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Editorial: Getrennte Richtungen

Während alles andere teurer wird, sinken die Telekommunikationspreise weiter
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Das einzige, was "beim Aldi" in den letzten Monaten günstiger wurde, war der Minutenpreis für mobile Telefonate mit Aldi Talk. Für Anrufe zu anderen Nutzern dieser Karte rutschte der Preis um 25 Prozent, und Telefonate zu anderen Anschlüssen wurden immer noch um beachtliche sieben Prozent günstiger. Diese Preissenkung folgt nur ein Jahr nach einem vergleichbaren Schritt.

Die anderen Preise kennen hingegen im Einzelhandel derzeit nur eine Richtung: stark aufwärts. Während die von praktisch allen Supermärkten vorgenommene Preiserhöhung für Milch und Milchprodukten im vergangenen Spätsommer noch einen bundesweiten Aufruhr in den Medien nach sich zogen, sind seitdem viele weitere Warengruppen gefolgt, und das mit zunehmend geringerem Medienecho. Es scheint so, als ob die Verbraucher sich auch an steigende Nahrungsmittelpreise gewöhnen. Im Energiebereich (Strom, Benzin, Gas, Heizöl etc.) kennen die Preise ja seit Jahren nur eine Richtung: aufwärts.

Wirtschaftsmagazine nennen immer wieder dieselben Gründe für diese Entwicklung: Das Wirtschaftswunder in Asien, allen voran in China, sorgt für zusätzliche Konsumenten, die knappe Güter wie Erdöl oder Nahrungsmittel auf den Weltmärkten nachfragen. Und wenn ein Bauer die Wahl hat, seine Milch von seiner Stammmolkerei abholen zu lassen oder für ein paar Cent pro Liter mehr von einem Milchpulverwerk, das seine Produkte in die weite Welt exportiert, dann wird er die paar Cent extra natürlich nicht ausschlagen. Folglich muss dann auch die Molkerei die Preise für die Erzeuger anpassen.

Mit Sicherheit nutzen aber auch die Einzelhändler die Gelegenheit. Wenn ein Preisaufschlag bei einem Grundnahrungsmittel unvermeidbar ist, dann werden nicht nur ein oder zwei Cent extra berechnet, sondern gleich zehn oder zwanzig. Die Folge: Wer seine Nahrunsmittel beim Discounter einkauft, spürt aktuell eine viel größere Preiserhöhung als die vom Statistischen Bundesamt gemeldeten knapp drei Prozent.

Effizienzsteigerungen in der Telekommunikation

Bleibt die Frage, warum Telefon und Handy dennoch günstiger werden. Die einfache Antwort: Der weiterhin rasante technische Fortschritt in der Halbleiterelektronik macht Endgeräte und Netzkomponenten bei gleicher Leistungsfähigkeit immer günstiger oder steigert bei gleichem Preis die Leistungsfähigkeit erheblich. Folglich können die Kunden mehr telefonieren, ohne dass dieses die Anbieter mehr kostet.

Zu dem Preis, zu dem man vor zwei Jahren ein UMTS-Handy mit Megapixel-Kamera bekam, sind heute der UMTS-Turbo HSDPA und mehrere Megapixel drin. Unterdessen erreichen UMTS-Handys preislich das Einstiegssegment mit Endpreisen von unter 100 Euro.

Die gegenläufigen Trends, insbesondere steigende Energie- und Personalkosten, spüren die Tk-Unternehmen zwar auch. Dennoch dürften sich diese in den nächsten Jahren noch kompensieren lassen. So haben alle Elektronik-Hersteller die Zeichen der Zeit erkannt und bemühen sich bei ihren Produkten um Energieeffizienz. Neue Vermittlungsanlagen oder Basisstationen enthalten also nicht nur mehr Kanäle als ihre Vorgänger, sondern benötigen auch pro Kanal weniger Strom.

Am schwierigsten ist die Kompensation bei den Personalkosten, wie Nokia gerade lernen muss. Dort, wo Service besonders wichtig ist, werden die Preise folglich am ehesten steigen. Im Massenmarkt wird der Service hingegen zunehmend abgebaut werden - und die Preise weiter rutschen.

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