Hasskommentare

Facebook bezeichnet Gesetz gegen Hass im Netz als verfassungswidrig

Facebook hat sich mit einer ausführlichen Reaktion auf das geplante Gesetz gegen Hass und Hetze im Netz Zeit gelassen. Jetzt aber geht das weltgrößte Online-Netzwerk mit dem Entwurf hart ins Gericht bis hin zum Vorwurf der Verfassungswidrigkeit.
Von dpa / David Rist

Das Facebook-Logo Nun äußert sich auch Facebook zum geplanten Gesetz gegen Hass im Netz
Bild: dpa
Facebook wehrt sich mit scharfen Worten gegen das von Justiz­minister Heiko Maas (SPD) geplante Gesetz gegen Hass und Hetze im Netz. Der Entwurf sei verfassungs­widrig, zu unklar formuliert und könne die Meinungs­freiheit einschränken, kritisierte das welt­größte Online-Netzwerk in seiner ersten ausführlichen Stellung­nahme zu dem Entwurf. Zudem gebe es das Risiko, dass sich mehr Menschen radikalisierten, weil sie auf nicht regulierte Plattformen abwandern.

Der Entwurf sieht vor, dass offen­kundig strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden sollen. In komplizierteren Fällen bekommen die sozialen Netz­werke sieben Tage Zeit. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro.

Widerstand aus diversen Lagern

Das Facebook-Logo Nun äußert sich auch Facebook zum geplanten Gesetz gegen Hass im Netz
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Gegen den Gesetz­entwurf gibt es bereits erheblichen Wider­stand, unter anderem von Journalisten- und Wirtschafts­verbänden. Maas will ihn noch vor der Sommer­pause durch den Bundes­tag bringen. Wenn ihm das nicht gelingt, wäre der Gesetz­entwurf mit Ablauf der Wahl­periode nichtig.

"Private soziale Netzwerke unter Androhung von Bußgeldern zu verpflichten, Posts zu löschen, kann ein effektives Mittel sein, um kritische politische, gesamt­gesellschaftliche oder themen­sensible Meinungs­äußerungen aus den sozialen Netz­werken zu verbannen", warnte Facebook in der Stellung­nahme, die der dpa vorliegt. Zuvor hatte die Wirtschaftswoche über das elfseitige Papier berichtet.

Am Ende könnten legitime Beiträge vorsichts­halber gelöscht werden

Facebook befürchtet demnach, dass am Ende zur Sicher­heit auch legitime Beiträge entfernt werden. Alle Online-Netzwerke würden sich "die Frage stellen, ob sie bei einem - wie praktisch häufig - nicht eindeutigen Ergebnis ihrer Prüfung zur Vermeidung von hohen Bußgeldern Beiträge eher löschen als bestehen lassen". So könne für Nutzer "der Eindruck entstehen, dass private soziale Netzwerke legitime Beiträge auf staatlichen Druck zensieren". Eine mögliche "unbeabsichtigte Folge" könne sein, dass solche Nutzer auf andere, nicht regulierte Plattformen abwandern.

Zudem beklagt Facebook unpräzise Formulierungen wie eine unscharfe Definition des Begriffs "soziales Netzwerk". Bei der Bagatell­grenze von zwei Millionen Nutzern, ab der das Netz­werk­durch­setzungs­gesetz greifen soll, bleibe unklar, auf welchen Zeit­raum sich die Zahl bezieht und wie dabei mit Mehrfach- oder Fake-Accounts umgegangen werde. Der Entwurf sei "mit dem verfassungs­rechtlich garantierten Bestimmt­heits­grundsatz unvereinbar", resümierte Facebook.

Bekämpfung von Hate Speech ist eine öffentliche Aufgabe

Facebook glaube, dass das aktuelle System der Selbst­regulierung "vielversprechend" sei und ausgebaut werden müsse. "Der Rechts­staat darf die eigenen Versäumnisse und die Verantwortung nicht auf private Unternehmen abwälzen. Die Verhinderung und Bekämpfung von Hate Speech und Falsch­meldungen ist eine öffentliche Aufgabe, der sich der Staat nicht entziehen darf.»

Das Justiz­ministerium verwies heute auf frühere Äußerungen von Maas zu ähnlichen vorgebrachten Argumenten. So hatte er sich bereits gegen den Vorwurf gewandt, das Gesetz könne zu einer Einschränkung der Meinungs­frei­heit führen. Es gehe "darum, dass Äußerungen, die gegen Straf­gesetze verstoßen, aus dem Netz gelöscht werden", schrieb Maas unter anderem in einem Facebook-Eintrag vor rund zehn Tagen. "Die Meinungs­freiheit endet eben da, wo das Straf­recht beginnt."

Auch teile er die Befürchtung nicht, dass die Netzwerke aus Furcht vor Sanktionen lieber einmal mehr als einmal zu wenig löschen, schrieb Maas damals. "Die Betreiber der sozialen Netzwerke haben ein wirtschaftliches Interesse an allem, was bei Ihnen erscheint. Mit jedem einzelnen post, tweet oder Beitrag verdienen sie Geld. Ihr wirtschaftliches Interesse spräche also dagegen, dass Sie nun umfassend auch Einträge löschen, die nicht strafbar sind."

In einem weiteren Artikel lesen Sie, warum das Maas-Gesetz so umstritten ist.

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