Dresdener Handydatenerfassung landet vor Gericht
Handydatenabfrage vor Gericht
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Die umstrittene Handydatenabfrage während der
Anti-Neonazi-Proteste im Februar in Dresden wird ein Fall für die Justiz.
Linke-Parteichef Rico Gebhardt und der Landtagsabgeordnete Falk Neubert
reichten heute - wie bereits vor einiger Zeit angekündigt - am Amtsgericht Dresden einen Antrag ein, mit dem die
Rechtswidrigkeit der Funkzellenabfrage festgestellt werden soll, wie die
beiden Politiker mitteilten. In dem 25 Seiten langen Schriftsatz berufen
sich die Abgeordneten auf das Grundrecht der Telekommunikationsfreiheit.
Handydatenabfrage vor Gericht
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Die beiden Antragsteller werfen den Behörden unter anderem vor, dass die
gesetzlichen Voraussetzungen für die Erhebung der Verkehrsdaten damals nicht
gegeben waren. So habe der Ermittlungsrichter die Anträge der
Staatsanwaltschaft nur pauschal gegengezeichnet. "Der Ermittlungsrichter ist
nicht das Sekretariat der Staatsanwaltschaft", sagte Rechtsanwalt André
Schollbach, der Gebhardt und Neubert in dem Fall vertritt.
Auch die Verhältnismäßigkeit der Anordnung wird von den Linke-Politikern angezweifelt. Mit umfangreichen Ton- und Videoaufnahmen sowie der Identitätsfeststellung von rund 2 500 Personen hätten "erheblich mildere Mittel zur Verfolgung von Straftaten" zur Verfügung gestanden, sagte Schollbach. "Es war nicht erforderlich, eine Funkzellenabfrage durchzuführen." Dass die abgefragten Daten auch Monate nach den Vorfällen noch immer nicht gelöscht sein sollen, wird ebenfalls kritisiert.
Gegen die damalige Erfassung der Handydaten hatte sich in den vergangenen Monaten schon der Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig ausgesprochen. Das Innenministerium hatte im Gegenzug ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben. Der Landtag hatte dazu debattiert. Im Zuge der Ermittlungen wurde auch Dresdens Polizeipräsident Dieter Hanitsch von seinem Posten abberufen und in die Landespolizeidirektion Zentrale Dienste versetzt.
Weitere Verfahren drohen
Ob das Amtsgericht Dresden noch vor den für Februar 2012 angekündigten neuerlichen Protesten gegen Neonazi-Aufmärsche über die Anträge von Gebhardt und Neubert entscheidet, ist offen. Bei diesen beiden Verfahren soll es allerdings nicht bleiben. Rechtsanwalt Schollbach kündigte an, dass danach noch eine Vielzahl weiterer Betroffener gegen die Handydatenabfrage vorgehen könnten.
Bei den teils gewalttätigen Protesten gegen geplante Neonazi-Aufmärsche im Februar in Dresden hatten die Ermittler mehr als eine Million Handydaten erfasst. Das Landeskriminalamt hat mittlerweile knapp 55 000 Datensätze ausgewertet.