Irreführend

freenet Internet im o2-Netz: Verfügbar - aber ohne Empfang?

Wenn es nach einer Verfüg­bar­keits­abfrage heißt, der Tarif wäre "mit bis zu 100 MBit/s" verfügbar, kann das irre­füh­rend sein: Ein Leser, der die örtli­chen Gege­ben­heiten im Telefónica-Netz kennt, versteht die Welt nicht mehr.
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freenet Internet: Unbrauchbare Infos im Verfügbarkeitscheck freenet Internet: Unbrauchbare Infos im Verfügbarkeitscheck
Bild: freenet Internet
freenet Internet ist in mehr­facher Hinsicht ein inter­essantes Tarif­angebot: Es ist wahl­weise als LTE-Tarif mit 1000 GB oder als DSL-Tarif bestellbar. Und die 1 TB Daten­volumen im LTE-Netz von Telefónica stellen quasi eine unli­mitierte Flat­rate dar, was den Tarif als DSL-Ersatz inter­essant macht.

Doch vor jeder Bestel­lung steht die Verfüg­bar­keits­abfrage. Dass diese beim LTE-Tarif im Telefónica-Netz jedoch mögli­cher­weise völlig unbrauchbar und sogar irre­füh­rend sein kann, musste kürz­lich ein teltarif.de Leser erleben. Wir haben bei freenet nach­gefragt.

Stark abwei­chende Verfüg­bar­keits­anzeigen

Offenbar trug sich der teltarif.de-Leser ernst­haft mit dem Gedanken, seinen Telekom-DSL-Anschluss zu kündigen und statt­dessen freenet Internet mit dem LTE-Tarif im o2-Netz als Haupt-Inter­net­anschluss zu verwenden. Auf der Webseite von freenet Internet machte er daher den Verfüg­bar­keits­check und erhielt dort als Ergebnis: "Das war ein Voll­treffer. Surfen mit bis zu 100 MBit/s...". Mit den vom Leser ange­gebenen Adress­daten erhielten wir exakt dasselbe Ergebnis.

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Bild: freenet Internet
Da der Leser die Netz­situa­tion vor Ort kennt, haben er und wir die Verfüg­bar­keits­abfrage mit seiner Adresse direkt auf der Webseite von o2 wieder­holt. Dort bekommt man dann ein deut­lich detail­lier­teres und abge­stuftes Ergebnis:

  1. nach verfüg­barer Technik (GSM, LTE, 5G)
  2. nach Empfangs­situa­tion (im Freien oder in Gebäuden)
  3. nach Empfangs­stärke (Balken­anzeige)

Mit der Adresse des Lesers erhält man bei Telefónica folgendes Ergebnis:

  • GSM: Ein Balken; sowohl im Gebäude als auch im Freien einge­schränkt
  • LTE: Zwei Balken; im Freien gut, in Gebäuden einge­schränkt
  • 5G: kein Empfang (nicht ausge­baut)

Leser kann nicht mal Test-SIM-Karte akti­vieren

Der Leser und auch wir wunderten uns, warum man bei einem DSL-Ersatz­tarif, der ja mit einem LTE-Router inner­halb des Gebäudes genutzt wird, eine derar­tige Verfüg­bar­keit sugge­riert, wenn bei o2 das Ergebnis lautet, dass LTE in Gebäuden einge­schränkt und im Freien nur mit maximal zwei Balken verfügbar ist. Der Leser wollte der Sache aller­dings noch eine Chance geben und bestellte zunächst direkt bei o2 eine Prepaid­karte, um das Netz zu testen. Seine Beob­ach­tung fasste er wie folgt zusammen:

