Gesetz gegen Hass im Netz vom Bundestag angenommen
Der Bundestag stimmt über das Gesetz gegen Hass in sozialen Netzwerken ab
Foto: picture alliance / dpa
Die Politik forderte von Online-Netzwerken schon lange ein härteres Vorgehen gegen Beiträge mit Hass und Hetze. Für Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) reichten die zusätzlichen Anstrengungen der Internet-Firmen nicht aus. Noch vor dem Ende der Legislaturperiode ist das Gesetz heute durch den Bundestag beschlossen worden, das schärfere Vorschriften und hohe Strafen mit sich bringt.
Mit einer parlamentarischen Regierungsmehrheit aus CDU/CSU und SPD ist das umstrittene Gesetz offiziell angenommen. Doch es gibt Streit um das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz.
Die aktuelle Fassung des Gesetzentwurfs vom 16.05.2017, wie er angenommen wurde, können Sie hier als PDF-Datei einsehen. Die Stellungnahmen einzelner Sachverständiger des Deutschen Bundestages finden Sie hier [Link entfernt] .
Welche Neuerungen schreibt das Gesetz vor?
Der Bundestag stimmt über das Gesetz gegen Hass in sozialen Netzwerken ab
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Online-Netzwerke wie Facebook, Twitter und YouTube sollen "offenkundig strafbare Inhalte" binnen 24 Stunden nach dem Hinweis darauf löschen. Bei weniger eindeutigen Fällen ist eine Frist von sieben Tagen vorgesehen. Bei Verstößen sind Strafen von bis zu 50 Millionen Euro vorgesehen. Dazu soll es aber nur bei systematischer Missachtung der Regeln kommen und nicht bei einzelnen Fällen, betont die Bundesregierung. Auch sollen die Unternehmen künftig einen Ansprechpartner in Deutschland benennen, an den sich Bürger und Behörden mit Beschwerden wenden können.
Warum gibt es Widerstand gegen das Gesetz?
Die Online-Firmen sehen sich durch das Gesetz gezwungen, über die Rechtswidrigkeit von Inhalten zu entscheiden - was Sache der Gerichte sei. Denn neben klar strafbaren Äußerungen gebe es sehr oft nicht eindeutige Situationen. Netzaktivist Markus Beckedahl von Netzpolitik.org spricht von einer "Privatisierung der Rechtsdurchsetzung". Kritiker des Gesetzes sehen auch die Gefahr, Online-Netzwerke könnten in Zweifelsfällen Beiträge eher löschen, statt sie auf der Plattform zu lassen - um auf der sicheren Seite zu sein. Sie befürchten dadurch Einschnitte bei der Meinungsfreiheit.
Was sagt die Bundesregierung dazu?
Bundesjustizminister Maas erwartet kein "Overblocking" - weil Strafen nicht bei jedem Verstoß fällig würden und die Anbieter zum Geldverdienen grundsätzlich an mehr Inhalten interessiert seien. Als Kompromissangebot an die Unternehmen sollen sie die Entscheidung in schwierigen Fällen auch einem neuen unabhängigen Gremium überlassen können, das dem Bundesamt für Justiz untersteht. Wie genau dieses Gremium ausgestaltet und besetzt werden soll, blieb zunächst unklar.
Warum hält die Bundesregierung ein neues Gesetz überhaupt für notwendig?
Die Politik kritisiert schon lange, Hass, Hetze und gefälschte Nachrichten würden nicht konsequent genug gelöscht - auch nachdem die Online-Firmen ihr Vorgehen Schritt für Schritt verschärft hatten. Laut einer jüngsten Studie von jugendschutz.net entfernte Twitter nur ein Prozent der gemeldeten strafbaren Inhalte, Facebook immerhin 39 Prozent. Maas versichert, es gehe bei dem Gesetz nur "darum, dass Äußerungen, die gegen Strafgesetze verstoßen, aus dem Netz gelöscht werden".
Wie weit könnte der Widerstand der Internet-Branche gegen das Gesetz gehen?
Facebook beschritt den ungewöhnlichen Weg, eine ausführliche Stellungnahme zu dem Gesetz zu veröffentlichen. Darin argumentiert das weltgrößte Online-Netzwerk, der Entwurf sei verfassungswidrig, zu unklar formuliert und könne die Meinungsfreiheit einschränken. Zugleich wird in der Branche erwartet, dass die Konzerne nicht selbst vor das Verfassungsgericht ziehen - und stattdessen auf mögliche Klagen von Bürgern warten. Unterdessen versuchen Facebook und Googles Videoplattform YouTube unter anderem mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz, den Kampf gegen Terror-Propaganda effizienter zu machen und damit etwas vom politischen Druck zu nehmen.
Kann das Gesetz noch auf EU-Ebene ausgebremst werden?
Ja, bis Ende Juni läuft noch das sogenannte Notifizierungsverfahren bei der Europäischen Kommission. Diese prüft, ob das Gesetz mit dem EU-Recht vereinbar ist. Erst wenn diese dreimonatige sogenannte Stillhaltefrist verstreicht, ohne dass die EU Einspruch erhebt, darf das Gesetz in Kraft treten. Sollte also die EU nicht noch im Laufe des Tages ihr Veto einlegen, wird das Gesetz wie geplant in Kraft treten, nachdem es die heutige Abstimmung erfolgreich passiert hat.