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Netzabdeckung: Karten und Realität im Vergleich

Die Diskussion über die Qualität der Mobilfunk-Versorgung reißt nicht ab. Um sie zu verstehen, muss man einmal Urlaubsregionen wie Odenwald oder Schwarzwald ansteuern. Wir vergleichen stichprobenartig Wunsch und Wirklichkeit.
Im Odenwald und im Schwarzwald unterwegs war

Fangen wir bei der Telekom an. Unter telekom.de/netz baut sich langsam eine umfangreiche Seite auf, die man langsam durchscrollen muss, um auf den Schalter "Netzausbau prüfen" zu gelangen. Jetzt heißt es wieder warten, bis sich die noch umfangreichere Seite aufbaut und die interaktive Landkarte freigibt. Hier kann der Netzausbau im Festnetz oder Mobilfunknetz abgefragt werden, einfach auf den Reiter "Mobilfunknetz" (rechte Seite) klicken, dann kann die Karte mit 2G, 3G oder 4G angezeigt werden. Die Karte unterscheidet nicht, welche 4G-Technologie (800, 900, 1800, 2600 MHz oder gar was anderes) verwendet wird, aber das ist dann eher für Insider und Freaks interessant, die sich anderweitig helfen können, beispielsweise mit einem Netzmonitor.

Seewald Morgental o2 Seewald Morgental o2
Screenshot: teltarif.de
Die Karte von Vodafone finden wir unter vodafone.de/netz. Auch hier sollte man Geduld haben, denn die eigentliche Karte baut sich erst nach einer Gedenkpause (je nach Rechner und Browser) auf. Durch Eingabe einer Postadresse findet die Karte auf Wunsch die 2G-, 3G- oder 4G-Abdeckung und gibt - im Gegensatz zum Mitbewerb, auch Auskunft, ob schon NB-IoT (Internet der Dinge oder "Maschinennetz") verfügbar ist.

Absolut ehrlich: Seewald Morgental Telekom LTE Absolut ehrlich: Seewald Morgental Telekom LTE
Screenshot: teltarif.de
Schließlich die Karte von o2. Hier ist o2online.de/netzabdeckung einzutippen. Nur "/netz" hilft hier nicht.

Sie sollten die Seite in Ruhe aufbauen lassen, die interaktive Landkarte kommt erst nach einigen Gedenksekunden. Es gibt Versorgung im Freien und Versorgung in Gebäuden. Dass es auch Gelände geben könnte, wo kein o2-Netz empfangbar ist, haben die Kartendesigner wohl nicht richtig auf dem Schirm gehabt. Die Erläuterungen links von der Karte erlauben Rückschlüsse.

Die Karte von cellmapper.net hilft nur, wenn schon ein Nutzer diese Strecke abgefahren hat, dann können grobe Anhaltspunkte gewonnen werden, ob überhaupt mit Netz gerechnet werden kann.

Nun zu den Testergebnissen. zu optimistisch: Seewald Morgental, Telekom alle Netzstandards zu optimistisch: Seewald Morgental, Telekom alle Netzstandards
Screenshot: teltarif.de

Morgental, 72297 Seewald (Schwarzwald)

In 72229 Seewald, Morgental gibt die Telekom zu, dass der Talgrund nicht versorgt ist, meint aber, mit 2G unmittelbar an den Talgrund mit Netz aufzuschließen, was sich als viel zu optimistisch herausstellte. Schaltet man auf der Karte die 2G- und 3G-Abdeckung aus, so bekommt man sehr realistische Szenarien.

