Netzausbau: Weiße Flecken wollen nicht versorgt werden
Regelmäßig beschweren sich die Kunden über Funklöcher, die Bundesnetzagentur dringt auf die Erfüllung der Ausbaurichtlinien. Also machen sich die Netzbetreiber auf, die letzten Funklöcher zu stopfen und stoßen auf ... Widerstand.
Gentingen
Je näher der Sendemast am Ort steht, desto besser die Versorgung und desto geringer die Strahlenbelastung am Ohr. Viele verstehen das nicht.
Foto: Picture Alliance/dpa/dpa-Zentralbild
Nehmen wir 54657 Gentingen am Fluss Our. Auf der anderen Flussseite beginnt der Staat Luxemburg. Auch Gentingen gehörte einst zu Luxemburg, wurde dann zeitweise französisch verwaltet und landete irgendwann bei Preussen. Heute liegt Gentingen im Eifelkreis im Bundesland Rheinland-Pfalz.
Heute hat Gentingen noch 67 Einwohner und einen bekannten Campingplatz. Der Ort ist ein "weißer Fleck" und damit "auflagenrelevant für 2022", wie es so schön amtlich heißt. Also machte sich die Deutsche Telekom auf, den Ort zu versorgen.
Die Gemeinde antwortete kühl, es sei explizit nur ein von ihr vorgegebener Standort möglich, dieser liegt allerdings im Überschwemmungsgebiet. Da aber seit dem Ahrtal-Hochwasser auch "harmlose" Flüsse ihre Kräfte spielen lassen können, ist das keine Option mehr.
Telekom bittet Land um Hilfe
Weil die Telekom in Gentingen nicht weiter kam, wandte sie sich an die Landesregierung in Rheinland-Pfalz, die an einem flächendeckenden Ausbau des Bundeslandes interessiert ist. Die Landesregierung schrieb nun ihrerseits einen Brief an die Gemeinde mit der klaren Bitte um Unterstützung und einem deutlichen Hinweis auf Dringlichkeit und Zusammenhang mit Lizenzauflagen. Das Ergebnis: Die Gemeinde antwortete, jeglichen Mobilfunkstandort abzulehnen. Basta!
Im Falle Gentingen zeichnet sich eine Lösung ab. Auf der Suche nach einem Alternativstandort in der Nachbargemeinde Ammeldingen (in 2 km Entfernung), die der Telekom eine Kooperation angeboten hat. Es geht also auch anders.
Happurger Funkloch
Nicht nur die Telekom hat Probleme. Im Nürnberger Land liegt die Gemeinde 91230 Happurg mit den Ortsteilen Thalheim, Förrebach oder See. In Förrenbach möchte die Vodafone-Funkturm-Tochter Vantage Towers einen Sendemast errichten. Also stellte sie einen Bauantrag bei der Gemeinde Happurg. Der Stahlgittermast werde etwas über 40 Meter hoch sein und soll den Ortsteil Förrenbach und das Tal Richtung Thalheim abdecken, wie im Happurger Gemeinderat bekannt gegeben wurde.
Das für den Funkturm vorgesehene Grundstück befindet sich im Außenbereich und im "Geltungsbereich des Landschaftsschutzgebietes". Die naturschutzrechtlichen Belange müssen im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens durch das Landratsamt Nürnberger Land geprüft werden.
Durch eine 30 Meter lange Zufahrt muss das Grundstück erschlossen werden, damit Baufahrzeuge und später Service-Fahrzeuge dorthin gelangen können. Der Gemeinderat stimmte zu.
See kriegt keinen Gittermast
Bei einem weiteren Antrag der American Towers (ATC, baut und verwaltet Standorte von Telefónica) für einen Standort am Happurger See hätte der Gittermast eine Höhe von etwa 50 Meter gehabt und sollte die Gemeindeteile Thalheim, See, Gotzenberg und Aicha sowie die Staatsstraße abdecken. Auch dieses Grundstück befindet sich im Außenbereich und einem Landschaftsschutzgebiet.
Doch hier spielen die Eigentümer der benachbarten Grundstücke nicht mit. Sie erlauben kein "Geh-, kein Fahrt- und kein Leistungsrecht". Somit käme der Turm-Bauherr auf sein Grundstück gar nicht hin. Das Ergebnis: Der Gemeinderat sagt Nein, Aus.
