Telekom 5G-SA für Privatkunden: "Das Netz kann es"
Beim Netzetag der Telekom ging es nicht nur um Glasfaser, sondern auch um Mobilfunk. Der scheidende Technik-Geschäftsführer Walter Goldenits gab einen Rückblick: "2019 sind wir mit 54 Antennen gestartet, und 2022 können (theoretisch) 94 Prozent der Bevölkerung 5G nutzen (wenn sie Kunde bei der Telekom sind und einen 5G-fähigen Vertrag gebucht und ein passendes Endgerät zur Hand haben).
1 GBit/s auch ohne 3,6 GHz
Auf der besonders schnellen Frequenz bei 3,6 GHz funken bereits 8.000 Stationen. Goldenits kündigte an, dass künftig Geschwindigkeiten von 1 GBit/s im Netz ohne den Einsatz von 3,6 GHz möglich sein sollen. An Bahnstrecken wurden 500 neue Sendestationen gebaut oder erweitert, 100 Bahn-Tunnels wurden entweder aufgerüstet oder frisch versorgt (wo vorher nichts war.)
Auf der Schiene hat sich - trotz aller Widrigkeiten - einiges getan
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Dabei gibt es ein Problem bei der Bahn: Eigentlich sollten alle Züge und Lokomotiven in Deutschland neue bessere GSM-R-Funkgeräte (mit "gehärteten" Empfängern gegen Funkstörungen durch LTE900) bekommen haben, aber einige ausländische Bahnverwaltungen fahren noch mit "alten" Geräten durch das Land.
Man hätte diese Züge aussperren können, das hätte aber Revanche-Akte gegen Züge der Deutschen Bahn in benachbarten Ländern zur Folge gehabt. Also bleiben einige LTE900-Stationen in Bahnstreckennähe vorerst nicht gebaut, das kann man der Telekom und ihren Mitbewerbern gewiss nicht vorwerfen.
Gentingen: Hinhaltetaktik von Gemeinden
Und dann gibt es Orte, wo partout kein Standort zu finden ist. Der Ort Gentingen (Eifel, Rheinland-Pfalz, 67 Einwohner) hält die Telekom seit Jahren hin. Schlussendlich sei ein Hochwassergebiet als Standort vorgeschlagen worden.
Spätestens seit dem Ahr-Hochwasser wäre die Station dem Risiko ausgesetzt, im entscheidenden Fall wegzuschwimmen. Goldenits betonte, nichts gegen den Ort Gentingen zu haben, aber das sei irgendwann nicht mehr nachzuvollziehen.
Müritz: Eisenbahn ja, Mobilfunk nein?
Die ICE-Strecke von Berlin nach Rostock verläuft durch Mecklenburg-Vorpommern, genauer durch den Müritz-Nationalpark. Die Strecke wurde dort genehmigt, Basisstationen werden es aber nicht. Auch hier verzweifeln die Netzbetreiber an den regionalen Behörden. (Update: Die Strecke wurde 1984 elektrifiziert, der Nationalpark erst 1990 eingerichtet.Ende Update)
In Gentingen (Eifel) ist ein Funkloch. Die Gemeinde schlägt ein Hochwasser-gefährdeten Standort vor
Foto: Henning Gajek teltarif.de
Nachfolger stellt sich vor
Goldenits stellte seinen Nachfolger Abdu(zarak) Mudesir, vor: "Ich komme ursprünglich aus Äthiopien" (in Afrika). In Äthiopien werden 80 verschiedene Sprachen gesprochen, die Hauptsprache ist amharisch. Mudesir hat in Bremen studiert und spricht sehr gut deutsch. Er dankte dem Team, sich ausführlich auf seine Aufgabe als technischer Direktor (CTO) für Deutschland und Europa vorbereiten zu können. Die Doppelfunktion sieht er als großen Vorteil für seine Arbeit, Netze und Technik werden immer internationaler.