Auch Vodafone räumt ein, dass hier die Versorgung fehlen könnte, meint aber, an einigen Stellen noch Netz zu haben - hatte es aber in der Realität nicht.

o2 behauptet über seine Karte kühn, dass die Straße und der Talgrund mit o2 versorgt seien. Mit mehreren Geräten hatten wir hier absolut keinen Empfang. Seewald Morgental, Vodafone LTE Seewald Morgental, Vodafone LTE
Screenshot: teltarif.de

Kälberbronn, 72285 Pfalzgrafenwiesen

In Kälberbronn gab Telekom eine volle 2G-Versorgung an, die war gegeben. Aber mobiles Telefonieren macht wenig Spaß, da man sehr genau hinhören musste, um die Gegenstelle zu verstehen. Die Angaben der Telekom zu LTE scheinen zu stimmen, rund um den Ort gibt es einen LTE Gürtel, im Ort ist LTE aber nicht empfangbar. Vermutlich steht der nächste Sender weit draußen, um empfindsame Gemüter zu beruhigen.

Vodafone gibt an, den Ort komplett zu versorgen, was durchaus stimmt. Aber nur mit 4G waren vernünftige Datenraten rund um den "Kuhstall" (bekanntes Ausflugsziel) möglich, und dazu musste man sich ins Freie begeben und durfte sich danach nicht mehr bewegen.

o2 versorgt dort mit 2G auf jeden Fall, punktuell war sogar HSPA empfangbar, was nicht einmal die interaktive Karte weiß. Telekom: Übersicht Basisstationen Eine Karte Cellmapper.net im Netz der Telekom: Hier werden nur abgefahrene Strecken angezeigt.
Screenshot: teltarif.de

64760 Oberzent, OT Finkenbach (Odenwald)

In Finkenbach strahlt der LTE-Sender Brombach der Telekom teilweise gut in den Ort hinein, die Unter-Finkenbacher sollten outdoor keine Probleme haben. Auf dem Gelände des Schwimmbades (im Sommer gut besucht) verschwindet LTE sehr schnell und es bleibt noch 2G übrig, womit man telefonieren, aber eigentlich nicht richtig surfen kann. Das WLAN des Schwimmbades wäre zwar da, ist aber oft überlastet.

Kunden von Vodafone können im Schwimmbad von Finkenbach ihr Handy aus lassen, sie haben schlicht und ergreifend kein Netz, auch wenn die Karte anderes suggerieren möchte.

Kunden von o2 können in Finkenbach auf jeden Fall mit 2G telefonieren. Ein Ausbau des Ortes auf 4G ist irgendwann angedacht, sofern der Standort Brombach (hoch auf dem Berg) mit seinem Signal noch dort hinunter reichen sollte.

Auf der Straße Richtung Hinterbach geht nichts, obwohl die o2-Landkarte das suggeriert. Pfalzgrafenweiler-Kälberbronn o2 Pfalzgrafenweiler-Kälberbronn o2
Screenshot: teltarif.de

Ein Fazit

Generell scheinen alle Karten (bis auf Opensignal und Cellmapper.net) etwas zu optimistisch zu sein. Schaltet man im Menü 2G und 3G weg und konzentriert sich auf 4G, sind die Angaben noch am ehesten mit der Realität in Einklang zu bringen.

Wer viel in unbekannten Regionen unterwegs ist, sollte sich unbedingt ein LTE-fähiges Handy mit passendem Tarif zulegen. Um mit LTE telefonieren zu können, braucht man VoLTE und das gibt es bei allen drei Anbietern gesichert nur mit Laufzeitverträgen. Ist am Aufenthaltsort zufällig ein WLAN verfügbar, könnte auch WiFi-Calling funktionieren, wo auch Laufzeitvertragskunden eher im Vorteil sind.

Bei Prepaid hat sich bislang alleine Telefónica-o2 dazu durchgerungen, VoLTE und VoWiFi (Telefonieren über WLAN) freizugeben. Ob es auch funktioniert hängt auch vom verwendeten Endgerät und dessen Software und richtiger Konfiguration ab. Die anderen Netzbetreiber und ihre Anbieter werden irgendwann folgen.

Was lernen wir daraus: Alle drei Netzbetreiber müssen ihren Netzausbau in der Fläche unbedingt noch massiv verstärken.

Die Links zu den Netzabdeckungskarten finden Sie übrigens jederzeit wieder auf unserer Übersichtsseite zur Netzabdeckung.

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