Ich habe mir (da ich weiß, dass sich der Ort "stolz" als Tele­fonica-freie Zone bezeichnen darf), im Vorfeld trotzdem bei o2 die kosten­lose SIM-Karte besorgt, mit der man 1 Monat lang das hervor­ragende Netz von o2 testen konnte - ohne weitere Verpflich­tung (hoffe ich zumin­dest). Und was soll ich sagen: Mit meinem "Reser­vehandy" Xiaomi 11T konnte ich nicht einmal im Freien mangels Empfang die o2-SIM-Karte über­haupt frei­schalten.
Den kompletten Vorgang kommen­tierte der Leser uns gegen­über folgen­der­maßen:
Ich weiß ja nicht, aber bei mir kommt so ein Gefühl hoch, als dass man bei freenet Internet an jeder Adresse, die in ihrer Daten­bank vorhanden ist, bis zu 100 MBit/s LTE empfangen kann, ob nun Telefónica-Empfang real möglich ist oder nicht. Man muss sich einmal bei so einem Fall wie bei mir die Konse­quenzen vorstellen bei Kunden, die nicht ganz so Technik-affin sind: Jemand will weg von der Telekom. Sieht, dass auch pures Internet mit freenet Internet geht, kündigt seinen alten Telekom-Anschluss und besorgt sich für freenet Internet einen LTE-Router. Und nach ein paar Tagen nach Erhalt des Routers und der SIM-Karte wird er fest­stellen, dass damit weniger als nichts läuft.

Im besten Fall kann er die Kündi­gung bei der Telekom noch stor­nieren; im schlimmsten Fall steht er nach einem Monat mit runter­gelas­senen Hosen da, mit einem neu gebrauchten LTE-Router und mit über­haupt keinem TK-Anschluss mehr.

Die Stel­lung­nahme von freenet

Wir konfron­tierten freenet mit dem Vorfall und fragten, wie es kommt, dass die Verfüg­bar­keits­anzeigen von Telefónica und freenet Internet derart abwei­chen. Wir wollten wissen, warum freenet Internet über­haupt derart unge­naue Ergeb­nisse für den Verfüg­bar­keits­check anzeigt, die nicht hilf­reich sind. Außerdem wollten wir wissen, ob freenet bei der Verfüg­bar­keits­anzeige über­haupt auf die vollen Netz­ver­füg­bar­keits­daten bei Telefónica zugreifen darf. Uns inter­essierte, ob freenet Internet wirk­lich einen Auftrag bestä­tigen und einen Anschluss schalten würde, wenn dem Kunden nur ein einge­schränkter LTE-Empfang im Freien mit zwei Balken zur Verfü­gung steht. Schließ­lich erfragten wir, ab welcher Netz­qua­litäts­stufe freenet Internet einen Auftrag bestä­tigt und einen Anschluss schaltet (z. B. LTE mit mindes­tens vier Balken und Empfang im Gebäude "gut bis sehr gut"). Zu guter Letzt wollten wir wissen, wie oft es vorge­kommen sei, dass Kunden von freenet Internet wegen mangelnder Netz­ver­sor­gung den bereits geschal­teten Anschluss­ver­trag wider­rufen mussten. Hierauf schrieb uns freenet:

Der „Verfüg­bar­keits­check“ bei freenet Internet wurde mit der Inte­gra­tion des DSL-Ange­bots in die App aufge­nommen. Es handelt sich dabei nicht um eine Abfrage der Netz­qua­lität eines Netz­betrei­bers. Viel­mehr dient die Anzeige der Orien­tie­rung des Kunden, welches der beiden freenet Internet Ange­bote für ihn verfügbar und damit mit hoher Wahr­schein­lich­keit auch am besten geeignet sein wird. Sprich, ob für ihn das stabi­lere orts­gebun­dene DSL-Angebot zur Verfü­gung steht oder (sofern das unter Umständen nicht möglich sein sollte) er dann eher auf das (stärker auf die mobile und nicht orts­gebun­dene Nutzung ausge­legte) LTE-Angebot setzen sollte. Wir gehen davon aus, dass dies von der Mehr­heit der Kunden auch so verstanden wird, da uns bislang keinerlei Beschwerden dazu vorliegen, ebenso wie es auch noch nicht zu einem Widerruf aufgrund mangelnder Netz­ver­sor­gung gekommen ist. Sollte dies jedoch der Fall sein, so wird das Unter­nehmen (auch bei einer Lauf­zeit von nur einem Monat) eine indi­vidu­elle Kulanz­lösung finden.
Es empfiehlt sich für Inter­essenten des Tarifs also in jedem Fall, immer parallel dazu die Netz­ver­füg­bar­keit direkt bei Telefónica abzu­fragen, um vor unlieb­samen Über­raschungen bewahrt zu werden.

In einer skur­rilen Pres­semit­tei­lung wirft freenet den Kunden auf Basis einer selbst beauf­tragten Studie ein sorg­loses Verharren in alten Handy-Tarifen vor. Die Wahr­heit ist aber: Damit hat freenet jahre­lang prächtig Geld verdient.

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