Bundesverfassungsgericht

Urteil: Der Rundfunkbeitrag ist keine Steuer

Der Rundfunkbeitrag ist weitgehend mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe kippte in seinem heutigen Urteil allerdings die Regelung für Zweitwohnungen. Hier muss der Gesetzgeber nun nachbessern.
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Das Bundesverfassungsgericht verhandelte über den Rundfunkbeitrag Das Bundesverfassungsgericht verhandelte über den Rundfunkbeitrag
Foto: dpa
Die Rundfunk­beitrags­pflicht ist im privaten und im nicht privaten Bereich im Wesentlichen mit der Verfassung vereinbar. Mit dem allgemeinen Gleichheits­satz nicht vereinbar sei allerdings, dass auch für Zweit­wohnungen ein Rund­funk­beitrag zu leisten ist. Dies hat der Erste Senat des Bundes­ver­fassungs­gerichts mit seinem Urteil vom heutigen Tage auf die Verfassungs­beschwerden dreier beitrags­pflichtiger Bürger und eines Unternehmens entschieden und die gesetzlichen Bestimmungen zur Beitrags­pflicht für Zweit­wohnungen für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt. Hierzu hat das Gericht den zuständigen Landesgesetzgebern aufgegeben, insofern bis zum 30. Juni 2020 eine Neuregelung zu treffen

Gericht stellt klar: Rundfunkbeitrag ist keine Steuer

Das Bundesverfassungsgericht verhandelte über den Rundfunkbeitrag Das Bundesverfassungsgericht verhandelte über den Rundfunkbeitrag
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Nach dem Urteil steht das Grundgesetz "der Erhebung von Beiträgen nicht entgegen, die diejenigen an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung beteiligen, die von ihr potenziell einen Nutzen haben", heißt es in der Urteilsbegründung. Beim Rundfunkbeitrag liegt dieser Vorteil in der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können. Auf das Vorhandensein von Empfangsgeräten oder einen Nutzungswillen kommt laut den Karlsruher Verfassungsrichtern es nicht an. Die Rundfunk­beitrags­pflicht darf im privaten Bereich an das Innehaben von Wohnungen anknüpfen, da Rundfunk typischerweise dort genutzt wird. Inhaber mehrerer Wohnungen dürfen für die Möglichkeit privater Rundfunknutzung allerdings nicht mit insgesamt mehr als einem vollen Rundfunkbeitrag belastet werden, so das Gericht.

Für die Regelungen zur Erhebung des Rundfunkbeitrags haben die Länder die Gesetzgebungskompetenz, da es sich beim Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer, sondern um einen Beitrag im finanz­verfassungs­rechtlichen Sinn handelt, der für die potenzielle Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung, die Möglichkeit der Rundfunknutzung, erhoben wird. Die Kompetenz für die Erhebung solcher nicht steuerlicher Abgaben wird von derjenigen für die jeweilige Sachmaterie - hier der Länderkompetenz für den Rundfunk - umfasst.

Auch die übrige Ausgestaltung des Beitrags von derzeit monatlich 17,50 Euro pro Wohnung zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sei demnach rechtens.

Klagen überwiegend erfolglos

So seien auch die von Unternehmen abzuführenden Beiträge mit dem Grundgesetz vereinbar, erklärte Vizepräsident Ferdinand Kirchhof. Drei Verfassungsbeschwerden von Privatpersonen und die des Autovermieters Sixt waren damit überwiegend erfolglos. Unternehmen bezahlen somit weiter für jede Filiale einen Beitrag, dessen Höhe von der Beschäftigtenzahl abhängig ist. Außerdem muss für gewerblich genutzte Kraftfahrzeuge ein Rundfunkbeitrag abgeführt werden.

Der Rundfunkbeitrag wird seit 2013 pro Wohnung erhoben und ist nicht mehr wie die zuvor erhobene Gebühr an ein Empfangsgerät wie einen Fernseher oder ein Radio gebunden. Der Rundfunkbeitrag ist die wichtigste Einnahmequelle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Im vergangenen Jahr flossen knapp acht Milliarden Euro an ARD, ZDF und Deutschlandradio.

ARD und ZDF begrüßen Urteil

Der ARD-Vorsitzende und Intendant des Bayerischen Rundfunks, Ulrich Wilhelm, hat das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts begrüßt: "Dieses Urteil bestätigt den konsequenten Weg des Gesetzgebers, die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland zeitgemäß fortzuentwickeln."

Der ARD-Vorsitzende wies zudem darauf hin, dass dieses Urteil neben der Finanzierungsfrage auch wichtige Feststellungen zur Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks enthält. Das Gericht habe in seiner Urteilsbegründung den verfassungsmäßigen Auftrag vollumfänglich bestätigt: "Das Bundesverfassungsgericht hat hervorgehoben, dass die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im digitalen Zeitalter wächst. Seine Aufgabe, durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen ein vielfaltssicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht zu bilden, wird umso wichtiger, je mehr die Digitalisierung der Medien voranschreitet. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk trägt zu inhaltlicher Vielfalt bei, wie sie allein über den freien Markt nicht gewährleistet werden kann." Wilhelm weiter: "Dies ist ein wichtiger Tag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dessen Bedeutung im digitalen Zeitalter nicht ab-, sondern zunimmt." Der ARD-Vorsitzende betonte, dass der Korrekturbedarf des Gerichts nicht die Grundanlage des Rundfunkbeitrags betreffe, sondern nur den Einzelaspekt der Zweitwohnungen: "Im Hinblick auf die Beitragsgerechtigkeit begrüßen wir diese Entscheidung - auch wenn das voraussichtlich einen höheren Verwaltungsaufwand zur Folge hat und Angaben zu Zweitwohnungen erhoben werden müssen. Hier muss der Gesetzgeber nun nachjustieren."

Auch das ZDF begrüßt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Rundfunkbeitrag. "Das Urteil der Karlsruher Richter bestätigt im Kern, dass der Rundfunkbeitrag ein angemessenes und verfassungskonformes Finanzierungsmodell für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist", sagt ZDF-Intendant Dr. Thomas Bellut. "Auch wenn es in einem Detail bei der Beitragsbemessung für Zweitwohnungen noch eine Anpassung geben muss - es ist gut, dass über die Zulässigkeit des Beitrags jetzt höchstrichterliche Rechtsklarheit besteht."

Während sich ARD, ZDF und Deutschlandradio das Urteil des Bundes­verfassungs­gerichts begrüßen, zeigen sich die Gegner der Abgabe enttäuscht.

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