Hintergrund

Von Handy bis E-Motor: Gibt es Elektrosmog im Auto?

Elek­tro­magne­tische Strahlen tauchen überall auf, auch in Autos. Hersteller achten schon bei der Entwick­lung darauf, dass sie Insassen nicht gefährden. Auto­fahrer können sich aber auch selbst schützen.
Von dpa /

Der ID.3 von Volkswagen Der ID.3 von Volkswagen
Bild: Volkswagen AG
Heiße Ohren, rasende Kopf­schmerzen und flim­mernde Augen. Nicht nur Aluhut-Träger machen sich im Auto Gedanken über elek­tro­magne­tische Strahlen. Nimmt die Belas­tung bei Autos mit neuer Tech­nologie wie Plug-in-Hybriden oder Elek­tro­fahr­zeugen zu?

Unter Elek­tro­smog verstehen die meisten Menschen elek­tro­magne­tische Umwelt­ver­träg­lich­keit (EMVU). Elek­tri­sche, magne­tische und elek­tro­magne­tische Felder können auf ihre Umwelt einwirken und bei Menschen zu Schwindel und Übel­keit führen, Sinnes­organe, Nerven und Muskeln stimu­lieren oder Gewebe erwärmen. Dieses gilt gene­rell auch für Insassen in Fahr­zeugen.

Nicht alle Felder sind gefähr­lich

Der ID.3 von Volkswagen Der ID.3 von Volkswagen
Bild: Volkswagen AG
In der Umwelt treten viele elek­tro­magne­tische Felder auf, das Erdma­gnet­feld zum Beispiel, sagt Sarah Drießen vom Forschungs­zen­trum für Elektro-Magne­tische Umwelt­ver­träg­lich­keit am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umwelt­medizin (femu) in Aachen. "Diese schwa­chen Felder sind für Menschen unge­fähr­lich. Es gibt aber künst­lich erzeugte Felder, wie im unteren Frequenz­bereich bei Hoch­span­nungs­lei­tungen, die in unmit­tel­barer Nähe für Menschen schäd­lich sein können."

Damit hier nichts passiert, werden die Leitungen in eine für den Menschen uner­reich­bare Höhe gehängt. "Auf diese Weise wird gewähr­leistet, dass auch unmit­telbar am Boden darunter die Grenz­werte einge­halten werden."

Durch tech­nische Appli­kationen erzeugte Felder müssen bestimmte Grenz­werte einhalten, damit sie keine gesund­heit­lichen Folgen verur­sachen. Das gelte für eine Sitz­hei­zung ebenso wie für den Gene­rator im Auto, so Drießen. "Die wenigen Daten, die hierzu vorliegen, zeigen, dass die Grenz­werte meis­tens einge­halten werden."

Strah­lung redu­zieren und Fahr­zeuge schützen

Jürgen Schwarz von Mercedes unter­scheidet bei elek­tro­magne­tischer Strah­lung zwei Bereiche. "Einmal die Strah­lung, die aus dem Fahr­zeug entsteht." Die dürfe weder Menschen noch andere tech­nische Geräte schä­digen oder stören, so der Abtei­lungs­leiter für Antennen und elek­tro­magne­tische Verträg­lich­keit (EMV). "Zum anderen darf keine andere Strah­lung von außen das Fahr­zeug oder innen­lie­gende Dienste schä­digen oder stören, daher müssen wir die Fahr­zeuge schützen."

"Es gibt im Auto nicht den einen Wert, sondern viele verschie­dene, dazu unter­schied­liche Mess­ver­fahren", sagt Schwarz. Verschie­dene Bauteile wie Chips, Steu­erge­räte oder Mobil­funk­module mit Antennen produ­zieren verschie­dene Frequenzen.

Außen­antenne senkt die Strah­len­belas­tung

Aber wie sieht es mit der Strah­lung aus, die wir von Mobil­tele­fonen kennen? Auch bei Handy-Strahlen wird ein mögli­ches gesund­heit­liches Risiko disku­tiert. "Es ist aber nicht erwiesen, ob es einen ursäch­lichen Zusam­men­hang zwischen der Nutzung eines Handys und einem erhöhten Risiko für einen Hirn­tumor gibt", sagt Sarah Drießen.

