Skimming

Datenklau an deutschen Geld­auto­maten nimmt wieder zu

Datendiebe haben an Geld­auto­maten in einigen Regionen Deutschlands wieder deutlich häufiger zugeschlagen. Trotz moderner Technik verursacht Skimming nach wie vor Millionen­schäden - auch wenn die Summe seit Jahren sinkt.
Von Rita Deutschbein mit Material von dpa

Datenklau an Geldautomaten nimmt zu Datenklau an Geldautomaten nimmt zu
Bild: dpa
Die Zahl klingt alarmierend: 240 Geldauto­maten mani­pulierten Kriminelle deutschland­weit im ersten Halbjahr 2017, um Karten­daten und Geheim­nummer (PIN) von Bank­kunden aus­zu­spähen. So viele Skimming-Angriffe binnen sechs Monaten gab es in Deutschland zuletzt im ersten Halbjahr 2013 (251). Der Wert des Gesamtjahres 2016 (159) ist bereits weit über­schritten. Nachdem die Zahlen jahrelang stetig sanken - auch dank Milliarden­investi­tionen der Banken­branche in sicherere Technik - kehrte sich der Trend im vergangenen Jahr um.

Datenklau an Geldautomaten nimmt zu Datenklau an Geldautomaten nimmt zu
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Die Regionen, in denen die Datendiebe besonders häufig zuschlagen, unterscheiden sich zum Teil aber deutlich. So zählt Berlin zu den am meisten von Skimming betroffen Städten in Deutschland. Seit Jahresbeginn wurden bereits 139 Fälle in der Hauptstadt festgestellt, teilte die Euro Kartensysteme als Dienstleister der Banken und Sparkassen mit.

Auch in Nordrhein-Westfalen haben die Täter wieder häufiger zugeschlagen. Im ersten Halbjahr manipulierten Kriminelle in 27 (Vorjahres­zeitraum: 7) Automaten in der Region. In Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen müssen sich Bankkunden jedoch kaum Sorgen darum machen, dass ihre sensiblen Daten am Geldautomat ausgespäht werden. Denn hier ist die Zahl der Vorfälle rückläufig. Während in Hessen seit Jahresbeginn 21 manipulierte Automaten registriert wurden, waren es in Rheinland-Pfalz lediglich sieben und in Sachen nur sechs.

Kein Grund zur Panik

Die Branche sieht die jüngsten Zahlen gleichwohl gelassen. "Die Anzahl der Manipulationen ist zwar enorm gestiegen, das ist aber kein Grund zur Besorgnis", sagt Margit Schneider von Euro Kartensysteme. "Denn die Einsatzmöglichkeiten der abgegriffenen Kartendaten sind gering."

Die moderate Entwicklung des Brutto­schadens spricht für die Lesart der Frankfurter Einrichtung, die sich im Auftrag der deutschen Kredit­wirtschaft um das Sicherheits­management für Zahlungs­karten kümmert: Während die Skimming-Fälle im Halbjahresvergleich um 155 Prozent nach oben schossen, nahm der Schaden durch den Einsatz von Karten­dubletten gerade einmal um 11 Prozent auf 938 000 Euro zu.

Kriminelle müssen weit reisen oder gut vernetzt sein, um in Deutschland gestohlene Bankdaten zum Bezahlen oder Einkaufen zu missbrauchen. Denn die auf dieser Grundlage herge­stellten Karten­dubletten funktionieren im Grunde nur noch dort, wo Bezahlkarten nach wie vor mit leichter kopierbaren Magnet­streifen ausgerüstet werden.

Haupteinsatz­länder mit Karten­fälschungen auf Basis von in Deutschland geklauten Daten waren im ersten Halbjahr Indonesien (31 Prozent Schadens­anteil), die USA (knapp 30 Prozent) und Australien (12 Prozent).

Sicherheit durch technische Neuentwicklungen

Bis auf wenige Lücken hat sich weltweit die EMV-Technik durchgesetzt, bei der Bezahlkarten mit einer Art Mini-Computer ausgestattet sind. Dabei wird die Karte bei Gebrauch auf Echtheit geprüft - und zwar bei jedem Einsatz. In Deutschland sind seit Ende 2010 alle inzwischen gut 100 Millionen Girocards mit EMV-Chip ausgestattet, ebenso sämtliche knapp 60 000 Geldautomaten und 720 000 Terminals im Handel.

Dennoch versuchen Datendiebe an sensible Daten von Bankkunden zu kommen - vor allem in Berlin. Dass in der Hauptstadt so viele Skimming-Fälle verzeichnet werden, liegt nach Einschätzung des Bundes­kriminal­amts (BKA) auch daran, dass in der Stadt viele Touristen unterwegs sind - unter anderem aus Ländern, in denen Zahlungs­karten noch nicht mit dem EMV-Chip ausgestattet sind.

Die Täter seien "organisiert, professionell und sehr erfinderisch", warnte kürzlich Sabine Vogt, Leiterin Schwere und Organisierte Kriminalität beim BKA. Kriminelle entwickelten "analog zu den Abwehr­strategien der Banken neue Modi Operandi", heißt es im jüngsten Lagebericht "Angriffe auf Geldautomaten" des BKA.

Insgesamt jedoch konstatiert das BKA auf Grundlage der Jahreszahlen 2016: Anhand der Schadens­summe lasse sich nachvollziehen, "dass Skimming-Delikte, zumindest für Deutschland, kein Krimina­litäts­phänomen mit heraus­ragender Bedeutung sind".

Wer als Verbraucher dennoch Opfer von Skimming geworden ist, muss meist keinen finanziellen Nachteil fürchten. Banken und Sparkassen ersetzen in der Regel daraus resultierende Schäden - vorausgesetzt, Verbraucher sind sorgfältig mit Bankkarte und PIN umgegangen.

Auch Online-Shops haben häufig mit Skimming-Vorfällen zu kämpfen. Denn nicht selten weisen sie eklatante Sicherheits­mängel auf.

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