Abhörskandal

Bericht: Briten zapfen Glasfasern der Deutschen Telekom an

Britischer Geheimdienst GCHQ soll Daten drei Tage speichern
Von dpa / Thorsten Neuhetzki

Im Visier der Geheimdienste: Glasfasern übertragen unvorstellbare Datenmengen Im Visier der Geheimdienste: Glasfasern übertragen unvorstellbare Datenmengen
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Der britische Geheimdienst GCHQ ist nach Medienberichten deutlich tiefer in den weltweiten Abhörskandal verstrickt als bislang angenommen. Unterlagen des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden zeigten, dass der Dienst wesentliche Teile des europäischen Internetverkehrs speichern und analysieren könne, berichteten der Norddeutsche Rundfunk und die "Süddeutsche Zeitung". Betroffen seien in besonderem Maße auch die Daten deutscher Internetnutzer.

Eine Schlüsselrolle spielen den Berichten zufolge mehrere Glasfaserkabel, zu deren Betreibern auch die Deutsche Telekom gehöre. 14 weltweite Überseekabel schöpfe der britische Geheimdienst ab. Die Daten würden abgezweigt, Metadaten gespeichert, Inhalte drei Tage lang aufbewahrt, berichtete die Tagesschau. Über drei der Kabel leite die Deutsche Telekom Daten, an zwei Kabeln sei das Unternehmen sogar beteiligt. Die mutmaßlich angezapften Überseekabel TAT-14 sowie SeaMeWe-3 und Atlantic Crossing 1 treffen an der Nordseeküste auf deutschen Boden - in der ostfriesischen Stadt Norden beziehungsweise auf Sylt.

Telekom halte sich an jeweils geltende Landesgesetze

Im Visier der Geheimdienste: Glasfasern übertragen unvorstellbare Datenmengen Im Visier der Geheimdienste: Glasfasern übertragen unvorstellbare Datenmengen
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"Wir tun alles, was wir können, um unseren Kunden sichere Daten zu ermöglichen", sagte Thomas Kremer, Vorstand der Deutschen Telekom, in der Tagesschau. Aber dieses Thema stehe im Zusammenhang mit Spionage. Diese könne man wirksam nur durch Vereinbarungen zwischen Staaten bekämpfen.

"Für den Betrieb von Seekabeln sind Konsortien verantwortlich. Die technischen Einrichtungen an Land werden von den Partnern vor Ort betrieben, die an das jeweils geltende Recht vor Ort gebunden sind", sagte Firmensprecher Philipp Blank der dpa. "Die Telekom tut, was sie kann, um ihre Kunden zu schützen. Wenn es aber um die Eindämmung von Spionage geht, braucht es Vereinbarungen zwischen Staaten." Zu möglichen Programmen britischer Geheimdienste habe man keine Erkenntnisse, halte sich aber an jeweils geltende Landesgesetze.

Telekom anscheinend um Aufklärung bemüht

Die Telekom habe darauf hingewiesen, dass die großen Unterseekabel von Firmenkonsortien betrieben werden, die auf die jeweiligen Partner vor Ort angewiesen seien, heißt es in den Berichten. Im konkreten Fall habe man "bereits geprüft, ob es eine rechtliche Grundlage gibt, auf der wir von anderen Anbietern Aufklärung über ihre Zusammenarbeit mit britischen Sicherheitsbehörden verlangen können", wird die Telekom zitiert. Aufgrund des UK Official Secrets Act bestehe allerdings eine Verschwiegenheitsverpflichtung seitens der Unternehmen.

Nach Informationen von NDR und "Süddeutscher Zeitung" kooperieren mindestens sechs Firmen mit dem britischen Geheimdienst Government Communications Headquarters (GCHQ) - wahrscheinlich unfreiwillig. Alle diese Firmen seien auch in Deutschland tätig, über ihre Netze laufe ein großer Teil der deutschen Internetkommunikation, heißt es in den Berichten.

Reaktionen aus der Politik

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Gremiums zur Kontrolle der Geheimdienste, Thomas Oppermann (SPD), sagte der dpa zu den Medienberichten: "Der amerikanische Geheimdienst NSA und der britische Geheimdienst GCHQ spähen die deutsche Kommunikation aus." Die Piratenpartei verlangte die Aufnahme von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) hatte kürzlich erklärt, NSA und GCHQ hätten schriftlich versichert, sich an Recht und Gesetz in Deutschland zu halten. Die Dienste hätten zugesagt, dass es keine flächendeckende Datenauswertung deutscher Bürger gebe.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, warf der schwarz-gelben Koalition vor, sie habe etwas zu verheimlichen, weil sie sich gegen eine gesonderte Plenardebatte zu den Spähvorwürfen stelle. Sein Amtskollege von der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), konterte, das Kontrollgremium werde sich mit den neuen Entwicklungen befassen. "Eine zusätzliche Plenardebatte ist Wahlkampfgetöse, nicht weiter", ergänzte er.

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