Um möglichst viel Strah­lung aus dem Auto zu halten, sollten Auto­fahrer dennoch nicht mit ihrem Handy im Auto tele­fonieren, sondern eine Außen­antenne benutzen. Bei manchen Herstel­lern wird als Option ein Tele­fon­steu­ergerät ange­boten. "Handys regeln die Strah­lungs­leis­tung selbst­ständig. Je schlechter der Empfang ist, desto stärker strahlt es", sagt Schwarz.

Um die Frequenz­felder möglichst niedrig zu halten, senden Mercedes-Fahr­zeuge über eine inte­grierte LTE-Außen­antenne. Das verbes­sert außerdem den Empfang und damit die Sprach­qua­lität. "Die Werte im Fahr­zeug sind nied­riger als bei einem Handy, das Nutzer direkt ans Ohr halten, auch wenn das Handy den Grenz­wert deut­lich unter­schreitet", erklärt Schwarz.

Verschie­dene Bauweisen auspro­bieren

Schon während der Entwick­lung neuer Fahr­zeuge simu­liert und unter­sucht Mercedes verschie­dene Magnet­felder, probiert in den Konzept­phasen verschie­dene Stand­orte einzelner Bauteile, um die Magnet­felder im Innen­raum möglichst gering zu halten. Dort, wo die Posi­tio­nie­rung fest­gelegt ist, bei Kabel­strängen des Bord­netzes etwa, werden diese abge­schirmt. Dazu sind moderne Karos­serien so konzi­piert, dass sie Frequenzen vom Innen­raum möglichst fern­halten.

Dass Plug-in-Hybride oder E-Autos mehr magne­tische Felder produ­zieren, die für Auto­fahrer schäd­lich sind, stimmt übri­gens nicht. Für alle Antriebs­arten gelten die glei­chen gesetz­lichen Grenz­werte. Außerdem bieten E-Autos und Hybride Vorteile, so Schwarz: Mit einem höheren Span­nungs­netz als 12 Volt, also 48 Volt oder 400 Volt bei E-Fahr­zeugen, steigt zwar die Span­nung, das Magnet­feld wird aber kleiner - und damit auch die magne­tische Abstrah­lung.

Strah­len­belas­tung an der E-Tank­stelle

Anders sieht es aus, wenn das E-Auto extern geladen wird: Auto­besitzer, die sich direkt an der Stromtank­stelle während des Lade­vor­gangs aufhalten, sind einer höheren Belas­tung ausge­setzt. Sie müssen sich laut Schwarz aber keine Gedanken machen, da die Grenz­werte immer einge­halten würden.

Volks­wagen unter­schreitet nach eigenen Aussagen die gesetz­lichen Normen deut­lich und stellt hohe Anfor­derungen an die einge­setzten Kompo­nenten. Elek­tro­magne­tische Verträg­lich­keit und Elek­tro­magne­tische Umwelt­ver­träg­lich­keit würden in der frühen Entwick­lungs­phase berück­sich­tigt und deren Einhal­tung über den gesamten Entwick­lungs­pro­zess abge­sichert. Konstruk­tive Maßnahmen seien unter anderem Verle­gungen von Haupt­strom­kabeln außer­halb des metal­lisch abge­schirmten Innen­raums (Fara­day­scher Käfig), gekap­selte Antriebe und speziell ausge­legte Filter der Hoch­volt-Kompo­nenten.

Beim neuen Elek­tro­fahr­zeug ID.3 hat VW deshalb die Kabel zwischen Batterie und E-Motor sehr kurz gehalten. Um die Belas­tung aber möglichst gering zu halten, empfiehlt VW ebenso die Benut­zung einer Außen­antenne oder der Frei­sprech­ein­rich­tung beim Tele­fonieren. Dann kann es nur heiße Ohren von langen Gesprä­chen geben.

Was zu Hause funktio­niert, wünschen sich viele auch im Auto: Ordent­liches Internet, am besten per WLAN. Das lässt sich machen.

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