Treuevorteil?

Editorial: Ein Treuevorteil ohne Vorteil

E-Plus Treuerabatt: Nur bei "Tariftreue", voller Rabatt erst im Jahr 2016
Von Marc Kessler

E-Plus hatte am 29. Juli per Pressemitteilung angekündigt: "Treue Kunden telefonieren automatisch günstiger." Und: "Je nach Dauer der Tariftreue bis zu 40 Prozent Rabatt auf die monatlichen Fixkosten." Hört sich erst einmal gut an. Der bislang zufriedene (Stamm-) Kunde hätte nach der besagten Ankündigung also eigentlich erwarten dürfen, dass der Treuerabatt auf seine bisherige Vertragsdauer - sprich: Treue zum Unternehmen E-Plus - angerechnet werden würde.

Nur "Tariftreue" wird belohnt

Doch weit gefehlt: Einerseits beginnt der Grundpreis-Rabatt frühestens ein Jahr nach der notwendigen telefonischen Registrierung (Kurzwahl 22004, seit 01.08. möglich) für das Treue-Programm, andererseits wird der beworbene maximale Rabatt von 40 Prozent erst nach sieben Jahren erreicht. Die Registrierung selbst ist zudem erst nach sieben Monaten Vertragslaufzeit möglich.

Und noch ein Pferdefuß: Wer zwischendurch den Tarif wechselt, bekommt gar nichts, denn E-Plus hat hier einen weiteren Begriff eingeführt: die Tariftreue. Nur wer in seinem bisherigen Tarif bleibt, erhält den Rabatt. Das sind zehn Prozent nach einem Jahr, 20 Prozent nach zwei Jahren, 30 Prozent nach fünf Jahren und schließlich die beworbenen 40 Prozent nach sieben Jahren. Ansonsten heißt es schlicht: "Bei Tarifwechsel verfällt der Anspruch auf den Treuevorteil."

Ab dem Registrierungszeitpunkt "wird der Vertrag immer wertvoller", lobt E-Plus den versprochenen Rabatt als echten Mehrwert für den Kunden. Doch Hand aufs Herz: Wer angesichts von tendenziell immer weiter sinkenden Entgelten heute einen Mobilfunkvertrag abschließt, wird in drei, fünf oder gar sieben Jahren mit hoher Sicherheit weit mehr Geld durch einen Tarif- oder Anbieterwechsel sparen, als durch den vermeintlich wertvollen Treuerabatt des grünen Mobilfunkers aus Düsseldorf.

Maximaler Rabatt bei heutigem Vertragsschluss erst im Jahr 2016

Gängige Privatkundenangebote von E-Plus wie Zehnsation oder Time&More All in 150 Web kosten derzeit 10  Euro pro Monat. So spart ein Zehnsations-Kunde, der heute einen Vertrag abschließt, nach 19 Monaten (sieben Monate Wartezeit und zwölf Monate "Tariftreue") gerade einmal einen Euro pro Monat. Den maximalen Rabatt von vier Euro pro Monat (sprich: 40 Prozent) erhält er dann im März 2016 - ein wirklich flottes Modell, das E-Plus hier konstruiert hat.

Viel Bürokratie und auch nur auf Anfrage

Als wäre der geringe Anreiz für "treue Kunden" nicht schon niedrig genug, erschwert E-Plus die Inanspruchnahme des Rabattmodells auch noch dadurch, dass eine Registrierung erst ab dem siebten Vertragsmonat erfolgen kann und nur für E-Plus selbst, nicht aber für Base, vybemobile, ay vildiz, den Aktionstarif Time&More All in 1000 für 39,99 Euro sowie alle Geschäftskundentarife gilt. Außerdem soll der Treuevorteil laut E-Plus Vertriebspartner-News "nur reaktiv, auf Anfrage des Kunden kommuniziert werden."

Bleibt die Frage: Wozu das alles? Selbst als Marketinginstrument gerät der E-Plus Treuevorteil zum peinlichen Angebot ohne echten Mehrwert. Wozu einen Treuevorteil, den eigentlich niemand braucht und der eigentlich gar nicht kommuniziert werden soll?

Fakt ist: Viele langjährige E-Plus-Kunden fühlen sich durch das vorgestellte Modell schlicht vor den Kopf gestoßen. Sie beklagen, dass E-Plus besser die langjährige Treue zum Unternehmen belohnt hätte, als sich an eine Tarifbindung zu klammern und erst ab dato in sieben Jahren einen Grundgebühr- bzw. Paketpreis-Rabatt einzuräumen, der einen zu diesem Zeitpunkt sicher überholten Tarif dann auch nicht mehr besser machen dürfte.

Fazit: Idee gut, Ausführung verbesserungswürdig

Im Fazit muss man E-Plus zumindest zugestehen, dass der Grundgedanke eines Rabatts für treue Kunden sicher positiv zu sehen ist. Doch sollte man sich in Düsseldorf ernsthaft überlegen, ob es nicht vielmehr darum gehen sollte, einen Kunden langfristig an das Unternehmen zu binden. Die kategorisch verlangte "Tariftreue" müsste diesem Gedanken folgend also ersatzlos gestrichen werden. Daneben wünschen sich viele - wenn nicht die meisten - langjährigen Bestandskunden auch eine Honorierung ihrer "historischen Treue" zum Unternehmen E-Plus. Hier sollte den Marketingexperten des Netzanbieters bewusst sein, dass viele Kunden auch aus emotionalen Gründen bei "ihrem" Unternehmen bleiben und bleiben wollen.

Warum also nicht ein einfaches Modell, das den Kunden nach der Dauer seiner Vertragslaufzeit (und damit Zugehörigkeit zu E-Plus) belohnt? Selbst wenn es nicht die plakativ vorgetragenen 40, sondern "nur" 25 oder 30 Prozent nach sieben Jahren wären - die meisten Kunden könnten sich mit solch einem einfachen wie gleichermaßen fairen Modell sicher arrangieren. "KISS - Keep it short and simple", heißt es im Medienbereich oft. Also E-Plus, übernehmen Sie.

Update

E-Plus lässt nun offenbar minimale Kulanz in Hinsicht auf die "Tariftreue" walten. Mehr dazu lesen Sie in einer weiteren Meldung.

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