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Digitalradio DAB+ kommt regional ins Kabel

Zwei bayerische Netzbetreiber wollen ihren Kunden noch in diesem Jahr das terrestrische Digitalradio DAB+ auch im Kabel anbieten. Möglich sind bis zu 125 Programme.
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Foto: Pearl
DAB+-Empfang via Kabel ist eine Alter­na­tive mit vielen Vorteilen für Kabel­kunden sowie klei­nere und mittel­stän­di­sche Netz­be­treiber. Das haben erfolg­reiche Feld­ver­suche in Bayern gezeigt, die jetzt bei einem Fach­ge­spräch in Bayreuth mit Gerä­te­her­stel­lern, Netz­be­trei­bern Sender­ver­tre­tern und Fach­jour­na­listen disku­tiert wurden.

Nach der Digi­ta­li­sie­rung des Breit­band­ka­bels, die in Bayern seit Ende 2018 abge­schlossen ist, kann Radio in vielen Kabel­an­lagen nur noch über einen DVB-C-Receiver oder direkt am Fern­seher empfangen werden. Um eine nutzer­freund­liche Alter­na­tive für den Radio­emp­fang via Kabel zu finden, hat sich eine Arbeits­gruppe aus der Baye­ri­schen Landes­zen­trale für neue Medien (BLM), dem Baye­ri­schen Rund­funk (BR), Bayern Digital Radio (BDR), Tech­nik­dienst­leister TMT sowie den Netz­be­trei­bern Kabel Baumann und M-net gebildet und ein White­paper entwi­ckelt. Das zeigt Lösungen auf, wie DAB+-Radio­pro­gramme aus verschie­denen Signal­quellen aufbe­reitet und in neuen Multi­plexen für die Kabel­ein­spei­sung zusam­men­ge­stellt werden können. Kabel­kunden brau­chen ledig­lich ein handels­üb­li­ches Digi­tal­ra­dio­gerät mit Anten­nen­ein­gang für den Empfang - anders als in der Schweiz, wo DAB+ im Kabel nur mit proprie­tären Geräten außer­halb des herkömm­li­chen Frequenz­be­reichs empfangen werden konnte. Dieses Projekt der Cablecom wurde mangels Inter­esse inzwi­schen wieder einge­stellt.

25 Programme in einem Multi­plex

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Bei der Live-Demo von Kabel Baumann/TMT wurden bis zu 25 Digi­tal­ra­dio­pro­gramme in den Kabel­kanal 13B einge­speist. Wenn fünf Multi­plexe mit jeweils 25 bundes­weiten, landes­weiten und regio­nalen DAB+-Programmen zum Einsatz kommen, könnten via Kabel und Digi­tal­ra­dio­gerät mit Anten­nen­ein­gang also 125 Radio­sender empfangen werden. Eine Lösung, die gerade in stark abge­schirmten Berei­chen wie im Keller den Vorteil einer besseren Signal­qua­lität liefert.

"Radio soll auch in der digi­talen Welt genauso einfach ins Kabel kommen und vom Hörer genutzt werden können wie bis dato UKW", beschrieb Reiner Müller, BLM-Bereichs­leiter Technik, das Ziel des Projektes "DAB+ im Kabel". In seiner Einfüh­rung hatte er zuvor den aktu­ellen Stand der DAB+-Verbrei­tung in Europa, Deutsch­land und Bayern erläu­tert. Danach stehen in Bayern bis Mitte 2019 alle privaten und öffent­lich-recht­li­chen Hörfunk­an­ge­bote in insge­samt neun regio­nalen DAB+-Netzen terres­trisch zur Verfü­gung.

Dieses Mehr an Radio­pro­grammen in besserer Qualität nun auch im Kabel zu verwirk­li­chen und damit "Radio­hören so einfach wie möglich zu machen", sieht auch Martin Hafner vom Baye­ri­schen Rund­funk als wich­tigste Vorteile für die Nutzer. "Der Weg zu DAB ist unum­kehrbar." Mit dem gemein­samen Netz­ausbau für den terres­tri­schen Empfang und dem Einsatz für DAB+ im Kabel hätten BR und BLM auf das rich­tige Pferd gesetzt. BDR-Geschäfts­führer Johannes Trott­berger betonte, dass das Hörfunk­an­gebot bezogen auf die orts­üb­lich empfang­baren Radio­pro­gramme im Kabel mit DAB+ erheb­lich größer ist als dies bei UKW der Fall ist bzw. war.

40 von 100 Digi­tal­radio-Modelle sind "kabel­fähig"

Genü­gend Digi­tal­ra­dios dafür sind bereits vorhanden, wie Robert Lüne­berger vom Gerä­te­her­steller Tech­niSat bestä­tigte. Von 100 DAB+Gerä­te­mo­dellen wären 40 bereits mit einem Anten­nen­ein­gang ausge­stattet, über den das Empfangs­gerät mit der Kabel­an­schluss­dose verbunden werden kann. Damit sei dann weder ein DVB-C-Receiver noch ein Extra­gerät für den Radio­emp­fang via Kabel notwendig, betonte Peter Maisel vom Tech­nik­dienst­leister TMT, der die Lösung für den Feld­ver­such in den Netzen von Kabel Baumann entwi­ckelt hat. Die Kosten für ein entspre­chendes Modul­system zur Zusam­men­stel­lung der Multi­plexe bezif­ferte er auf 5.000 bis 10.000 Euro.

Es gibt also eine Viel­zahl an Endge­räten, den Wunsch der Kabel­kunden nach einer einfa­chen Empfangs­lö­sung und die Chance für Kabel­netz­be­treiber mit 5.000 bis 20.000 Wohn­ein­heiten, ihren Kunden so etwas zu bieten. "Warum sollten wir diese Chance nicht ergreifen? Zufrie­dene Kunden sind dauer­hafte Kunden", begrün­dete Stephan Engel von Kabel Baumann die Betei­li­gung am Feld­ver­such in Bayreuth. Im zweiten Halb­jahr 2019 soll das Produkt den Kabel­kunden ange­boten werden. Möglich wären laut Engel drei Multi­plexe mit 75 Programmen. Auch Netz­be­treiber M-net, der in Vils­bi­burg bereits einen Test gestartet hat, will seinen Kunden Digi­tal­ra­dio­emp­fang via Kabel ermög­li­chen.

Welche regio­nalen Programme einge­speist werden, entscheidet letzt­lich der Netz­be­treiber. Doch offenbar "spielt Hörfunk im Kabel für den Endver­brau­cher eine wich­tige Rolle", so das Fazit von Reiner Müller. Die erfolg­rei­chen Feld­ver­suche in Bayern sind also ein Projekt, das auch in anderen Bundes­län­dern Schule machen kann.

Voda­fone und Unity­media haben kein Inter­esse

Die großen Kabel­netz­be­treiber zeigen bislang kein Inter­esse für DAB+ im Kabel. Voda­fone benö­tigt den Frequenz­be­reich laut eigenen Angaben für Breit­band-Internet (Docsis 3.1), Unity­media will auch in Zukunft analogen Hörfunk über UKW anbieten.

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