Funkversorgung absolut mangelhaft
Bewohner der Region Happburg beklagen sich bei der Redaktion über einen nicht vorhandenen Netzausbau und ein Mega-Funkloch. Warum bringt es niemand fertig, den Bedenkenträgern und "Ich bin dagegen"-Menschen in der Nachbarschat oder in Ämtern und Räten, die Notwendigkeit von Mobilfunk zu erklären? Hoffentlich geraten sie nie in eine Situation, in der eine funktionierende Handyverbindung Leben rettend sein kann.
Eschenbach: Funkloch im Zug soll bleiben?
Etwas weiter in 91224 Pommelsbrunn, Ortsteil Eschenbach, erhitzt ein Mobilfunkmast die Gemüter der 539 Einwohner. Bei der Gemeinde Pommelsbrunn ging ein Bauantrag für einen Mast ein und die Bürger dort finden, zu spät und zu schlecht informiert worden zu sein. Erst aus der Zeitung hätten sie erfahren, dass dort ein 40 Meter hohen Mobilfunkmast auf einem Hang gegenüber des Ortes gebaut werden sollte. Die Bürger sammelten über 100 Unterschriften - von Leuten, die gegen das Vorhaben sind. Ihre Argumente: Die Strahlung könnte gesundheitliche Schäden zur Folge haben.
Die Deutsche Telekom möchte eine Versorgungslücke auf der Bahnstrecke zwischen 91224 Pommelsbrunn-Hohenstadt und 91247 Alfalter schließen. Die Themen dieser Sitzung waren offenbar auch bekannt gemacht worden, doch die Gegner hätten sich wohl eine persönliche Einladung gewünscht. Ja, die Gegner des Mastes argumentieren, die Mobilfunkverbindung in Eschenbach sei ausreichend. Sie befürchten, dass künftig weitere Betreiber diesen Mast nutzen wollen und dadurch "zusätzliche Verteiler" im Ort notwendig sein würden. Und so ein Mast im Naturschutzgebiet sehe "nicht schön" aus.
Die Gemeinde Pommelsbrunn konnte der Telekom keine "geeigneten gemeindeeigenen Grundstücke" anbieten, also wurde sich die bauausführende DFMG mit einem privaten Eigentümer einig. Rein baurechtlich habe nichts gegen den Antrag gesprochen, berichtet der Bürgermeister. Die Höhe des Bauwerks solle verhindern, dass später noch ein zweiter Mast gebaut werden müsste.
In Eschenbach wurde das Bauvorhaben im Amtsblatt bekannt gegeben. "Beteiligte nach Artikel 66 Absatz 2 Satz 1 der bayerischen Bauordnung" konnten die Akten bis zum 4. Oktober beim Landratsamt in Lauf einsehen, nur mit Terminvereinbarung. Ob ernsthafte Einsprüche erhoben wurden, ist nicht bekannt.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Bei einem idealen Mobilfunknetz befänden sich Sendeanlagen auf jeder Straßenlaterne. Diese "Joghurtbecher" würde man kaum sehen und vermutlich würde dann auch niemand "meckern". Viele Joghurt-Becher würden vermutlich deutlich mehr als ein einzelner Mast (ca. 300.000 Euro) kosten. Klar wird ein solcher Mast heute von allen drei (oder vier) Netzbetreibern genutzt. Würde jeder Netzbetreiber seinen eigenen Masten bauen, wäre es ja auch wieder nicht recht.
Was machen diese Mobilfunkgegner eigentlich, wenn sie eines Tages im Funkloch unterwegs Hilfe brauchen? Dann kann man nur beten, dass rechtzeitig jemand vorbeikommt, der helfen kann oder Hilfe organisiert. Oder sollte an die Zufahrtsstraßen in solche Gebiete eine deutlich sichtbare Warntafel angebracht werden, dass hier keinerlei Mobilfunkverbindung und damit Hilfe zu erwarten ist?
Das ist übrigens die Forderung des Verbandes "diagnose:funk". Der fordert explizit ausgewiesene mobilfunkfreie Zonen. Deren Pressesprecher ist übrigens per Handy erreichbar.
Beim Netzetag hat die Telekom über ihren Mobilfunkausbau berichtet.