Festnetzt-Test

Vodafone gewinnt Chip-Festnetz-Test

Das Magazin Chip hat mit 533 Mini-Rech­nern das deut­sche Fest­netz getestet. Wer maxi­male Geschwin­dig­keit zum mini­malen Preis haben möchte, könnte bei Voda­fone landen - wenn alles optimal läuft.
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Regel­mäßig veröf­fent­lichen Maga­zine wie die Connect oder Chip ihre Netz­tests von Mobil­funk oder Fest­netz.

Mobil­funk­tests sind "relativ" einfach. Die ersten Tests des VAT (Vorläufer des VATM) waren mobile "Dauer­tele­fonate" eines Verbands-Mitar­bei­ters. Später baute man viele Handys mit SIM-Karten aus allen drei (künftig vier Netzen) in eine Dachbox und fährt damit durchs Land und führt voll­auto­mati­sche Test­gespräche oder lädt defi­nierte Webseiten herunter. Am Ende gibt es ein Mess­ergebnis, welches Netz in der Summe immer oder meis­tens verfügbar war. "Schlechter" ausge­baute Netze sind weniger empfangbar und bringen dann "schlech­tere" Ergeb­nisse.

Wie es dann am Wohn- oder Lebensort des Rat-suchenden Kunden aussieht, ist eine andere Frage.

Was aber macht man bei einem Fest­netz-Test?

Chip hat das Festnetz getestet: Wo es schnelles Koaxkabel gibt, ist Vodafone der Sieger Chip hat das Festnetz getestet: Wo es schnelles Koaxkabel gibt, ist Vodafone der Sieger
Bild: Chip Online / Burda Forward
Man kann Netz­tests über Webseiten laufen lassen. Bekannt ist der Speed­test von Ookla oder die Breit­band­mes­sung der Bundes­netz­agentur. Dabei wird die Über­tra­gungs­rate vom eigenen PC oder Laptop über das Netz des eigenen Anbie­ters und die mit ihm verbun­denen Inter­net­knoten zu einem bestimmten Ziel­server gemessen. Der Kunde sollte seinen PC oder Laptop über ein Kabel mit dem Router verbinden, sonst "bremst" schon das eigene WLAN aus. Der Ziel­server sollte möglichst gut ange­bunden sein.

Bei Messungen ging die Fach­zeit­schrift Chip schon früh eigene Wege. Die Mobil­funk­netz­tests mit dem Auto erfassten nicht die Versor­gung in Zügen oder Einkaufs­zen­tren. Also wurden Ruck­sack­tests "erfunden". Test­per­sonen marschierten mit dicken mit edler Mess­technik von Rhode & Schwarz gefüllten Ruck­säcken durch die Lande, gemeinsam mit dem Unter­nehmen Net-Check. Im Fest­netz hatte Chip-Technik-Chef Wolf­gang Pauler erneut eine krea­tive Idee. Er verteilte an über 500 Tester kleine Mini-Rechner, unter dem Namen "Rasperry Pi" bekannt. Die wurden einfach beim Tester mit dem heimi­schen Internet verbunden und testeten dann zu verschie­denen Zeiten die Verbin­dungen und erstellten gleich ein Proto­koll, alles voll­auto­matisch.

Preise steigen, Anbieter wech­seln?

Inter­net­anschlüsse sind bekannt­lich teurer geworden. Schon im letzten Herbst hatte der Netz­betreiber Voda­fone seine Koax-Kabel­ange­bote ("Kabel-Glas­faser") für Neukunden pauschal um 5 Euro erhöht. Seit heute trifft die Erhö­hung auch Bestands­kunden mit klas­sischem DSL- und Koax-Kabel­anschluss auf Kupfer­basis, sofern die Kunden nicht außer­ordent­lich (aufgrund der Preis­erhö­hung) gekün­digt haben. Doch wohin wech­seln?

Bereits am 4. April hatte die Telekom ihre Preise für Neukunden um 3 Euro für MagentaZuhause S, M und L ange­hoben. Nur die teuren Tarife wie XL, XXL und Giga hat die Telekom bislang noch nicht ange­rührt.

Laut einer aktu­ellen Studie des Bran­chen­ver­bands VATM teilen sich Telekom und Voda­fone fast 70 Prozent des Marktes unter sich auf. Dann gibt es noch die natio­nalen Anbieter wie 1&1 oder Telefónica/o2, die zusammen auf 17,5 Prozent kommen. Den Rest bedienen regio­nale Anbieter wie NetCologne, EWE oder M-Net.

Wie findet man das "beste Fest­netz"?

Wie kann man nun bundes­weit ein "bestes Netz" finden? Eigent­lich geht das gar nicht. Nicht alle Anbieter sind überall verfügbar und Glas­faser oder schnel­leres Koax­kabel gibt es oft gerade da nicht, wo es Inter­essenten gibt oder umge­kehrt.

