Aus 2 mach 1

Hintergrund: Wie die o2-E-Plus-Fusion technisch ablaufen könnte

Wie die technische Fusion von o2 und E-Plus ablaufen könnte, beschreibt Mobilfunk-Experte Henning Gajek in diesem Artikel. Ziel ist es, binnen möglichst kurzer Zeit zwei getrennte Netze zu einem neuen zusammen zu legen - und das möglichst störungsfrei für sämtliche Kunden.
Von / Marie-Anne Winter

Die Fusion zweier Mobilfunknetzbetreiber, wie sie Telefónica o2 und E-Plus anstreben, ist eine große technologische und logistische Herausforderung, die es so in Deutschland noch nie gegeben hat. Binnen möglichst kurzer Zeit sollen zwei getrennte Netze zu einem neuen Netz zusammengefasst werden. Dabei soll es für die Kunden in beiden Netzen möglichst keine spürbaren Ausfälle geben und am Ende soll eine bessere Netzabdeckung und Performance erreicht werden, zumindest auf Augenhöhe mit den verbleibenden Mitbewerbern Telekom und Vodafone - oder möglichst noch besser. Für die Zusammenlegung der Netze von o2 und E-Plus müssen zahlreiche technische Probleme gelöst werden. Für die Zusammenlegung der Netze von o2 und E-Plus müssen zahlreiche technische Probleme gelöst werden.
Grafik: teltarif.de

Für dieses Vorhaben gibt es bislang nur wenige Vorlagen. In Europa wäre am ehesten die Fusion von Orange-Österreich (einst als "One" gestartet) und Drei-Österreich (Tochter von Hutchison Whampoa aus Hong Kong) oder in Großbritannien das Projekt EE vergleichbar, wo die Netze von T-Mobile UK und Orange UK zusammengelegt wurden, die unter dem Namen Everything Everywhere (kurz EE) auf dem Markt getreten sind. Abgeschlossen ist die Integration des einstmalig eigenständigen Mobilfunkanbieters "Tele.ring" bei der T-Mobile Austria.

Was auf den ersten Blick einfach erscheinen mag, ist im Detail ziemlich komplex und sowohl in Großbritannien als auch in Österreich längst noch lange nicht abgeschlossen. In beiden Ländern wurde die Variante National Roaming gewählt. Das bedeutet, dass Kunden eines Anbieters A im Netz eines bisherigen Konkurrenten B telefonieren und surfen dürfen, teilweise auch umgekehrt, teilweise sind sogar drei Anbieter - je nach Region - beteiligt. In Österreich können Kunden von Orange teilweise bei den "unbeteiligten" Mitbewerbern Mobilkom A1 oder T-Mobile Austria roamen. In Großbritannien kann man drei Netze im Suchlauf sehen, die eigentlich alle zum gleichen Anbieter gehören, nämlich T-Mobile UK, Orange UK und EE uk.

National Roaming Pionier VIAG Interkom

In Deutschland hat Telefónica o2 mit dem "National Roaming" bereits Erfahrungen sammeln können. Der Vorgänger VIAG Interkom verblüffte zum Netzstart im Herbst 1998 mit einer Dual-IMSI-SIM-Karte, also zwei SIM-Karten in einer. Gab der VIAG-Kunde seine PIN gefolgt von einer 1 ein, war er Kunde des Schweizer Mobilfunkpioniers Swisscom und roamte als solcher in Deutschland, seine VIAG-Interkom-Rufnummer änderte sich aber nicht. Mit diesem Trick konnte er sich in alle deutschen Netze einbuchen, je nach lokaler Verfügbarkeit.

Diese Funktion überzeugte seinerzeit viele Wechselkunden. Die Konkurrenz schwankte zwischen offener Begeisterung und vehementer Ablehnung. Der damalige Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke schwärmte: "Eine geniale Idee, hätte von uns sein können", während der damalige Mannesmann/Vodafone-Chef Jürgen von Kuczkowski sich das Produkt erst von Journalisten erläutern ließ und danach lautstark verkündete: "Das werden wir verhindern!"

Vom Swisscom-Roaming zum D1-Roaming

Die dahinterliegende Technik war komplex und die Kosten höher als gedacht, schließlich stellte VIAG Interkom die kreative Roaming-Lösung überraschend ein und viele Kunden waren verärgert. Als Ersatzlösung wurde für o2-Kunden das Roaming im Netz von T-Mobile D1 (heute Telekom) freigegeben, nicht ganz so luxuriös wie die Swisscom-Lösung, dafür aber mit Handovern und vollautomatisch. Auch dieser pragmatische Ansatz wurde eines Tages für viele Kunden "viel zu früh" beendet. Die geplanten Neubauten eigener o2-Sender waren nämlich noch gar nicht überall erfolgt, betroffene Kunden stürzten in tiefe Funklöcher und waren erneut sauer, außerordentliche Kündigungen bei schlechter oder fehlender Netzversorgung lehnen die Netzbetreiber grundsätzlich ab, nur wer hartnäckig blieb, konnte dann seinen Anbieter wechseln. Auf der folgenden Seite stellen wir Ihnen mögliche Szenarien für die Zusammenschaltung der bisherigen Netze vor.

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