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Asylbewerber: Darf das Smartphone durchsucht werden?

Reist ein Asylbewerber ohne Ausweis nach Deutschland ein, dürfen die Behörden laut Aufenthaltsgesetz sein Smartphone durchsuchen - ist das wirklich so einfach? Ein Rechtsanwalt klärt auf.
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Handys von Asylbewerbern durchsuchen - die Rechtslage Handys von Asylbewerbern durchsuchen - die Rechtslage
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Viele Asylbewerber reisen nach Deutschland ohne Papiere ein, die eine klare Auskunft über die Herkunft des Flüchtlings geben. In vielen Fällen wird von den Behörden daraufhin das Smartphone des Asylbewerbers nach verwertbaren Informationen durchsucht. Rechtsanwalt Christian Solmecke klärt darüber auf, ob das grundsätzlich immer zulässig ist.

Laut Solmecke kann es viele Gründe dafür geben, dass ein Flüchtling ganz ohne Papiere in Deutschland eintrifft. Ein Grund seien beispielsweise die "dramatischen Situationen in den Herkunftsländern", aber auch die Umstände auf der Flucht. Andere Asylbewerber wollen laut der Einschätzung des Anwalts ihre Identität für sich behalten, weil sie Angst haben. Oder dem Flüchtling sei von einer Schlepperbande empfohlen worden, den Ausweis zu zerstören, da man damit eine höhere Chance auf Asyl in der Europäischen Union hätte. Es gebe "auch immer wieder Fälle", in denen geflohene Personen Täuschungsversuche unternehmen würden "und schlicht Lebensgeschichten und Identitäten erfinden", um in Deutschland Asyl zu bekommen. Ist die Durchsuchung des Handys dann grundsätzlich immer erlaubt?

Dies schreibt das Aufenthaltsgesetz vor

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In seinem Artikel zur rechtlichen Situation [Link entfernt] erläutert Solmecke, dass diese Frage auf der einen Seite momentan zwar medial heiß diskutiert wird, dass sie aber andererseits bereits im deutschen Aufenthaltsgesetz (AufenthG) geregelt ist.

Der Anwalt zitiert den § 48 AufenthG, in dem zwar nicht explizit Handys, aber immerhin "Datenträger" erwähnt werden, die der Flüchtling "auf Verlangen vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen" hat, wenn er keinen gültigen Pass oder Passersatz besitzt. Laut dem Gesetz können "er und die von ihm mitgeführten Sachen durchsucht werden", wenn "der Ausländer seiner Verpflichtung" nicht nachkommt. Der Ausländer hat laut dem Gesetz "die Maßnahme zu dulden".

Problem: "Kernbereich privater Lebensgestaltung"

Der Paragraf schränkt die Erlaubnis zur Durchsuchung allerdings selbst gleich wieder ein: "Die Auswertung von Datenträgern ist nur zulässig, soweit dies für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers und für die Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat [...] erforderlich ist und der Zweck der Maßnahme nicht durch mildere Mittel erreicht werden kann." Die Maßnahme sei unzulässig, wenn "durch die Auswertung von Datenträgern allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden". Die Auswertung der gesammelten Handy-Daten darf übrigens nur durch eine Person vorgenommen werden, die die Befähigung zum Richteramt besitzt.

Und auf diesen Aspekt des "Kernbereichs privater Lebensgestaltung" geht Anwalt Solmecke noch etwas detaillierter ein. Eine Auswertung dieser Daten sei "ein verfassungsrechtlich unzulässiger Eingriff" und auch "immer" eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Insbesondere dann, wenn der Flüchtling bei seiner Identitätsfeststellung nicht mitgeholfen habe, können die Behörden laut dem Anwalt beispielsweise Adressdaten im Handy, gespeicherte Verbindungsdaten oder Reiseunterlagen auf dem Handy-Speicher verwerten.

Laut Solmecke wäre eine Auswertung gesetzlich immer dann nicht zulässig, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass auf dem Handy-Speicher ausschließlich Informationen aus dem Kernbereich der privaten Lebensgestaltung gespeichert sind. Doch der Anwalt stellt die Frage, wie die Behörden das vor einer Auswertung überhaupt herausfinden könnten. Solmecke verweist auch hier auf das Gesetz: Würde man immer von ausschließlich privaten Daten auf dem Handy ausgehen, würde es nie eine Durchsuchung geben. Und deswegen regele das Gesetz, dass bei einer Durchsuchung nur die erforderlichen Daten verwendet werden dürfen, private Daten dürfen nicht ausgewertet und müssen gelöscht werden.

Weiteres Problem: Flüchtling entsperrt das Handy nicht

Solmecke weist abschließend darauf hin, dass es außer der juristischen Fragestellung auch noch eine ganz praktische gibt: Die Behörden werden bei einer Durchsuchung des Handys darauf angewiesen sein, dass der Flüchtling immerhin insoweit mitarbeitet, dass er das Handy entsperrt, wenn es mit einem Code, einer PIN oder einer Entsperrgeste gesichert ist. Denn ohne PIN sei ein Knacken der Handy-Verschlüsselung heutzutage kaum noch möglich.

Der Anwalt verweist in diesem Zusammenhang nochmals auf die Fälle, in denen das FBI in den USA Apple zur Entsperrung von iPhones mutmaßlicher Terroristen zwingen wollte. Sinn oder Unsinn derartiger Maßnahmen haben wir bereits in unserem Editorial: Apple gegen die USA kontrovers diskutiert.

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