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USA: Netflix verlässt Streaming-Thron

Bisher galt ein unge­schrie­benes Gesetz: An Netflix kommt in den USA niemand vorbei. Wie es scheint, dreht sich nun der Wind und Amazon wird zum führenden Streamer jenseits des Atlan­tiks. Was sind die Ursa­chen?
Von Björn König

Marni Grossman / Paramount+ Star Trek Fans gehen künftig bei Netflix leer aus
Marni Grossman / Paramount+
In diesem Jahr hat Amazon Prime Video erst­mals Netflix als führenden Strea­ming-Dienst in den USA abge­hängt. Das ist eine bemer­kens­werte Entwick­lung, welche wesent­lich auf geän­derte Stra­tegien und Geschäfts­modelle der globalen SVoD-Markt­führer zurück­zuführen ist. Offen­sicht­lich wird nun, dass Netflix sich in den vergan­genen Jahren falsch aufge­stellt hat.

Netflix verliert 1,2 Millionen Abon­nenten

Marni Grossman / Paramount+ Star Trek Fans gehen künftig bei Netflix leer aus
Marni Grossman / Paramount+
In den ersten beiden Quar­talen dieses Jahres verlor Netflix 1,2 Millionen Abon­nenten. Analysten von Parks Asso­ciates haben sich Kunden­bewe­gungen zwischen den Strea­ming-Diensten näher ange­schaut und führen die Entwick­lung beim Bran­chen­primus auf zwei wesent­liche Aspekte zurück. Einer­seits stei­gende Abopreise und ande­rer­seits zuneh­mender Wett­bewerb im Heimat­markt.

Jennifer Kent, Vice Presi­dent Rese­arch bei Parks Asso­ciates, sieht aller­dings auch Opti­mie­rungs­optionen für Netflix: Ein Beispiel sei vor allem Kunden zu onboarden, welche bislang Pass­word-Sharing nutzten. Netflix reagiert mit weiteren Maßnahmen auf den zuneh­menden Schwund bei Bezahl­abos. So hat das Unter­nehmen auf Druck von Inves­toren mitt­ler­weile ein werbe­finan­ziertes Angebot einge­führt.

Wachstum außer­halb der USA

Zwar konnte Netflix im aktu­ellsten Quar­tals­bericht 2,4 Millionen zusätz­liche Abos auf seine Bilanz nehmen, diese stammen aber nahezu voll­ständig aus "Übersee". Somit scheint der Streamer zwar in Europa wieder an Fahrt zu gewinnen, was jedoch auf Kosten des Heimart­marktes geht. Dass güns­tigere Preise und auch ein Verbot von Account-Sharing nicht zu nach­hal­tigen Verbes­serungen im US-Geschäft führt, lässt sich jedoch durchaus als Alarm­signal werten.

Proble­matisch ist zum Beispiel auch, dass das werbe­finan­zierte Netflix-Abo nicht hält, was es verspricht. So wurde immer wieder kriti­siert, dass zahl­reiche Filme und Serien aus höher­wer­tigen Paketen nicht inklu­sive sind. Außerdem wirkt die Werbung bzw. Zahl der Spots bei Netflix deut­lich aufdring­licher, als zum Beispiel bei Amazon Freevee, obwohl das Angebot von Amazon sogar völlig ohne jegliche Grund­gebühr verfügbar ist.

Para­mount könnte Netflix weiter schaden

Vor allem der Start von Para­mount+ könnte Netflix nun auch in Europa weiteren Schaden zufügen. Aktuell sind dort noch Serien aus dem Star Trek-Universum wie "Das nächste Jahr­hun­dert", "Deep Space Nine" oder "Voyager" verfügbar. All diese Serien werden aber wohl kurz bis mittel­fristig eine neue Heimat bei Para­mount+ finden. Glei­ches gilt für zahl­reiche Kino­block­buster, welche dann voraus­sicht­lich aus lizenz­recht­lichen Gründen wohl nicht mehr für eine Strea­ming-Auswer­tung auf Netflix verfügbar sind.

Insge­samt wird in den kommenden Jahren eine weitere Konso­lidie­rung der Strea­ming-Branche erwartet, dabei dürften nur noch wenige große Dienste über­leben. Netflix hat dabei zwar noch immer eine vergleichs­weise gute Ausgangs­posi­tion, der Vorsprung schrumpft aber zuse­hends. Dieser Trend dürfte sich somit weiter verfes­tigen, was keine guten Aussichten für Netflix-Inves­toren sind.

Strea­ming: Werbung rettet Netflix nicht

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