Dresden: Handydaten von Tausenden Demonstranten ausgewertet
Datenschützer fordern klare Vorgaben für die Verwertung von aus einer Funkzellenauswertung gewonnenen Handydaten.
Bild: Nokia, Acer und © Stenzel Washington - Fotolia.com, Montage: teltarif.de
Die Polizeibehörden in Dresden haben bei den
Anti-Neonazi-Protesten im Februar dieses Jahres offenbar die
Handyverbindungen von Tausenden Demonstranten und Anwohnern
ausgespäht. Wie die in Berlin erscheinende tageszeitung
heute unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft Dresden
berichtet, hat es am Nachmittag des 19. Februar in der Dresdner
Südvorstadt eine sogenannte Funkzellenauswertung
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gegeben. Dabei
seien von allen Handybesitzern, die sich zu dieser Zeit in dem
Gebiet aufgehalten haben, sämtliche eingehende und ausgehende Anrufe
und SMS sowie die jeweilige Position erfasst worden.
Datenschützer fordern klare Vorgaben für die Verwertung von aus einer Funkzellenauswertung gewonnenen Handydaten.
Bild: Nokia, Acer und © Stenzel Washington - Fotolia.com, Montage: teltarif.de
Die Funkzellenauswertung sollte laut Zeitung ursprünglich zur
Aufklärung eines schweren Landfriedensbruchs dienen. Die erhobenen
Verbindungsdaten seien dann aber in mehreren Fällen auch in
Ermittlungen gegen Personen eingeflossen, denen lediglich die
Störung der angemeldeten Nazi-Demonstration vorgeworfen wird, wie
die Staatsanwaltschaft dem Blatt bestätigte. Mittlerweile sei die
Staatsanwaltschaft Dresden aber der Ansicht, dass dieses Vorgehen
juristisch nicht haltbar sei. "Wir halten das für nicht notwendig
und nicht verwertbar", sagte Lorenz Haase, Oberstaatsanwalt in
Dresden, dem Blatt.
Klare Vorschriften für die Verwendung der Daten nötig
Der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, forderte den Gesetzgeber auf, die Funkzellenauswertung stärker als bisher einzugrenzen "außerdem sind klare Vorgaben für die Verwendung der dabei gewonnenen Daten notwendig", sagte er der Zeitung. Wolfgang Neskovic, rechtspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Linkspartei, die Funkzellenabfrage treffe friedliche Demonstranten und Anwohner. "Nach der einschlägigen Rechtsprechung dürfte sie rechtswidrig gewesen sein". Der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag, Johannes Lichdi, erklärte, die Zweckentfremdung der Daten durch die Polizeibehörden zeige, "dass von höchster Stelle alles getan wurde, um die friedlichen Proteste zu kriminalisieren".
Der sächsische Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig hat laut Zeitung am Freitag Anfragen dazu an Innenministerium, Staatsanwaltschaft, Polizei und Landeskriminalamt gestellt.