Technik- und Innovations-Vorständin Claudia Neman stellte ein Projekt vor, was ihr "persönlich gut gefalle", ein hochpräzises automatisches Einparken in einem Parkhaus, das dazu vollständig mit 5G versorgt sein muss. Das Projekt CAMARA wird gemeinsam mit BMW durchgeführt.
Was ist mit Technik von Huawei?
Eine Frage aus dem Fachpublikum drehte sich um den chinesischen Hersteller Huawei. Hier gäbe es keine Neuigkeiten, berichtete Nemat. Huawei sei aus allen sicherheitskritischen Bereichen "raus" und werde nur noch im Sender-Bereich ("Radio") verwendet.
Prinzipiell kommen aber immer mehrere Lieferanten (Multivendor) zum Einsatz, hier z.B. Ericsson. Außerdem muss die Telekom ihre gesamte verbaute Technik beim BSI zur Prüfung anmelden. Die Zukunft liege bei Open-RAN, es steht aber noch einiges an Entwicklung bevor.
Wann kommt 5G-SA?
Weiterhin keinen offiziellen Start-Termin gibt es bei 5G-SA für Privatkunden. "Das Netz kann es", betonte Goldenits. "Geschäftskunden können es für Campus-Netze buchen", aber für Privatkunden sieht er weiter keinen Use-Case (Anwendungsfall). Wenn es den gebe, werde es kommen.
Auch zur Sprachübertragung über 5G ("VoNR" oder "Vo5G" genannt), gibt es noch nichts Neues. Im Prinzip sei das VoIP, es fehle aber noch die fertige Standardisierung.
Das Ziel für 2025 sind 90 Prozent Flächendeckung mit 5G
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Wird FWA das Festnetz ersetzen?
Einige Netzbetreiber setzen große Hoffnungen auf Mobilfunk als "letzte Meile" zum Kunden. Man spricht dann von Fixed Wireless Access (FWA), also ein ortsbezogener Internet-Zugang, der über Mobilfunk geliefert wird. Mit FWA will beispielsweise der Netzbetreiber 1&1 starten, falls er startet.
Bei der Telekom ist man skeptisch. T-Mobile USA habe mit 160 MHz viel mehr Bandbreite, da könne man das tun, griff Telekom-Deutschland-Chef Gopalan die Frage von teltarif.de auf. In Deutschland gebe es viel weniger Frequenzen. FWA kann das Festnetz nicht ersetzen. Ideal wäre hier die Freigabe von 600 MHz für Mobilfunk. Der Dienst NB IoT wird nicht mehr groß beworben, laufe aber weiter.
Zu den künftigen Ausbauplänen für Breitband-Stationen auf 3,6 GHz wollte die Telekom nichts sagen. Der Schwerpunkt liege bei niedrigeren Frequenzen, im Mid-Band- (1500, 1800, 2100 MHz) und Low-Band (700, 800, 900 MHz)-Bereich. Nur so viel: "Wir wollen auch 2023 vorne bleiben."
Mobilfunk und Energieverbrauch
Mit der Erprobung von Open RAN steige der Energieverbrauch zunächst an. Es sei aber eine Herausforderung, sogenannte "Hardware-Acceleratoren" (beschleunigte Baugruppen) befanden sich bereits in der Entwicklung. Ziel müsse bleiben, dass der Energieverbrauch reduziert werde.
5G-Ausbauziel 2025: 90 Prozent Fläche
Wenn Netzbetreiber von ihrem Netzausbau berichten, nennen sie in der Regel Prozentangaben in Bezug auf die (Wohn-)Bevölkerung. Bis 2025 möchte die Telekom 90 Prozent der Fläche mit 5G ausgebaut haben, was 99 Prozent der Wohn-Bevölkerung entspreche.
Der Ausbau der "restlichen" Prozente wird immer schwieriger und aufwendiger, von daher ist das eine deutliche Ansage an den Wettbewerb.
Neben dem Mobilfunk hat die Telekom einiges im Bereich Glasfaser vor.