Geschwindigkeit

Die Minimal-Bandbreiten der DSL-Anbieter

Der Spielraum zwischen "kann" und "soll"
Von Björn Brodersen

Ein extremer Unterschied zwischen der Bandbreiten-Klasse eines neu bestellten DSL-Anschlusses und der nach Freischaltung des Internetzugangs tatsächlich erreichten Datenübertragungsrate berechtigt den Nutzer unter Umständen zur außerordentlichen Kündigung des Vertrags mit dem DSL-Anbieter. Das hatte im vergangenen Jahr das Amtsgericht Fürth in einem Fall entschieden (wir berichteten). Dass die in der Werbung der DSL-Provider suggerierten Geschwindigkeiten jedoch schon aus physikalischen Gründen in der Praxis fast nie erreicht werden und dass es sich dabei um theoretische Maximalwerte handelt, wissen manche Einsteiger nicht. Die anfängliche Begeisterung über den bestellten Highspeed-Anschluss schlägt später dann schnell in Enttäuschung um. Etliche DSL-Anbieter lassen es inzwischen gar nicht mehr so weit kommen, dass der Kunde die Vertragsauflösung fordert, und gehen vor der Anschluss-Freischaltung auf den Kunden zu.

Deutsche Telekom: Inzwischen "Bandbreiten-Korridor" bei DSL 16000

Die Deutsche Telekom sichert dem Neukunden beispielsweise in den Call&Surf-Paketen in jeder Geschwindigkeitsklasse eine bestimmte Mindestbandbreite zu. Anstelle der früheren fixen Rückfalloption spricht die Telekom inzwischen in ihrer Leistungsbeschreibung zum DSL-16000-Anschluss von einem variablen, sogenannten "Bandbreiten-Korridor", in dem die zu erwartende tatsächliche Bandbreite des zu schaltenden Neuanschlusses zu erwarten sei. Der Spielraum reicht dabei hinab bis zu 6 MBit/s im Downstream und bis zu 576 kBit/s im Upstream. Bei den niedrigeren DSL-Geschwindigkeitsklassen DSL 6000 und DSL 2000 werden weiterhin die fixen Rückfalloptionen von 3 MBit/s bzw. 1,5 MBit/s im Downstream geschaltet, wenn die gewünschte Bandbreite nicht erreicht wird. Nutzer des sogenannten DSL Light surfen sogar mit Datenraten von bis zu 768 kBit/s oder bis zu 384 kBit/s im Downstream.

Die Entscheidung, ob die mögliche niedrigere Bandbreite geschaltet wird, fällt nicht die Telekom sondern der Kunde - schließlich muss er in der Regel den vollen Monatspreis für die ursprünglich bestellte Bandbreiten-Klasse bezahlen. Vorab können Interessenten durch die DSL-Verfügbarkeitsabfrage auf der Website der Telekom schon die Auswahl an verfügbaren DSL-Anschlusspaketen eingrenzen. Anschlusspakete mit nicht realisierbaren Bandbreiten werden dem Nutzer der Verfügbarkeitsabfrage gar nicht angezeigt. Ansonsten informiert die Telekom den Neukunden spätestens mit der Auftragsbestätigung über eine geringere Bandbreite. Online-Bucher genießen dann eine zweiwöchige Widerrufsfrist, in der sie ohne Angabe von Gründen vom Vertrag wieder zurücktreten können.

Vodafone vermarktet zurzeit nur DSL-Komplettpakete mit bis zu 16 MBit/s

Breitband-Dienste fürs Zuhause Breitband-Dienste fürs Zuhause
Foto: Vodafone
Wettbewerber Vodafone definiert in seiner Produktbeschreibung für die Zuhause-DSL-Pakete solche Bandbreiten-Spannen für sämtliche Internetzugänge. Bei einem theoretisch bis zu 16 MBit/s im Downstream schnellen Anschluss müssen demnach mindestens 6 145 kBit/s (bei Regio-Paketen 6 304 kBit/s) realisiert werden, damit der bestellte Anschluss zum entsprechenden Monatspreis bereitgestellt werden kann. Bei einem DSL-6000-Anschluss müssen es mindestens 2 049 kBit/s (bei Regio-Paketen 3 072 kBit/s) im Downstream sein. Zurzeit vermarketet Vodafone im Rahmen einer befristeten Neukunden-Aktion nur DSL-Anschlusspakete mit bis zu 16 MBit/s im Downstream.

Sollte die Mindestbandbreite nicht erreicht werden, kann der Kunde dann vom Vertrag zurücktreten. Um den Kunden aber nicht gleich zu verlieren, bietet Vodafone den Betroffenen die Rückstufung auf einen günstigeren DSL-6000-Anschluss an.

