Lobbyplag

Lobbyarbeit: EU-Datenschutz-Gesetzentwurf teilweise von Amazon

Lobbyplag: Datenjournalisten sagen Lobbyisten den Kampf an
Von Thorsten Neuhetzki

Original und Fälschung Original und "Fälschung"
Quelle: europe-v-facebook.org
Auf EU-Ebene wird derzeit eine neue EU-Daten­schutz-Grund­verordnung vor­bereitet, die inner­halb der Euro­päischen Union dafür sorgen soll, dass es einheitliche Standards bei der Daten­erhebung für per­sonalisierte Anzeigen geben soll. Zudem geht es um den Umgang mit Kunden­daten bei Global Playern wie Amazon, Google oder Facebook. Wie nun bekannt wurde, haben bei den bisherigen Entwürfen zu dem Gesetz jedoch die Lobbyisten mehr als nur Einfluss auf den Inhalt des Gesetzes gehabt: Ganze Passagen wurden aus Dokumenten per Copy & Paste in einen Entwurf übernommen. Die Dokumente stammen von Amazon (unterstützt von eBay). Das war der Anlass für Datenjournalisten, Lobbyplag [Link entfernt] ins Leben zu rufen. Original und Fälschung Original und "Fälschung"
Quelle: europe-v-facebook.org

Das Datenschutzniveau auf EU-Ebene soll deutlich höher liegen als in den USA, sofern es denn wirklich eingeführt wird. Hier sehen sich die US-Firmen in ihrer Freiheit jedoch bedroht und wollen den Parlamentariern in Brüssel möglichst einen geringeren Standard diktieren. Andernfalls drohe vermehrte Bürokratie und eine geringere Innovationskraft.

Lobbyplag hat sich nun zum Ziel gesetzt, Lobbyisten und Parlamentarieren sowie Ausschussmitgliedern auf die Spur zu kommen, welche Passagen scheinbar unreflektiert übernommen werden. Anlass war der Fund einer ganzen Textpassage eines Entwurfes, der sich auch in einem Schriftstück von Amazon fand. Zu sehen ist die Gegenüberstellung auf der Seite europe-v-facebook.org. Auf Lobbyplag finden sich inzwischen weitere Entwürfe mit Formulierungen aus Schriftstücken der Amerikanischen Handelskammer und Amazon, die komplett übernommen wuden, wie die Süddeutsche Zeitung heute online berichtet.

Gutjahr: "Lobbyplag ermöglicht Auffinden der Quellen für Anträge"

"Wenn Sie so wollen, ist Lobbyplag ein Gratis-Service für alle Parlamentarier, die, wie zum Beispiel der Herr Schwab von der CDU, gerne wüssten, woher ihre eigenen Anträge stammen, die sie in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht haben", schreibt einer der Macher von Lobbyplag, Richard Gutjahr, auf seiner Webseite. Schwab bringt er ins Spiel, weil von ihm der namentlich eingebrachte Änderungsvorschlag zum Artikel 4 Ziffer 13 stamme, in dem "Wort für Wort, Zeile für Zeile aus einem Lobby-Papier von Amazon" zitiert wird. Hier geht es um das so genannte "Forum Shopping". Die Änderung würde Unternehmen erlauben, ihren Hauptsitz selbst zu bestimmen. So könnten sie ihren Sitz theoretisch dorthin verlegen, wo die geringsten Datenschutzverordnungen gelten.

Gegenüber Gutjahr zeigte sich Schwab entspannt. "Es mag im Einzelfall durchaus mal sein, dass man am Ende, bis man die Änderungsanträge für die Abstimmung dann mal eingereicht hat, dann nicht mehr überprüft, wo kommt jetzt dieser Text zu diesem Antrag überhaupt her." Weiter soll er am Telefon gesagt haben, er halte es nicht für anrüchig, "wenn man gute Ideen, die es irgendwo gibt, wenn man sie inhaltlich für richtig befindet, auch in modifizierter Form übernimmt". Es sei nicht möglich, bei so vielen Dossiers, "die da gleichzeitig gerade laufen, immer nur ausschließlich selbst generierte Gedanken in den Gesetzgebungsprozess einzubringen".

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