ProSiebenSat.1: Springer-Großaktionär geht von Bord
Die Mediaset-Chefs Pier Silvio Berlusconi (l.) und Fedele Confalonieri
Foto: Il Fatto Quotidiano
Die Hängepartie zur Zukunft von ProSiebenSat.1 hat ein neues Kapitel: Der US-Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts & Co. (KKR) macht beim Münchener Medienkonzern kräftig Kasse. Das "Handelsblatt" (Paid) bezieht sich auf einen Bericht der Nachrichtenagentur Reuters. Demnach habe KKR einen Aktienanteil von 4,7 Prozent des Grundkapitals an ProSiebenSat.1 bei institutionellen Investoren platziert. Für elf Millionen Aktien zu 13,50 Euro erlöste KKR mit der Transaktion 148,5 Millionen Euro. Der Verkauf hat allerdings nicht nur wirtschaftliche Relevanz, sondern für ProSiebenSat.1 auch hohe strategische Bedeutung.
Keine Verschmelzung mit Springer
Die Mediaset-Chefs Pier Silvio Berlusconi (l.) und Fedele Confalonieri
Foto: Il Fatto Quotidiano
KKR ist ebenso Großinvestor bei Axel Springer. Viele Brancheninsider hatten deshalb bereits über mögliche Pläne des Finanzinvestors spekuliert. Im Raum stand eine Verschmelzung von ProSiebenSat.1 mit dem Zeitungskonzern. Diese Option dürfte mit dem Abverkauf eines großen Aktienanteils durch KKR nun allerdings endgültig vom Tisch sein. Offenkundig wollte man mit der Beteiligung nur kurzfristig liquide Mittel bereitstellen. Zumindest dieser Plan ist aufgegangen, das Intermezzo bei ProSiebenSat.1 füllt die Taschen von KKR um immerhin rund 50 Millionen Euro.
Gleichzeitig sinken damit allerdings auch die Chancen für ProSiebenSat.1 rapide, weiterhin als deutscher Medienkonzern eine zentrale Rolle zu spielen. Schließlich gibt es mit dem Ausstieg von KKR nun freie Bahn für einen weiteren Großaktionär: Der italienischen Mediaset wird schon seit langer Zeit Interesse an einer Übernahme der Münchener nachgesagt. Der Ball liegt nun eindeutig im Spielfeld der Italiener, womöglich könnte eine Entscheidung kurzfristig fallen.
Aktienkurs spielt große Rolle
Mittlerweile bröckelt die ProSiebenSat.1-Aktie im Nebenwerte-Index MDax wieder. Mit fallendem Kurs steigen gleichzeitig die Chancen, dass die italienische Mediaset ihren Anteil beim Münchener Medienkonzern weiter ausbaut und damit langfristig nicht nur die Schwelle zur Sperrminorität überschreitet, sondern auch Mitglieder in den Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 entsendet. Mit diesem Schritt würde Mediaset von einer reinen Finanzbeteiligung in Richtung operativer Kontrolle der Aktiengesellschaft aufrücken.
Eine solche Maßnahme dürfte dann auch erheblichen Einfluss auf die weitere strategische Ausrichtung der Sendergruppe haben. In München stand man bislang einer solchen stärkeren Beteiligung der Italiener eher skeptisch gegenüber, schon der ehemalige ProSiebenSat.1-CEO Max Conze hatte erhebliche Zweifel an potenziellen Synergieeffekten zwischen den beiden Medienkonzernen, dennoch sieht man ein Zusammengehen in Mailand vor allem unter dem Gesichtspunkt des immer stärker werdenden Wettbewerbs mit US-Streamern als nahezu unausweichlich an.
Wenige Alternativen
Für ProSiebenSat.1 und seine Mitarbeiter wäre eine schnelle Entscheidung über die Zukunft des Medienkonzerns sicherlich wünschenswert. Ohne klare Eigentümerverhältnisse sind strategisch langfristige Planungen für den neuen CEO Rainer Beaujean nur schwierig möglich und es gibt bislang wenig Alternativen zu einem Einstieg von Mediaset.
Zuletzt wurde schließlich auch über die Zukunft des hauseigenen Streamers Joyn diskutiert. Hier zeigte sich Beaujean skeptisch, ob sich die mittlerweile zahlreich am Markt verfügbaren SVoD-Dienste bei begrenztem Nutzerbudget überhaupt durchsetzen können. Darüber hinaus stellt sich außerdem die Frage, ob auch Discovery bei dem gemeinsamen Joint Venture bei Joyn an Bord bleibt. Immerhin hat der Medienkonzern mit Discovery+ kürzlich selbst einen eigenen Streamer gestartet und auch Geschäftsführerin Katja Hofem verlässt in Kürze das Unternehmen. Insgesamt bleibt es also für die Münchener abseits aller Herausforderungen durch die Corona-Pandemie ein spannendes Jahr.