Mobile World Congress: Von der Plastik-SIM zur eSIM
Ein wichtiges Thema auf dem Mobile World Congress war die SIM-Karte, die nicht mehr als Plastik-Karte, sondern in Form von Software daher kommt. Angefangen hat die SIM-Karte im ISO-Kreditkartenformat, beispielsweise vom Hersteller Gemalto, der längst zum Thales-Konzern gehört.
Nach dem ISO-Format folgte schnell die Mini-SIM, die dem relativ spät neu dazu gestoßenen Smartphone-Hersteller Apple viel zu groß erschien. Apple setzte erst die Micro- und später die Nano-SIM durch. iPhones gehören auch zu den Modellen, die eSIM unterstützen.
Tief im Handy versteckt
Der SIM-Karten-Pionier Gemalto gehört heute zur Thales-Group
Grafik: Thalesgroup.com
Die eSIM findet in einem tief im Handy versteckten und festeingebauten SIM-Modul statt, das an seiner "eID" zu erkennen ist und zumeist mehrere eSIM-Subscriptions aufnehmen kann. Der Chip-Hersteller Qualcomm hat das noch weiter zur iSIM entwickelt.
Da ist das sichere Element gleich in den zentralen Signalprozessor des Telefons hinein integriert und spart noch mehr Platz und auch Energie.
Viele alte und neue Mitspieler
Neben den großen SIM-Karten-Herstellern wie Thales dringen kleinere und noch kleinere Unternehmen in den Markt vor. Da wäre z.B. Truphone. Der Anbieter hat in Deutschland die Vorwahl "01529" und erregte vor Jahren mit einer klassischen SIM-Karte mit vielen verschiedenen internationalen Rufnummern Aufsehen. Das Produkt war ideal für Globetrotter oder Vielreisende. Man hatte verschiedene Nummern auf seiner Karte und war unter der für das jeweilige Land gedachten Rufnummer günstig erreichbar.
Ein Anruf in Australien zeigte die australische Nummer, der Kunde blieb aber auch unter seiner deutschen oder spanischen oder französischen Nummer erreichbar. Dieses Produkt bietet Truphone seinen Neukunden längst nicht mehr an, Bestandskunden können es aber weiter nutzen.
Truphone setzt auf eSIM
Truphone möchte in der eSIM-Liga weit vorne mitspielen
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Truphone ist auf die eSIM umgeschwenkt und bietet diese über eine eigene App zum Download auf passenden Handys (zumeist iPhone und noblere Samsung-Modelle) an.
Der Download kann über die Truphone-App (für iOS oder für Android) erfolgen oder über die Bekanntgabe der eID, welche das iPhone durch "Anruf" der Nummer *#06# verrät und die gescannt werden kann.
Truphone-Chef Ralph Steffens stellt sich die Zukunft so vor, dass für den Kunden nicht nur Telefonminuten oder SMS-Nachrichten "flat" sein sollten, sondern auch die Daten. Wer beispielsweise in ein Land mit horrenden Roaming-Preisen fliegen möchte, könnte vor dem Abflug beispielsweise die App eines günstigen Taxi-Dienstes installiert haben. Diese App würde dann im besuchten Land, eine eSIM installieren und verwenden, die aber nur auf den Taxi-Dienst einen Zugriff erlaubt, dafür ist diese Verbindung kostenlos oder wird mit den Fahrtkosten bezahlt.
Genauso könnte man sich bei Truphone vorstellen, dass viele Händler oder Marken ihren Kunden eine eSIM (von Truphone) anbieten, als Kundenbindungsinstrument oder als Werbemaßnahme. Der Kunde würde dafür möglicherweise nichts bezahlen, müsste dafür aber Werbung des Händlers oder der Marke akzeptieren. Denkbar ist auch, eine eSIM am Fahrkartenautomaten "herunterzuladen", im Display des Handys würde "Truphone" erscheinen. Welches wahre Netz im Hintergrund genutzt wird, bliebe dem normalen Kunden verborgen.
Technisch wäre auch denkbar, seine Plastik-SIM-Karte in ein älteres Handy einzulegen, um sich dann aus dem Netz die passende eSIM herunterzuladen. Die Technik ist prinzipiell vorhanden, aber die praktische Umsetzung scheitert an zig Faktoren: Geräte sind unterschiedlich gebaut, haben unterschiedliche Softwarestände, wo bestimmte wichtige Funktionen fehlen und dann schleicht sich auf der Verdacht ein, dass viele Anbieter, gerne ihre "eigenen" Angebote promoten wollen. Zu viel Konkurrenz wirkt da eher (ver)störend.
DENT Wireless
DENT Wireless bietet eSIMs über eine App an. Denkbar wären aber Angebote für Wiederverkäufer
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
DENT Wireless, ein eSIM-Anbieter, stellte sich persönlich in Barcelona vor. Man kann deren App im Appstore (für Android oder für iOS herunterladen und bekommt zum Ausprobieren 200 MB geschenkt.
Weitere Datenvolumina können gekauft oder über DENT-Punkte verdient werden, genaueres wird in der App erklärt. Eigentlich möchte das Team eher als Anbieter von B2B-Dienstleistungen (Geschäftliche Kunden) auftreten, d.h. ein Dienstleister könnte die eSIMs von DENT beziehen und dann an Privatkunden verkaufen.
Es gibt für die DENT-App sogar eine eigene Kunstwährung
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Ende der Plastik-SIM
Ob eines Tages die Plastik-SIM vom Markt verschwindet, wird von verschiedenen Spielern unterschiedlich gesehen. Vermutlich bleibt sie noch länger erhalten. Handy-Hersteller HMD, der unter der mit der Marke Nokia aktiv ist, verkauft selbst in Deutschland nach wie vor unglaubliche Mengen an super einfachen Tastentelefonen (z.B. dem Modell 105), die meist zwei SIM-Karten und vielleicht auch eine SD-Speicherkarte verdauen und rudimentäres oder gar kein Internet verstehen.
Bis diese Geräte auch mit einer eSIM betankt werden können, dürfte es noch dauern.
Neue Spieler kommen, alte Spieler gehen
Mit dem Auftauchen neuer eSIM-Anbieter treten die waren Netzbetreiber in den Hintergrund und werden zu reinen "Datenpumpstationen" degradiert. Das wollen die etablierten Marken aber nicht auf sich sitzen lassen. Ob die neue Konkurrenz zu günstigeren Preisen führen wird, muss man sehen, denn der Netzausbau kostet nach wie vor Geld und das zunehmende Datenaufkommen, macht ein permanenten Austausch und Umrüstung erforderlich.
Die klassische SIM-Karte könnte künftig mit eSIMs beladen werden
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Eins sollte klar sein: Es gibt eSIM-Anbieter, die 1 GB Daten "weltweit" anbieten, aber am Ende brauchen sie ein lokales Netz. Truphone nutzt in Deutschland beispielsweise das Netz von Vodafone, weil die Telekom bestimmte von den Anbietern benötigte Netzfunktionen ihren Service-Providern nicht anbieten kann oder will.
Unsere Test-"Karte" von DENT buchte sich hierzulande im Netz von o2 ein. Beide Karten fanden zunächst nur GSM, um dann nach einer Weile festzustellen, dass es auch 4G gibt. Bis alle diese eSIM-Karten auf 5G "roamen" können, scheint es noch eine Weile zu dauern, weil dieser Prozess technisch nicht ganz trivial zu sein scheint.
Im Podcast zum Mobile World Congress teilt teltarif.de-Redakteur Henning Gajek seine Erfahrungen auf der diesjährigen Technikmesse.