Doch nicht so gut wie gedacht? (Update)

In einigen Netz­tests hat sich o2 von Platz 3 auf Platz 2 vorge­arbeitet. War das alles nur eine Illu­sion? Neue Zahlen der BNetzA zeigen Schwä­chen des Netz­aus­baus auf - Telefónica muss aufholen.
Von dpa /

Netzausbau: o2 muss Gas geben Netzausbau: o2 muss Gas geben
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Beim Mobil­funk-Ausbau ist der Netz­betreiber Telefónica (o2) einem Bericht zufolge längst noch nicht so weit wie seine Konkur­renten. In einem internen Papier, das die Bundes­netz­agentur dem Digi­tal­aus­schuss des Bundes­tags zuge­schickt hat und das der dpa vorliegt, ist aufge­listet, wie weit die Firmen beim Mobil­funk-Ausbau sind. Norma­ler­weise veröf­fent­licht die Behörde nur den Stand insge­samt, also die Abde­ckung der drei Anbieter zusam­men­gerechnet. In dem internen Doku­ment wird aber zwischen den Firmen unter­schieden. Hierbei wird deut­lich, dass Telefónica bei der Erfül­lung von staat­lichen Auflagen in vielen Bundes­län­dern noch viel zu tun hat.

Gene­rell geht es um bei den Zahlen um die Bevöl­kerungs­abde­ckung, nicht die Flächen­abde­ckung: Am weitesten beim Ausbau ist dem Papier zufolge Voda­fone, dessen Antennen im April 98,3 Prozent der deut­schen Haus­halte errei­chen und eine Über­tra­gungs­rate von mindes­tens 100 MBit/s pro Sekunde ermög­lichen. Die Deut­sche Telekom kommt auf 98,2 Prozent und Telefónica auf 95,1 Prozent.

Versor­gungs­auf­lagen müssen erfüllt werden

Netzausbau: o2 muss Gas geben Netzausbau: o2 muss Gas geben
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Bis Ende 2022 müssen die Firmen bei einer Abde­ckung von mindes­tens 98 Prozent sein, so sehen es behörd­liche Versor­gungs­auf­lagen der Frequenz­auk­tion 2019 vor. Dieser Wert muss in jedem Bundes­land erreicht werden und nicht nur im Bundes­schnitt. Das ist eine Verschär­fung im Vergleich zu älteren Ausbau­auf­lagen, weil dadurch zum Beispiel sehr hohe Werte in Stadt­staaten nicht ange­rechnet werden können, um nied­rige Werte in dünn besie­delten Flächen­staaten auszu­glei­chen.

Der Bericht der Bundes­netz­agentur zeigt, dass alle Netz­betreiber in mehreren Bundes­län­dern noch nicht im Ziel sind. Aller­dings ist die Wegstrecke, die Voda­fone und die Deut­sche Telekom hierbei noch vor sich haben, vergleichs­weise kurz: Die Telekom liegt in sieben und Voda­fone in sechs Bundes­län­dern unter der 98-Prozent-Marke, dies teil­weise sehr knapp. Telefónica erfüllt die Versor­gungs­auf­lage in 12 der 16 Bundes­länder nicht - und zwar teil­weise sehr deut­lich: In Meck­len­burg-Vorpom­mern ist das Unter­nehmen erst bei einer Abde­ckung von 88 Prozent und in Bayern von 90 Prozent.

Für den Bericht griff die Bundes­netz­agentur auf Daten der Firmen zurück. Die Werte vom April 2022 dürften ange­sichts des laufenden Netz­aus­baus inzwi­schen höher sein. Sie sollen nach Ablauf der Umset­zungs­frist am 31. Dezember 2022 irgend­wann stich­pro­ben­haft von der Regu­lie­rungs­behörde über­prüft werden.

Schon beim letzten Mal hagelte es Ermah­nungen

Für Telefónica ist die Situa­tion, aufholen zu müssen, nicht neu: Bei Frequenz­auf­lagen der Auktion von 2015 hatte o2 bereits große Probleme und kam arg verspätet ins Ziel. Damals gewährte die Bundes­netz­agentur Frist­ver­län­gerungen, Bußgelder verhängte sie nicht.

Und was sagt Telefónica zu den Zahlen? Eine Spre­cherin der Firma verwies auf große Ausbau­fort­schritte und bezog sich dabei auf die Mess­latte von 50 Megabit pro Sekunde, die Teil der Versor­gungs­auf­lagen von der Frequenz­auk­tion 2015 war. Hier liegen die o2-Abde­ckungs­werte inzwi­schen tatsäch­lich sehr hoch.

Die 50-Megabit-Vorgabe gilt aller­dings nicht für die Versor­gungs­auf­lagen, die bis Ende 2022 zu erfüllen sind, sondern hier gilt der 100-Megabit-Wert. Die Versor­gung müsse "weit­gehend jetzt nur noch auf 100 Megabit pro Sekunde aktua­lisiert werden", sagte die o2-Spre­cherin. "Wir sind sehr zuver­sicht­lich, auch die nächsten Versor­gungs­auf­lagen zu erfüllen." Man treibe den Netz­ausbau "massiv voran, um alle Ziele zu errei­chen".

