Ungleichverteilung

Editorial: Alles für einen

Apple macht zehnmal mehr Gewinn als die weiteren Smartphone-Hersteller zusammen. Kann das auf Dauer gut gehen? Oder wird das zu Verwerfungen führen? Droht eine Monopolisierung?
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Apple macht zehnmal mehr Gewinn als die weiteren Smartphone-Hersteller zusammen. Apple macht zehnmal mehr Gewinn als die weiteren Smartphone-Hersteller zusammen.
Bild: teltarif.de / Rita Deutschbein
92 Prozent des Gewinns, den alle Smartphonehersteller zusammen weltweit erlösen, streicht ein einziges Unternehmen ein: Apple. Weit abgeschlagen folgt Samsung mit 15 Prozent. Alle anderen decken gerade so die Kosten oder machen Verluste und erreichen so zusammen minus sieben Prozent des Gesamtgewinns. Das berichtete das Wall Street Journal vor zwei Wochen, wobei es sich auf Mike Walkley, den Managing Director der Investment Bank Canaccord Genuity, bezog.

Nach Stückzahlen ist Samsung mit Abstand die Nummer 1, doch beim Umsatz und erst recht beim operativen Gewinn pro Smartphone liegt Samsung deutlich hinter Apple zurück. Während letztere nur hochpreisige Smartphones im Programm haben, bietet Samsung auch zahlreiche Geräte mit einem deutlich niedrigeren Preisschild an. Zwar geht auch Samsung den ruinösen Preiskampf im untersten Preissegment nicht mit. Dennoch sinken Samsungs Erträge aus der Smartphone-Sparte unterm Strich nun schon seit sieben Quartalen in Folge. Die Ursachen sind schnell aufgezählt: Am unteren Preisende kann sich Samsung nur geringen Abstand zu den Kampfpreisen der Konkurrenz leisten, wenn sie die eigenen Verkaufszahlen nicht allzusehr gefährden wollen. Und von den margenstarken top-Modellen der Serien Galaxy S und Galaxy verkauft Samsung bei weitem nicht genug, um beim Ertrag mit Apple mithalten zu können.

Branchenweite Ertragsschwäche gut für Smartphone-Käufer

Für Smartphone-Käufer ist die - mit Ausnahme Apples - branchenweit zu beobachtende Ertragsschwäche der Smartphone-Hersteller derzeit eine gute Nachricht. Bedeutet sie doch, dass sie letztendlich das bestmögliche Smartphone für den bezahlten Kaufpreis bekommen, weil die Unternehmen die erzielten Einnahmen eben nicht in die eigene Tasche stecken, sondern die erzielten Umsätze für Löhne und Gehälter der Arbeiter und Entwickler, für Fabriken und Materialeinkauf und andere produktbezogene Kosten aufwenden.

Andererseits bedeutet die Ertragsschwäche, dass die Hersteller keine Rücklagen bilden können. Wer gerade so im Wirtschaftsjahr eine "schwarze Null" erreicht, macht natürlich mit der Smartphone-Produktion weiter. Aber es lassen sich mit null Gewinn natürlich keine Rücklagen aufbauen, um mal eine wirtschaftliche Durststrecke zu überwinden oder eine unternehmerische Fehlentscheidung (z.B. das Verschlafen von Trends oder eine falsche Modellpolitik) auszugleichen.

Die Liste der Handy- und Smartphone-Hersteller, die schon mal unter den Top-Herstellern waren und dann jäh abstürzten, ohne sich je wieder richtig zu erholen, ist lang: Ericsson, Siemens (nach der 45er Serie), Nokia (nach den Symbian-Smartphones) oder Motorola (nach dem RAZR). So lange die Verbraucher es akzeptieren, ggfls. zu einem neuen Hersteller zu wechseln, wenn der bisher genutzte strauchelt, so lange ist die Ertragsschwäche für sie erstmal kein Problem.

Bleibt die Frage nach der Gefahr der Monopolisierung: Wenn alle sich gegenseitig mit Tiefstpreisen vom Markt werfen, besteht dann die Gefahr, dass kein Hersteller außer Apple mehr übrig bleibt und alle die teuren iPhones kaufen müssen? Wohl kaum. Aller Schwierigkeit des Geschäfts zum Trotz hat sich in den letzten Jahren die Zahl der Smartphone-Hersteller eher erhöht als reduziert. Dank standardisierter Komponenten ist die Entwicklung von Smartphones über die Jahre eher einfacher als komplizierter geworden. Und den Auftragsfertigern in China ist es auch egal, wessen Logo am Ende auf dem Gehäuse prangt.

Nur Apple kann sich leisten, alles auf ein Gerät zu setzen

Apple macht zehnmal mehr Gewinn als die weiteren Smartphone-Hersteller zusammen. Apple macht zehnmal mehr Gewinn als die weiteren Smartphone-Hersteller zusammen.
Bild: teltarif.de / Rita Deutschbein
Die Ausnahme von den vorgenannten Regeln ist Apple: Sie haben aufgrund der hohen Gewinne so viele Rücklagen, dass sie es locker wegstecken könnten, würden sie eine oder gar zwei iPhone-Generationen in Folge richtig verpatzen und die Verkaufszahlen einbrechen. Sie würden die Fehler analysieren und mit dem vollen Team weiter am Produkt arbeiten, bis es wieder passt. Genau wegen des langen finanziellen Atems kann Apple es sich auch leisten, lediglich ein Modell anzubieten. Anders als die anderen Hersteller sind sie nicht darauf angewiesen, ggfls. Verluste bei Modell A mit besseren Zahlen bei Modell B auszugleichen. Die kleine Modellpalette reduziert die Kosten für Entwicklung, Service und Marketing und maximiert so die Gewinne Apples weiter.

Aktuell will Microsoft/ex Nokia dem Apple-Vorbild folgen, und die Lumia-Modellpalette künftig deutlich ausdünnen. Das Konzept kann aufgehen, aber nur, wenn Microsoft wirklich bereit ist, den auf die Ausdünnung zu erwartenden weiteren Rückgang der Marktanteile hinzunehmen und die Smartphone-Entwicklungsabteilung dennoch weiterhin personell so stark ausstattet, dass sie Geräte entwickeln können, die besser sind als die der Konkurrenz. Wenn es dann noch dem Marketing gelingt, diese Vorteile den Kunden zu kommunizieren, dann geht es auch wieder nach oben. Der Weg zum Erfolg ist alles andere als einfach. Die Verbraucher haben ihre Smartphones täglich im Einsatz. Schwächen werden in den zwei Jahren, bis im Schnitt der nächste Smartphone-Kauf ansteht, gnadenlos enttarnt. Entsprechend schwer ist es, an der Spitze zu bleiben.

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