Noch unterschiedliche Regelungen bei HanseNet und o2

HanseNet vertreibt nur DSL-Anschlüsse mit einer Datenrate von bis zu 16 MBit/s im Downstream. Als Mindest-Bandbreite für eine Anschluss-Schaltung und Vertragserfüllung gelten für die Anschlusspakete Alice Light und Alice Fun 384 kBit/s im Downstream. Dabei zeigt HanseNet die prognostizierte Bandbreite in mehreren Stufen an. Die Kunden erfahren dann, ob ihr Anschluss voraussichtlich in dem Bereich zwischen 0,3 und 1,5 MBit/s, zwischen 1,5 MBit/s und 5 MBit/s, zwischen 5 MBit/s und 10 MBit/s oder über 10 MBit/s liegt. Liegt der Anschluss vorraussichtlich in den unteren beiden Bereichen, wird der Kunde nochmals gefragt, ob die Bestellung weitergeführt werden soll (wir berichteten).

o2 setzt nach eigener Aussage auf den direkten Kontakt zum Kunden: Bei geringerer Abweichung der tatsächlichen Bandbreite zur theoretisch maximalen Datenrate in einem DSL-Komplettpaket bietet der Münchener Provider eine kostenfreie Abstufung in den nächstniedrigeren Tarif an, bei großen Unterschieden, die sich technisch nicht beheben lassen, eine Vertragsauflösung. Festgeschriebene Mindest-Bandbreiten finden sich in den AGB des Anbieters nicht. Wer allerdings mit o2 einen DSL-Vertrag über mindestens 24 Monate Laufzeit abschließt, genießt im ersten Monat im Rahmen der "Zufriedenheitsgarantie" ohnehin ein vom Provider gewährtes außerordentliches Kündigungsrecht.

Versatel: Keine garantierte Minimal-Bandbreite

Versatel garantiert in seinen neuen DSL-Komplettpaketen Pure und Plus keine Mindest-Bandbreiten sondern weist auf die die Bandbreite beeinflussenden nutzungsbedingten Faktoren hin. Als Rahmen gibt der überregionale Vollanschluss-Anbieter Datenübertragungsraten von mindestens 256 kBit/s im Downstream und 128 kBit/s im Upstream für beide DSL-Anschlusspakete an. Liegt die verfügbare Bandbreite am Anschluss des Kunden deutlich unter dem theoretisch erreichbaren Maximalwert, muss der Betroffene entweder auf ein Tarif-Downgrade oder auf eine außerordentliche Vertragsauflösung drängen.

1&1 informiert Neukunden bei niedrigen Bandbreiten

1&1 hat sich im Rahmen seines Maßnahmenkatalogs für einen verbesserten Kundenservice zu einer aktiven Umberatung verpflichtet, wenn sich nach der DSL-Anschluss-Bestellung herausstellen sollte, dass die verfügbare Bandbreite wesentlich geringer ist als die gewünschte Bandbreite. Der Kunde wird dann laut 1&1 kontaktiert, über die Situation informiert und erhält die Möglichkeit, in den nächst kleineren Tarif zu wechseln oder den Auftrag zu stornieren. Die Bereitstellung der tatsächlichen Up- und Downstream-Bandbreite erfolgt dabei dynamisch im Rahmen der Spanne zwischen der vom Anbieter beworbenen bzw. vom Kunden gewählten Bandbreite sowie der noch als akzeptabel geltenden Minimal-Bandbreite.

Die Übertragungsgeschwindigkeit von DSL-Anschlüssen hängt einerseits von der Leitungsdämpfung (Länge der Leitung zwischen Haushalt des Kunden und Vermittlungsstelle und ihr Durchmesser) und andererseits von der Netzauslastung des Internet-Backbones, von der Übertragungsgeschwindigkeit der angewählten Server des jeweiligen Inhalteanbieters sowie von den vom Kunden verwendeten Endgeräten und Einstellungen im Heimnetzwerk ab. Unabhängig von den Gründen: Für den Kunden ist es enttäuschend, wenn die beworbenen hohen Datenraten an seinem Anschluss nicht erfüllt werden. Erfreulich ist es, wenn die Anbieter sich dann durch Tarif-Abstufungen oder gar Vertragsauflösungen kulant zeigen und dem Betroffenen Ärger ersparen.

Ein schneller Ausstieg aus dem DSL-Vertrag bei Unzufriedenheit über die gebotene Leistung des Anschlusses besteht bei Providern wie 1&1, congstar, HanseNet und o2. Bei diesen Anbietern können Nutzer auch einen DSL-Vertrag mit einer kurzen Mindestlaufzeit von ein bis drei Monaten abschließen.

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