Der Fest­netz­test der Chip, der mit dem Technik-Partner Net-Check durch­geführt wurde, gibt einen je nach Betrach­tungs­weise "detail­lierten" Einblick in den Zustand der Internet-Anschlüsse im Land.

Im Vergleich zum letzten Jahr habe sich das Durch­schnitts­tempo aller User, die über die Seite speedtest.chip.de den Internet-Anschluss gemessen haben, von etwa 170 MBit/s auf fast 198 MBit/s erhöht. Der Upload sei von 30 auf 40 MBit/s gestiegen. Chip hat über 132.000 Messungen ausge­wertet, die per LAN-Anschluss am Router und ohne den Brems­effekt eines VPN-Anbie­ters durch­geführt wurden. Damit lässt sich eine Menge anfangen, aber viele Nutzer messen meist nur dann, wenn sie glauben, dass mit dem Anschluss etwas nicht stimmen könnte. Und hier kommen die 553 Mini-Rechner ins Spiel.

Auftei­lung der Ergeb­nisse

Um eine Vergleich­bar­keit hinzu­bekommen, hat Chip das Ranking aufge­teilt: Natio­nales Ranking für Telekom, Voda­fone, 1&1 und Telefónica/o2.

Dann gibt es "regional beste Anbieter", die nach Bundes­land gewichtet wurden. In Nord­rhein-West­falen beispiels­weise führen Deut­sche Glas­faser und Netco­logne vor der Telekom, je nachdem auf welche Punkte man Wert legt. Auch in Bayern ist die Deut­sche Glas­faser (soweit verfügbar) vorne, Telekom bleibt auf Platz 2, der regional aktive Anbieter M-net auf Platz 3.

Voda­fone liegt national vorn

Das bundesweite Ranking Das bundesweite Ranking
Grafik: Chip Online / Burda Forward
Das Ergebnis mag viel­leicht über­raschen und sorgt für knal­lende Sekt­korken in Düssel­dorf. Chip ging von folgender Über­legung aus: Eine Kabel­ver­bin­dung, die einen Down­load von 1 GBit/s verspricht, aber nur 600 MBit/s schafft, ist mehr wert als eine DSL-Verbin­dung mit maximal 250 MBit/s, die monat­lich genau so viel kostet.

In diesem Punkt habe "Voda­fone als großer Kabel­anbieter" einen Vorteil. Hier sind Gigabit-Verbin­dungen zu einem relativ mode­raten Preis möglich, findet die Chip. Die Konkur­renz schafft das nur mit echter Glas­faser und die muss oft erst noch verlegt werden, was dauert und viel Geld kostet. Die Stra­tegie von Voda­fone, durch die Über­nahme möglichst aller über­regio­nalen Kabel-TV-Anbieter ein "schnelles Netz" zu bekommen, ist hier aufge­gangen.

Doch Vorsicht: Wenn z.B. Voda­fone bekannt­gibt, ein bestimmtes Gebiet zu versorgen, muss genau geprüft werden, was genau möglich ist. Ist vor Ort kein Koax­kabel-Netz vorhanden, versorgt Voda­fone über gemie­tete Leitungen der Telekom mit meist maximal 16.000 kBit/s. Die Telekom könnte an der glei­chen Stelle aber 50.000 oder 100.000 kBit/s bieten, weil sie ihrer­seits Leitungen von einem dritten Anbieter gemietet hat.

Der Anbieter o2 (Telefónica) hat über­haupt keine eigenen Leitungen im Fest­netz. Er mietet immer fremde Leitungen, die schnell sein können (Koax­kabel von o2), oder Glas­faser von Telekom oder UGG. Es könnte aber auch "lang­sames" DSL sein.

Ähnli­ches gilt für 1&1. Die Schwester Versatel kann schnelle Leitungen bereit­stellen, oft sind es aber von der Telekom gemie­tete Drähte mit deut­lichen Einschrän­kungen. Hier und da sollte schon Glas­faser möglich sein.

Ein paar Zahlen zu Speed­tests

Bei den Speed­tests wurden insge­samt 60 TB über­tragen, 195.982 mal wurde über LAN getestet, davon waren 132.321 Samples brauchbar. Die 553 Mini-Rechner waren 99 Tage im Einsatz.

Über Crow­dsour­cing wurden Daten von 3 Millionen Routern einge­sam­melt, die in Deutsch­land im Schnitt 197,6 MBit/s im Down­load und 40,4 MBit/s im Upload meldeten. Dabei gab es eine Abwei­chung vom Down­load-Verspre­chen: mit -23,5 Prozent und vom Upload-Verspre­chen um -15,9 Prozent.

