Rückzieher

Comcast zieht bei NBC Sky World News den Stecker

Erst steigt NBCUniversal bei Euro­news aus, jetzt ist wohl auch das nächste große Nach­rich­ten­pro­jekt geplatzt. Der neue Konkur­rent für CNN und BBC World News geht vor allem wegen Corona nicht auf Sendung.
Von Björn König

Foto: privat NBC News-Zentrale am Rockefeller Plaza in New York
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Aus und vorbei: Der US-Medi­en­kon­zern Comcast hat sein globales Nach­rich­ten­pro­jekt "NBC Sky World News" offenbar beer­digt. Nach der Über­nahme von Sky wollte Comcast einen neuen Nach­rich­ten­sender in Konkur­renz zu CNN, BBC World News und Al Jazeera formen. Vor allem ging es dabei um ein Gegen­ge­wicht zu den anderen US-Networks, welche die euro­päi­sche Perspek­tive aus den Augen verloren hätten.

Der Sender war insbe­son­dere ein Herzens­pro­jekt vom ehema­ligen NBC News-Chef Andy Lack, welcher das Network jedoch im Mai verlassen musste. Lack wurde öffent­lich Fehl­ver­halten im Umgang mit Fällen sexu­eller Beläs­ti­gung seiner Mitar­beiter vorge­worfen. Insbe­son­dere ging es dabei um Vorgänge mit Today-Show-Star­mo­de­rator Matt Lauer, der bereits 2017 von NBC entlassen wurde. Mit dem Abgang von Andy Lack sieht Comcast nun offenbar die Möglich­keit, das Projekt NBC Sky World News voll­ständig einzu­stellen. Rund 60 Mitar­beiter verlieren ihren Job.

Corona-Krise als Ursache

Foto: privat NBC News-Zentrale am Rockefeller Plaza in New York
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In New York sieht man offenbar keine Möglich­keit, das Projekt unter aktu­ellen Bedin­gungen umzu­setzen. Die Corona-Pandemie mit Reise­be­schrän­kungen macht nicht nur den Aufbau eines inter­na­tio­nalen Korre­spon­denten-Netz­werks schwierig. Auch gibt es sicher­lich grund­le­gende Zweifel, ob man in den ökono­misch heraus­for­dernden Zeiten über­haupt genug private Geld­geber findet. Vor allem der Werbe­markt ist in den vergan­genen Monaten erheb­lich einge­bro­chen. Gerade zum Start hätte das Unter­nehmen extrem viel Geld in die Hand nehmen müssen, um über­haupt alle notwen­digen Struk­turen aufzu­bauen. Dazu ist der Mutter­kon­zern Comcast jedoch scheinbar nicht bereit und legt das Projekt lieber auf Eis. Ob man es zu einem späteren Zeit­punkt erneut aufgreift ist vorstellbar, aber zumin­dest frag­lich. Immerhin hat sich der Konzern mitt­ler­weile auch aus seiner Betei­li­gung beim euro­päi­schen Nach­rich­ten­sender Euro­news zurück­ge­zogen.

Comcast verliert viel Geld

Ein weiterer Hinter­grund für den Ausstieg aus dem Nach­rich­ten­pro­jekt dürfte aller­dings wohl auch die allge­meine wirt­schaft­liche Schwäche von Comcast sein. Ein wesent­li­cher Geschäfts­be­reich ist nämlich das Film­studio Universal Pictures. Hier musste man in den vergan­genen Monaten eben­falls erheb­liche Einbußen einste­cken, immerhin waren aufgrund der Corona-Krise auch alle Kinos geschlossen.

Die Lage war für Comcast so prekär, dass man die Block­buster nun direkt per Strea­ming in die Wohn­zimmer der Zuschauer bringen will. Dies wiederum schmeckt den Kino­be­trei­bern in den USA über­haupt nicht, weswegen es sogar zu einem großen Streit mit der größten Kino­kette AMC Thea­tres kam, welche Universal-Filme voll­ständig aus den eigenen Kinos verbannt hatte. Mitt­ler­weile kam es jedoch zu einer Eini­gung, die ein kürzeres Zeit­fenster für die Exklusiv-Verwer­tung in den Kinos vorsieht.

Müssen auch andere Nach­rich­ten­sender sparen?

Dieser dras­ti­sche Schritt von Comcast wirft nun die Frage auf, ob auch andere globale Nach­rich­ten­sender ihr Programm lang­fristig kürzen müssen. Über große Kürzungen bei der AT&T-Tochter CNN ist zwar aktuell nicht viel bekannt, anders sieht es jedoch bei der briti­schen BBC World News aus. Unab­hängig von der Corona-Krise hatte die amtie­rende briti­sche Regie­rung um Premier­mi­nister Boris Johnson bereits ange­kün­digt, dem öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk ein erheb­li­ches Spar­pro­gramm aufzu­er­legen. Das dürfte ganz sicher in erster Linie auch den globalen Nach­rich­ten­sender BBC World News treffen.

Al Jazeera mit Sitz in Doha wird maßgeb­lich vom Emirat Katar getragen. Doch auch hier gilt: Die Corona-Krise hat dem Ölge­schäft stark zuge­setzt. Von daher dürfte man auch hier an nicht elemen­taren Geschäfts­be­rei­chen sparen, wozu der Nach­rich­ten­sender sicher­lich gehört.

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