Fehler im Web

Keine Telekom Preiserhöhung um das Siebzehnfache

Große Aufre­gung am Donnerstag: Preis­angaben auf der Telekom-Home­page nannten unglaub­liche 1,22 Euro pro Prepaid-SMS in die Schweiz oder nach Groß­bri­tan­nien. Ein Fehler: Die Telekom behält die EU-Regeln bei.
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Seit Jahres­wechsel ist das Verei­nigte König­reich (United-Kingdom, kurz UK) nicht mehr Mitglied der EU. Für (Nord-)Irland gilt ein Sonder­status, um die mühsam befrie­deten Konflikte zwischen Nord- und Süd-Irland nicht wieder aufflammen zu lassen. Im Volks­mund wird das gerne mit Groß-Britan­nien gleich­gesetzt, was nicht ganz korrekt ist.

Bei den Tele­fon­tarifen hatte einige Anbieter zwar dras­tische Preis­erhö­hungen im Falle des Wirk­sam­wer­dens eines Brexit ange­kün­digt, um bald darauf im glei­chen Atemzug zu beteuern, es werde sich nichts ändern. Doch hier heißt es aufpassen.

Unter­schiede zwischen Inlands- und Roaming-Tarifen

Die Mobil­funker unter­scheiden sehr genau zwischen Roaming-Verbin­dungen (Kunde ist im fremden Netz einge­bucht) und Verbin­dungen aus dem eigenen Heimat-Netz. Schon bisher konnte es güns­tiger sein, ins nächste erreich­bare EU-Ausland zu fahren, um einen Anschluss in einem anderen oder glei­chen EU-Ausland zu errei­chen.

Kunden des krea­tiven Fraenk-Tarifes im Netz der Telekom beispiels­weise können auslän­dische Rufnum­mern nur dann errei­chen, wen sie selbst im EU-Ausland einge­bucht sind.

Kompli­zierte AGBs

Liest man die neuen AGBs und Preis­listen beispiels­weise der Telekom wird es kompli­ziert: Groß­bri­tan­nien ist nicht mehr in der EU (das stimmt), aber tarif­lich bleibe alles - bis auf Weiteres - unver­ändert oder etwa doch nicht?

Neue Tarif­tabelle mit neuen Preisen

Auf ihrer Homepage teilt die Telekom ihre neuen Verbindungspreise ins Ausland mit. Großbritannien ist jetzt Ländergruppe 1 Auf ihrer Homepage teilt die Telekom ihre neuen Verbindungspreise ins Ausland mit. Großbritannien ist jetzt Ländergruppe 1
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Aufre­gung sorgte die am Donnerstag sicht­bare Tarif­web­seite der Telekom mit neuen Mobil­funk­ver­bin­dungs­preisen. Diese Seite behan­delt Anrufe vom Telekom Mobil­funk ("D1-Netz") im eigenen inlän­dischen Netz zu Zielen im Ausland. Wenn man im Auswahl-Menü "Groß­bri­tan­nien" auswählt, erfährt man, dass Groß­bri­tan­nien nicht mehr zur Tarif­zone EU, sondern jetzt zur Tarif­zone 1 gehört, genauso wie die Schweiz, denn beide Länder sind keine EU-Mitglieder. Die bishe­rigen Preise (z.B. nach Italien) blieben unver­ändert, da sie von der EU regu­liert sind.

Telekom-Post­paid: Keine Preis­erhö­hung um Faktor 3 bis 4

Keine neue Preise nach Großbritannien für Postpaid-Kunden. Die Homepage war zeitweise fehlerhaft. Keine neue Preise nach Großbritannien für Postpaid-Kunden. Die Homepage war zeitweise fehlerhaft.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Tele­fonieren vom Telekom-Handy im deut­schen Netz einge­bucht ins Fest­netz von Groß­bri­tan­nien sollte auf der Home­page künftig 69 Cent pro Minute kosten, ins briti­sche Fest­netz. Bisher waren es 22 Cent, das wäre also eine Verdrei­fachung des Preises gewesen. Anrufe zu briti­schen Mobil­funk­netzen sollen schier unglaub­liche 1 Euro pro Minute kosten, eine Vervier­fachung des bishe­rigen Preises. Die Preise nach Italien (Beispiel) bleiben an der von der EU regulierten Höchstgrenze unverändert Die Preise nach Italien (Beispiel) bleiben an der von der EU regulierten Höchstgrenze unverändert
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Auch bei SMS-Kurz­nach­richten, die längst von OTT-Messen­gern wie WhatsApp abge­löst wurden soll jetzt jede Nach­richt 29 Cent kosten, vorher waren es 8,33 Cent, also eben­falls eine Verdrei­fachung.

