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Streaming: Joyn legt Österreich-Start auf Eis

Joyn sollte bereits Ende 2019 in Öster­reich starten, doch bislang sind den Ankün­digungen noch keine Taten gefolgt. So wie es aussieht, dürfte daraus auch in nächster Zeit nichts werden. Laut Medi­enbe­richten liegt das Projekt vorerst ganz auf Eis.
Von Björn König

Am "Coming soon" von Joyn Österreich gibt es mittlerweile erhebliche Zweifel Am "Coming soon" von Joyn Österreich gibt es mittlerweile erhebliche Zweifel
Screenshot: Michael Fuhr
In der schnell­lebigen Medi­enbranche haben Ankün­digungen meis­tens eine relativ kurze Halb­wert­zeit. Nicht selten werden große Projekte vorge­stellt, die dann nur mit erheb­licher Verzö­gerung oder sogar gar nicht an den Start gehen. Jüngste Beispiele hierfür sind der Rückzug des US-Medi­enkon­zerns Comcast beim paneu­ropäi­schen Nach­rich­ten­sender Euro­news bzw. der eben­falls geplante und nicht reali­sierte Nach­rich­ten­sender NBC Sky World News.

Beim Strea­ming-Dienst Joyn von ProSiebenSat.1 und Disco­very geht die Entwick­lung womög­lich in eine ähnliche Rich­tung. Zumin­dest der geplante Start in Öster­reich steht laut Fach­medien kurz­fristig zur Dispo­sition.

Stra­tegie­wechsel durch Pandemie?

Am "Coming soon" von Joyn Österreich gibt es mittlerweile erhebliche Zweifel Am "Coming soon" von Joyn Österreich gibt es mittlerweile erhebliche Zweifel
Screenshot: Michael Fuhr
Corona hat zwei­fellos seit 2020 vielen Unter­nehmen einen gehö­rigen Strich durch die Rech­nung gemacht. Fern­seh­sender und Strea­ming-Dienste leiden an Einschrän­kungen der Produk­tions­kapa­zitäten, viele Film- und Seri­enpro­jekte liegen schlicht auf Eis. Hinzu kommt noch, dass Werbe­kunden aus wirt­schaft­lichen Gründen ihr Budget herun­ter­fahren und kein Personal vor Ort einsetzbar ist. All diese Faktoren spielen natür­lich beim Aufbau eines neuen Strea­ming-Dienstes im Ausland eine wich­tige Rolle.

Das Medi­enma­gazin DWDL berichtet mit Verweis auf eine Joyn-Unter­neh­mens­spre­cherin, dass es in "diesen dyna­mischen Zeiten momentan schwer sei, einen Ausblick zu geben". Ziel sei jedoch weiterhin, die lokale Strea­ming-Platt­form Nummer Eins in Deutsch­land zu werden. Beson­ders viel Aussa­gekraft hat das natür­lich nicht, denn welcher Strea­ming-Dienst möchte nicht Nummer Eins in Deutsch­land werden? Die entschei­dende Frage ist, wie ernst man dieses Ziel in der Chef­etage nimmt und wie viel Geld man in welchem Zeit­raum bereit ist, dafür in die Hand zu nehmen.

Weniger Enthu­siasmus für Strea­ming

Grund­sätz­lich ist Joyn mit vielen Vorschuss­lor­beeren an den Start gegangen. Geplant war ein deut­sches "Hulu", also eine Platt­form, auf der sich neben ProSiebenSat.1 auch andere deut­sche Medi­enkon­zerne, wie die RTL-Gruppe und öffent­lich-recht­liche Sender mit ihren Inhalten versam­meln sollen. Die Ziele waren also in der Tat hoch­gesteckt, in Deutsch­land wollte man die Kräfte gegen ameri­kani­sche Streamer bündeln. Soweit zum Plan des ehema­ligen ProSiebenSat.1-Chefs Max Conze.

Das aller­dings war schon der erste Knack­punkt, denn vor allem RTL wurde mit Joyn nicht so richtig warm. Viel­mehr wollte man TVNOW als eigenes Strea­ming-Projekt auf die Beine stellen. Bis heute sind die RTL-Sender bei Joyn nicht an Bord, was dem Erfolg des Ange­bots zwei­fels­ohne einen kräf­tigen Dämpfer versetzte. Darüber hinaus gab es zwischen­zeit­lich einen Wechsel im Chef­sessel von ProSiebenSat.1: Der neue Konzern­chef Rainer Beau­jean sieht das Thema Strea­ming diffe­ren­zierter als sein Vorgänger und legt den Fokus wieder stärker auf die Kern­kom­petenzen der Sender­gruppe.

Was plant Disco­very?

Wie es mit Joyn weiter­geht, hängt aber letzt­end­lich nicht nur von ProSiebenSat.1 ab. Im Joint Venture hat natür­lich auch US-Partner Disco­very Networks ein Wört­chen mitzu­reden. Und genau dort scheint das Inter­esse an Joyn zumin­dest aktuell nicht mehr den höchsten Stel­len­wert zu genießen. Auf globaler Ebene arbeitet Disco­very derzeit an seinem eigenen Strea­ming-Dienst Disco­very+. Zwar ist dieser vor allem auf non-fiktio­nale Inhalte fokus­siert und damit keine direkte Konkur­renz zu Joyn, was aller­dings nicht so bleiben muss.

Zumin­dest in Deutsch­land erwei­tert Disco­very außerdem mit dem Einstieg bei Tele 5 nun auch sein Port­folio im Bereich Enter­tain­ment, um für größere Werbe­ziel­gruppen inter­essant zu werden. Sollte Disco­very sich jedoch aus Joyn zurück­ziehen, läge die Verant­wor­tung allein bei ProSiebenSat.1. Dass man die ausfal­lenden Kosten stemmt und gleich­zeitig noch eine inter­natio­nale Expan­sion nach Öster­reich voran­treibt, erscheint aktuell dann doch eher unwahr­schein­lich, zumal auch die eigene Zukunft der Sender­gruppe noch unklar ist.

Geschäfts­füh­rerin Katja Hofem geht darüber hinasu bei Joyn von Bord.

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