Aus 2 mach 1

Hintergrund: Wie die o2-E-Plus-Fusion technisch ablaufen könnte

Wie die technische Fusion von o2 und E-Plus ablaufen könnte, beschreibt Mobilfunk-Experte Henning Gajek in diesem Artikel. Ziel ist es, binnen möglichst kurzer Zeit zwei getrennte Netze zu einem neuen zusammen zu legen - und das möglichst störungsfrei für sämtliche Kunden.
Von / Marie-Anne Winter

Die Netz-Fusion von Telefonica und E-Plus könnte über verschiedene Roaming-Modelle realisiert werden. Dabei muss man unterschiedliche Netztechnologien sehen. Denkbar ist, die Netze getrennt nach Technologien zu verbinden, dass heißt, getrennte GSM-Netze, getrennte 3G-Netze und regional unterschiedlich aufgebaute LTE-4G-Netze, die zu einem gemeinsamen Netz zusammengepuzzelt werden. Mobilfunk-Mast von o2. Mobilfunk-Mast von o2.
Bild: Telefonica

Für die vorhandene Netzinfrastruktur bieten sich folgende Lösungen an:

  • Gegenseitiges Roaming mit Handover

    o2 könnte am Tag X allen bisherigen E-Plus-Kunden erlauben, auch das eigene Netz zu benutzen. Gleichzeitig würden bisherige o2-Kunden in das bisherige E-Plus-Netz eingelassen. Zugleich würden Handover zwischen benachbarten Stationen der bisherigen Konkurrenz eingebaut, die einen Netzwechsel während einer laufenden Verbindung erlauben würden.

    Diese Vorstellung allerdings ist eher ein Traum: Zwar würde das neue gemeinsame Netz auf einen Schlag mit einer Netzversorgung punkten, die regional selbst die Telekom oder Vodafone ausstechen könnte. Doch die Chancen dafür bewegen sich nahe Null. Der Aufwand für das Einrichten dieser Handover wäre gigantisch und die Lösung hätte nur eine relativ kurze Lebensdauer, da eins von zwei Netzen früher oder später ohnehin abgeschaltet werden soll.

  • Gegenseitiges Roaming ohne Handover

    In Großbritannien wurde die Fusion von Orange UK und T-Mobile UK so gelöst: Es gibt gegenseitiges National Roaming, jedoch keine Handover. Ein T-Mobile-UK-Kunde kann also sich ins Netz von Orange einbuchen und dort telefonieren, bis er wegen fehlender Versorgung wieder heraus fliegt und sein Handy wieder das Netz von T-Mobile findet, wo das Spiel von vorne beginnen kann. Für Orange-Kunden geht es umgekehrt.

    Dieses Modell wäre auch in Deutschland denkbar, zumal es relativ einfach zu realisieren ist. Dabei bleibt es jedem Kunden überlassen, ob er diese Option nutzen will oder nicht.

  • Roaming für E-Plus-Kunden bei o2 freigeben - das E-Plus-Netz abschalten

    Eine radikale Lösung wäre, das E-Plus-Netz am Tag X aus zu schalten und alle bisherigen Kunden als Roaming-Gäste bei o2 einbuchen zu lassen. Dazu müssen die bisherigen SIM-Karten von E-Plus erst einmal für o2 freigeschaltet werden.

    Das geht entweder über eine spezielle Konfigurations-SMS, welche auf der Liste der verbotenen Netze das Netz von o2 (Kennung 262-07) löscht oder der Kunde muss sich einmalig per manueller Netzwahl ins neue Netz einbuchen, was je nach Alter der Karte und dem verwendeten Handy nicht ganz einfach möglich sein könnte.

    Die Kehrseite der Medaille: Die Netzkomponenten von o2 müssten auf einen Schlag 26 Millionen zusätzliche SIM-Karten verdauen. Eine gewaltige Nachrüstung ist Voraussetzung, zumal bestehende Netzkomponenten von E-Plus nicht ohne weiteres an das Kernnnetz von o2 angeschlossen werden können.

  • Mischlösung: Roaming für E-Plus-Kunden im Netz von o2, E-Plus-Netz läuft vorerst weiter

    Als Zwischen-Lösung könnte man E-Plus-Kunden optional das o2-Roaming erlauben, lässt aber bisherige E-Plus-Netz erst einmal weiterlaufen und zieht im Laufe der Zeit Station für Station aus dem bisherigen E-Plus-Netz heraus, entweder um sie abzubauen oder nach o2 zu migrieren. Der Zeitdruck wäre genommen, der Kunde hätte ja die Möglichkeit, auf das neue wachsende o2-Netz umzusteigen, bis irgendwann vom "alten" E-Plus-Netz nichts mehr übrig ist.

  • Das E-Plus-Netz wird mit einer eigenen Kennung zunächst als Inselnetz weiterbetrieben

    Da eine Netzintegration in diesem Ausmaße einige Jahre dauern kann, die bisherige Sendelizenz von E-Plus aber mit dem Erlöschen als selbstständiger Netzbetreiber formal ihre Gültigkeit verliert, muss die bisherige Netzkennung 262-03 = E-Plus eigentlich zurückgegeben (sprich abgeschaltet) werden. Denkbar wäre, dass die Bundesnetzagentur die 262-03 an o2 weitervergibt oder dafür eine neue Kennung verordnet, welche dann die bisherigen E-Plus-Anlagen bekommen. Der Reiz dieser Lösung, der massive Druck möglichst schnell alles umzubauen oder zusammenzuschalten, würde etwas herausgenommen.

  • Bestimmte o2-Sendestationen strahlen mehrere Kennungen aus

    Mit einem Trick kann man bestimmte Stationen für beider bisherigen Netzbetreiber nutzbar machen, in dem man parallel mehrere Kennungen ausstrahlt, z.B. o2 und E-Plus. Dadurch haben auch ältere SIM-Karten keine Probleme, die Stationen können doppelt genutzt werden.

    Es ist naheliegend, dass eine gewisse Zeit ein ständig sich wandelndes Geflecht von Stationen in der Luft sein wird, bis die endgültige einheitliche Netzstruktur mit einer einzigen Kennung erreicht sein wird.

Es gibt also viele Möglichkeiten - für welche sich das neue Unternehmen entscheiden wird, ist derzeit noch nicht bekannt. In weiteren Meldungen werden wir zusätzliche Aspekte der Netzzusammenschaltung betrachten, etwa wie viele Basisstationen auf dem Prüfstand stehen, welche Dienste jeweils zu integrieren sind, wie es mit den Frequenzen aussieht, oder was der Betrieb virtueller Anbieter im gemeinsamen Netz bedeutet. Bis dahin finden Sie alle Informationen zur angekündigten Fusion auf einer Übersichtsseite, auf der Sie beispielsweise auch einen RSS-Feed für künftige Meldungen abonnieren können.

Die Meldung zu Frequenzen und Standort-Überlegungen ist mittlerweise ebenfalls online: o2-E-Plus-Fusion: 40 000 Sendestationen müssen auf den Prüfstand.

vorherige Seite:

Mehr zum Thema E-Plus-Übernahme