Telekom-Prepaid 17fach teurer? 1 Kurz­nach­richt nur 1,22 Euro?

Noch drama­tischer wäre es laut Home­page für die Telekom-Kunden in einem Prepaid-Tarif geworden: Eine Minute sollte jetzt 1,99 Euro kosten und eine SMS, den schier unglaub­lichen Preis von 1,22 Euro für 160 Zeichen. Dieser Preis sollte für alle Mitglieder der Länder­gruppe 1 gelten, also nicht nur für Groß­bri­tan­nien, sondern beispiels­weise auch die Schweiz. Ein bizarrer Fehler auf der Homepage. Eine Prepaid-SMS hätte 1,22 Euro kosten sollen. Ein bizarrer Fehler auf der Homepage. Eine Prepaid-SMS hätte 1,22 Euro kosten sollen.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Wir haben darauf hin sofort mit einer vorhan­denen Prepaid-Karte im Original Telekom Magenta Prepaid-M-Tarif getestet: Die SMS ging zu einer briti­schen Handy­nummer und wurde mit 7 Cent abge­rechnet.

1,22 Euro - ein tech­nischer Fehler!

Die Telekom-Pres­sestelle gab Entwar­nung. Es handele sich um einen tech­nischen Fehler auf der Home­page. Die Preise für Verbin­dungen nach Groß­bri­tan­nien (inklu­sive Nord-Irland) würden weiterhin nach EU-Vorgaben berechnet. Die fehler­hafte home­page sollte so schnell wie möglich berich­tigt werden.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Im EU-Europa gibt es bei welt­offenen Beob­ach­tern kaum jemand, der den briti­schen Brexit gut fand. Die mühsam ausge­han­delten euro­päi­schen Roaming-Tarife haben gezeigt, wie Europa auch über Tele­fon­tarife zusam­men­wachsen kann. Noch zum Jahres­wechsel hatten alle deut­schen Mobil­funk­anbieter einhellig beteuert, dass sich an der Einbe­zie­hung des Verei­nigten König­reichs in die bishe­rigen EU-Tarife nichts ändern werde.

Für wenige Stunden sah es anders aus.

Wobei eine Prepaid-Kurz­mit­tei­lung nach Länder­gruppe 1 auf einmal statt 7 Cent jetzt das sieb­zehn­fache kosten sollte, das löste schon Adre­nalin-Stöße aus 1 SMS mit 160 Zeichen für nur 1,22 Euro? Zum Glück ein Fehler.

Aber selbst 29 Cent pro SMS (bei Post­paid) zu Nicht-EU-Ländern sind längst aus der Zeit gefallen. Die Telekom weiß schon, warum WhatsApp, Tele­gram und Co. auf einmal so populär sind?

Telekom: Lange alles richtig gemacht

Jahre­lang hat die Deut­sche Telekom alles richtig gemacht, weswegen sie nicht nur tech­nisch Markt­führer im Lande ist. Bei den Tarifen ist die Telekom schon je her einer der eher teuren Anbieter. Solange das Produkt stimmt, stimmen viele Kunden noch zu.

Es bleibt fest­zuhalten: Die zackigen Preise für Anrufe und SMS in Länder ausser­halb Europas sollten alsbald schleu­nigst auf EU-Niveau redu­ziert werden, so wie es bei Groß­bri­tan­nien jetzt der Fall bleibt. 1,99 Euro pro Minute (was schon seit langem bei Prepaid-Tarifen Stan­dard war), sind Preise aus dem fins­tersten Mittel­alter und einfach nicht mehr gerecht­fer­tigt.

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