Wem 50 MBit/s ausrei­chen, empfiehlt die Chip-Redak­tion o2 als güns­tigsten Anbieter, sofern dieser am gewünschten Einsatzort verfügbar ist.

Voda­fone: Speed­vor­teil durch Kabel

Schnelle Geschwin­dig­keit gepaart mit noch mode­raten Preisen bringt für Chip den Sieg für Voda­fone. Aber auch hier ist zu prüfen, ob das am eigenen Standort über­haupt möglich ist.

In der natio­nalen Gesamt­wer­tung liegt Voda­fone mit einer Gesamt­note von 1,7 auf dem ersten Platz, gefolgt von der Telekom mit 1,8. Dahinter finden sich o2 (2,1) und 1&1 (2,3).

Schaut man sich die "Vertrags­erfül­lung" (wird gelie­fert, was die Werbung verspricht?) an, kann Voda­fone nur die Note 2,4 errei­chen, während die Telekom mit der Note 1,8 führt. Auch 1& schafft nur die Note 2,4, während o2 mit der Note 1,9 punktet.

Schaut man sich die Latenz (Ping) an, liegt die Deut­sche Telekom mit der Note 1,0 an der Spitze, während Voda­fone 1,5 und o2 mit 1,7 bewertet wurden.

Da die Koax­kabel von Voda­fone prin­zipiell höhere Geschwin­dig­keiten schaffen, liegt Voda­fone mit 347 MBit/s natür­lich unein­holbar vorne. Die Telekom kann mit Kupfer­kabel über Super Vecto­ring maximal 250 MBit/s errei­chen. G.fast kann mehr, ist aber nur an mikro­sko­pisch wenigen Orten verfügbar. Trotz dieses Handy­caps liegt die Telekom mit 99,24 MBit/s im Schnitt hinter Vorda­fone, aber deut­lich vor 1&1 (73,40 MBit/s) und o2 mit 67,52 MBit/s

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Man kann es gar nicht genug betonen: Solche Tests sind inter­essante Moment­auf­nahmen. Als Kauf- oder Buchungs­bera­tung können Sie nicht immer weiter­helfen. Gerade bei Fest­netz­anschlüssen sind nicht alle Anbieter oder alle Tech­nolo­gien überall im Lande zugleich verfügbar.

Der Kunde muss also erst einmal heraus­finden, welcher Anbieter bei ihm zu Hause wirk­lich verfügbar ist und wer die Technik dafür liefert. Das dürfte in den aller­meisten Fällen die Telekom sein. Dann muss geprüft werden, welche Geschwin­dig­keiten wirk­lich möglich sind.

Liegt der Telekom-Anschluss irgendwo tief auf dem Land, könnten bei der Telekom maximal 16.000 kBit/s Down­load ange­boten werden, hier und da könnten es auch "nur" 6.000 kBit/s oder noch weniger sein. Ist am Ort ein alter­nativer Anbieter buchbar, muss dessen Tech­nologie geprüft werden. Gibt es Koaxk­kabel, könnten bis zu 1 GBit/s drin sein, wenn die Leitungen auf dem neuesten Stand und alle aktiven Kompo­nenten richtig einge­stellt und gut gepflegt sind sowie der Kabel-Netz­betreiber seine Cluster auf den neuesten Stand gebracht hat. Dann ist die Chance hoch, zu last­schwa­chen Zeiten diese Geschwin­dig­keit zu errei­chen, es können und werden aber auch viel weniger sein.

Liegt bereits Glas­faser vor Ort, wird das die erste Wahl sein, voraus­gesetzt, der Anbieter hat auch hier seine Haus­auf­gaben gemacht, die Leitungen knick­frei verlegt und alles richtig konfi­guriert und einge­richtet und die Glas­faser kann bis die Wohnung verlegt werden.

Der ratlose Kunde kann im Prinzip nur eines tun: In der Nach­bar­schaft Pilot­kunden finden, die den Wunsch­anschluss beim Wunsch­anbieter schon haben und dann verglei­chen. Und zum Schluss "beten", dass der eigene Anschluss die glei­chen tech­nischen Werte bieten wird, was leider nicht immer der Fall sein muss.

Zu über­legen ist auch, wo man seine Mobil­funk­ver­träge abge­schlossen hat. Die Kombi­nation von Fest­netz und Mobil­funk bringt bei allen Anbie­tern preis­lich spür­bare Vorteile. Voraus­gesetzt, die Mobil­funk­abde­ckung ist ähnlich gut wie die Fest­netz­ver­sor­gung.

Den kompletten Chip-Netz­test gibt es in gedruckter Form am Kiosk (Ausgabe Chip 06/2023) oder in Kürze auch online auf www.chip.de.

Der letzte Mobil­funk-Vergleichs­test der Chip sah Verbes­serungen bei o2, speziell bei 5G in den Städten.

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