Der wirt­schafts­poli­tische Spre­cher der FDP-Bundes­tags­frak­tion, Rein­hard Houben, wertet den Ausbau­stand von Telefónica kritisch. "Die Firma hat bei der Auktion 2019 genau gewusst, auf welche Vorgaben sie sich einlässt", sagt der Libe­rale. "Telefónica sollte nicht schon wieder drauf setzen, dass es bei Nicht­ein­hal­tung der Frist von der Bundes­netz­agentur nochmal eine groß­zügige Verlän­gerung und kein Bußgeld aufge­brummt bekommt."

Die genauen Zahlen aus dem Papier:

Versor­gungs­ver­pflich­tung Haus­halte mit mindes­tens 100 MBit/s je Anten­nen­sektor pro Bundes­land in Prozent, Stand April 2022. Die Zahlen beziehen sich auf die Netz­betreiber (in dieser Reihen­folge)

Deut­sche Telekom/Voda­fone/Telefónica:

  • Bundes­weit 98,2/98,3/95,1
  • Baden-Würt­tem­berg 97,1/97,2/95,8
  • Bayern 98,5/97,3/90,0
  • Berlin 100,0/100,0/100,0
  • Bran­den­burg 95,7/99,7/92,0
  • Bremen 100,0/100,0/100,0
  • Hamburg 100,0/100,0/100,0
  • Hessen 98,5/96,5/94,5
  • Meck­len­burg-Vorpom­mern 97,1/99,7/88,0
  • Nieder­sachsen 99,1/98,8/94,0
  • Nord­rhein-West­falen 99,7/99,2/99,2
  • Rhein­land-Pfalz 97,0/96,1/91,1
  • Saar­land 98,9/97,8/95,5
  • Sachsen 95,9/99,5/97,3
  • Sachsen-Anhalt 95,6/98,9/94,1
  • Schleswig-Holstein 99,2/100,0/95,1
  • Thüringen 90,2/96,2/90,8

Update 16:45 Uhr: State­ment von Telefónica

In Reak­tion auf die obige Meldung schreibt uns ein Spre­cher von Telefónica:

Wir sind verwun­dert über die Zweifel, die hier hinsicht­lich der Erfül­lung der aktu­ellen Versor­gungs­auf­lage bis Ende 2022 geschürt werden. Die April-Zahlen sind ledig­lich ein Zwischen­stand, entschei­dend werden ja die Werte am 31.12.2022 sein. Wir würden seitens o2 Telefónica gerne in diesem Zusam­men­hang auf Folgendes aufmerksam machen:

  1. Wir haben bisher alle BNetzA-Versor­gungs­auf­lagen erfüllt. Dies wurde von der BNetzA bestä­tigt. Wir sind über­zeugt, die Vorgaben der aktu­ellen Versor­gungs­auf­lage bis Ende des Jahres frist­gerecht zu errei­chen.
  2. Unser o2 4G-Netz versorgt derzeit bundes­weit mehr als 99 Prozent und in jedem Bundes­land mehr als 97 Prozent der Haus­halte mit mindes­tens 50 MBit/s. Damit sind wir auf Augen­höhe mit dem Wett­bewerb.
  3. Diese bereits vorhan­dene Mobil­funk-Versor­gung muss ledig­lich auf 100 MBit/s aktua­lisiert werden, um den über­wie­genden Teil der Versor­gungs­auf­lage bis Jahres­ende zu erfüllen. Wir treiben unseren Netz­ausbau massiv voran und inves­tieren allein in diesem Jahr mehr als 1 Mrd. Euro in unsere Infra­struktur, um dieses wie alle weiteren Ziele zu errei­chen.
  4. Die Werte im Mobil­funk­bericht sind von April 2022. Ende Mai standen wir in der Gesamt­erfül­lung der Versor­gungs­auf­lage schon bei 95,6 Prozent. Wir legen also aktuell pro Monat um rund einen halben Prozent­punkt zu und sind klar auf Kurs, in den verblei­benden 7 Monaten die Vorgabe von 98 Prozent zu errei­chen. Entschei­dend wird der Stand am Jahres­ende sein.
  5. Jeder Netz­betreiber verfolgt hier eine andere Stra­tegie, auch im Zusam­men­hang mit unter­schied­lichen Schwer­punkten beim zukunfts­gerich­teten 5G-Ausbau.
  6. In den Bundes­län­dern wird in der zweiten Jahres­hälfte der Versor­gungs­zuwachs mit durch­schnitt­lich 100 MBit/s im o2 Netz zum Teil deut­lich höher liegen.
  7. Für uns ist es entschei­dend, dass wir unsere Kund:innen zufrieden stellen und ihnen bundes­weit eine sehr gute Versor­gung bieten. Zahl­reiche unab­hän­gige Netz­tests wie etwa das "sehr gut" im Test der Fach­zeit­schrift connect beschei­nigen unserem o2-Netz eine sehr hohe Qualität unseres o2-Netzes.
Ende des Updates.

Welches Netz hat die beste Netzabde­ckung an Ihrem Ort? Wir zeigen, worauf Sie bei der Wahl des Netzes zwischen Telekom (T-Mobile), Voda­fone und o2 (Telefónica) achten sollten.

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