Iliad-Gruppe kauft 2,5 Prozent der Vodafone-Gruppe
Die französische Iliad Gruppe ist hierzulande weniger bekannt. Sie gehört dem Multimilliardär Xavier Niel, der in Frankreich einen Tiefstpreis-Discounter für Internet (Festnetz) und Mobilfunk unter der Marke "Free" aus dem Boden stampfte, in der Schweiz den dritten Anbieter "Salt" (vormals Orange Suisse) kaufte und sofort verschlankte. Jetzt hat sich Niel einen Anteil an der weltweiten Vodafone Group gekauft. Eigentlich wollte er ja Vodafone Italien komplett übernehmen, das fand aber der Vodafone Vorstand unter Nick Read "nicht gut für die Aktionäre".
Das berichtet unter anderem die englische Nachrichtenseite Lightreading unter Berufung auf den Wirtschaftsnachrichtendienst Reuters.
2,5 Prozent für 864 Millionen
Den Namen sollte man sich merken: Xavier Niel, Besitzer der Free Gruppe aus Frankreich, hat sich für 864 Millionen Euro 2,5 Prozent von Vodafone gekauft.
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Das nur Insidern bekannte Finanz-Unternehmen Atlas Investissement, die zur oben erwähnten Iliad-Gruppe gehört, hat heute eine Beteiligung von etwa 2,5 Prozent an der Vodafone Group erworben, wie Atlas heute selbst bekannt gab.
Als Grund wird genannt, "die Breitbandentwicklung in Deutschland und anderen Regionen zu beschleunigen". Um sich ungefähr eine Vorstellung machen zu können: Dieser Anteil ist umgerechnet rund 864 Millionen Euro wert. Würde man alle Aktien der Vodafone Group kaufen, müsste man an der Börse aktuell "nur" 34,6 Milliarden Euro ausgeben.
Trennung von Infrastruktur
Atlas Investissement erklärt dazu, es gäbe "Möglichkeiten, sowohl die Rationalisierung der Präsenz von Vodafone als auch die Trennung seiner Infrastrukturanlagen zu beschleunigen, die Kosten weiter zu senken, die Rentabilität zu verbessern, die Breitbandentwicklung in Deutschland und anderen Regionen zu beschleunigen und den Fokus auf Innovation zu verstärken".
Soll Vodafone sein Netz verkaufen?
Diese Aussagen muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Iliad fordert Vodafone auf, seine Netze zu verkaufen ("Trennung der Infrastrukturanlagen") und gleichzeitig die Breitbandentwicklung in Deutschland zu beschleunigen. Das kann doch nur bedeuten, dass man einen Käufer für das Netz sucht, der es dann zum Spottpreis an Vodafone zurückvermietet, und am Ende soll sich das für alle Beteiligten auch noch rechnen.
Hintergründe zu Iliad
Das Unternehmen Iliad wurde Anfang der 1990er Jahre gegründet. Dazu gehören die Discountanbieter "Free" in Frankreich, Iliad in Italien und Play in Polen. Iliad hat rund 15.000 Angestellte, die sich um 41 Millionen Kunden kümmern müssen. In Frankreich alleine zählt Iliad etwa 13,7 Millionen Mobilfunk- und etwa 7 Millionen Festnetzkunden. In Italien waren es bis Ende März 2022 mehr als 8,8 Millionen Mobilfunkkunden.
Bereits im Jahr 2020 wurde der polnische Discount-Mobilfunker Play übernommen (der einst zum Umfeld von "Drei" (Hutchison Hongkong) gehörte), und bei der Gelegenheit kaufte Niel noch die UPC Polska (vormals Liberty Global) dazu. Der Deal war schließlich am 1. April 2022 unter Dach und Fach. Seitdem kann Play in Polen interessierten Kunden jetzt Mobilfunk und Festnetz (über Koaxkabel) verkaufen.
Tiefstpreise und Minimalservice
Das Konzept von Iliad ist in allen Ländern auf Tiefstpreise und Minimal-Service ausgerichtet. In Italien beispielsweise kauft man seine SIM-Karte am Automaten und tippt dort seine Kundendaten selbst ein oder vervollständigt das zu Hause am PC. Im Laden steht nur noch ein Wächter, der vom Produkt wenig oder gar keine Ahnung hat und nur dazu da ist, etwaigen Vandalismus zu verhindern.
Auch in Frankreich liest man hier und da Abenteuerliches über den Kundenservice, dafür sind die Preise günstig, was für eine bestimmte Kundengruppe das einzige Kriterium ist. Das Fatale am Ende ist: Für den Inhaber scheint sich die Geschichte immer noch massiv zu rechnen. Viele Mitarbeiter der Branche mögen das anders sehen.
Vodafone Group: Feuer unterm Dach
Die Vodafone Group hat nach Auskunft von Finanzfachleuten in den letzten fünf Jahren mehr als ein Drittel ihres Börsenwerts verloren. Ein Investor, die Cevian Capital, bedrängt Vodafone schon seit einiger Zeit, alle Aktivitäten in Märkten, die nicht absolut profitabel sind, zu verkaufen oder wenigstens mit den Konkurrenten zusammenzulegen. In Spanien ging das bekanntlich schief.
Solche kritischen Märkte (Länder) sind beispielsweise neben Spanien noch Italien, Portugal und sogar das Mutterland Großbritannien.
Was bedeutet das nun für Vodafone?
Wenn Vodafone sein Netz wirklich verkaufen müsste, würden sie sich zum reinen Service-Provider (wie z.B. freenet oder 1&1-Drillisch) wandeln. Dann könnten sie am besten gleich auch Verträge mit der Telekom oder Telefónica und vielleicht auch 1&1 über die Nutzung von deren Netzen abschließen. Das Alleinstellungsmerkmal der Vodafone-"Netzqualität" wäre dann erst einmal weg. Dafür könnte durch eine geschickte Kombination von Telekom, Telefónica und 1&1 ein Netzangebot entstehen, das für neue Zielgruppen interessant sein könnte.
Qualitätsbewusste Kunden könnten sich aber auch entschließen, Vodafone den Rücken zu kehren und direkt zu einem echten Netzbetreiber mit eigenem Netz zu wechseln.
1&1 könnte möglicherweise in Deutschland das verbliebene Vodafone-Netz aufkaufen und als Basis für seinen künftigen eigenen Netzausbau nutzen. Über allem würde am Ende nur die Frage schweben, was Bundeskartellamt oder Bundesnetzagentur oder die EU-Kommission dazu zu sagen hätten.