Deutschland bekommt DVB-T2-Plattform ab 2016
Auch kleine DVB-T-Taschenempfänger werden nach dem Paradigmenwechsel auf DVB-T2 zu Elektroschrott
Bild: Abuse
Deutschland steht vorm Paradigmenwechsel beim digital-terrestrischen Antennenfernsehen DVB-T. Auf einem Treffen in Berlin haben sich in der vergangenen Woche erstmals die Marktbeteiligten zu ihren Zeit- und Frequenzplanungen für den Umstieg von DVB-T auf DVB-T2 ausgetauscht. Thomas Fuchs, der Koordinator Netze, Technik, Konvergenz der Medienanstalten, hatte dazu die Vertreter von ARD, ZDF,
RTL, ProSiebenSat.1, dem Privatfunkverband VPRT und Netzbetreiber
Media Broadcast zu einem runden Tisch eingeladen. Dabei wurde deutlich, dass inzwischen alle Marktbeteiligten den Umstieg auf DVB-T2 anstreben und unter gewissen
Rahmenbedingungen die terrestrische Fernsehverbreitung für zukunftsfähig und attraktiv halten. Begrüßt wurde von allen Anwesenden insbesondere die Entscheidung der RTL-Gruppe, die terrestrische Verbreitung mit Fokus auf DVB-T2 bis 2016 fortzuführen.
Mit Kauf von DVB-T2-Empfänger noch warten
Auch kleine DVB-T-Taschenempfänger werden nach dem Paradigmenwechsel auf DVB-T2 zu Elektroschrott
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Einigkeit bestand unter den Teilnehmern der Runde auch darüber, dass der digital-terrestrische Übertragungsweg nur durch den Umstieg auf Dauer erhalten und weiter entwickelt werden kann. Die Beteiligten verständigten sich zudem darauf, DVB-T2 ausschließlich im Kodierstandard HEVC einzuführen. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass die bislang DVB-T2-Empfänger, die es bereits im Markt gibt, für den Empfang nicht geeignet sein werden. Auch bisher verkaufte Fernseher mit DVB-T2-Empfang sind wegen der fehlenden HEVC-Komprimierung für die künftigen Ausstrahlungen in Deutschland unbrauchbar. Daher sollten Personen, die heute bereits ihr Gerät umrüsten wollen, noch den Start der nächsten Gerätegeneration abwarten und dann auf die HEVC-Fähigkeit der Geräte achten.
In jedem Falle werden mit Abschaltung der Sender im heutigen DVB-T-Modus alle bisherigen Empfänger wertlos und müssen ausgetauscht werden. Auch Fernsehgeräte mit eingebautem DVB-T-Empfänger benötigen dann wieder einen separaten Receiver. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass schon ab 2015 kaum noch neue Geräte verkauft werden, die noch keinen DVB-T2-Empfänger mit HEVC-Kodierung eingebaut haben.
Über 40 TV-Sender bundesweit?
DVB-T2 ermöglicht den Empfang von mehr Programmen in besserer Qualität, insbesondere in hochauflösender HD-Qualität. Während die privaten Anbieter und Netzbetreiber Media Broadcast eine Plattform anstreben, die überwiegend verschlüsselt und bundesweit einheitlich vermarktet wird (Vorbild ist hier die österreichische Plattform simpliTV mit über 40 TV-Sendern), werde das öffentlich-rechtliche Angebot von ARD und ZDF weiterhin unverschlüsselt empfangbar sein. In jedem Fall dürfte der digital-terrestrische Weg gestärkt werden. Weit mehr Privatsender als bisher dürften aufspringen, da es durch die Verschlüsselung und Abo-Einnahmen erstmals eine Refinanzierbarkeit des digital-terrestrischen Angebots geben könnte. Ebenfalls könnten Privatsender erstmals überall in Deutschland empfangbar sein, denn Media Broadcast strebt - ähnlich wie beim Digitalradio (DAB+) - eine bundesweite Plattform an.
Die sukzessive Einführung von DVB-T2 wollen die Teilnehmer der Runde ab Mitte 2016 anstreben. Nach jetzigen Planungen soll der Umstellungsprozess in der Fläche im Jahr 2020 abgeschlossen sein. Am Ende des Migrationsprozesses auf DVB-T2 würden dann auch Kapazitäten frei, mit denen die Mobilfunkunternehmen die Breitbandziele der Bundesregierung (Digitale Dividende 2) umsetzen könnten, hieß es.
Die Teilnehmer appellierten an die Länder, das für den Umstieg benötigte Frequenzspektrum bis zum Jahre 2020 zu sichern. Die Medienanstalten streben die Vorbereitung eines Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz an, um das private Frequenzspektrum auf einen bundesweiten Plattformbetrieb umstellen zu können.
RTL und Eutelsat beenden DVB-T-Engagement in Stuttgart und Leipzig
Den Testlauf einer verschlüsselten DVB-T-Plattform wollen der Satelliten- und Netzbetreiber Eutelsat visAvision und die RTL-Gruppe zum Jahresende beenden: Im Rahmen des Angebotes Viseo+ werden die Programme der Sendergruppe noch bis 31. Dezember verschlüsselt im Standard MPEG-4 verbreitet. Schon seit geraumer Zeit wird Viseo+ nicht mehr vermarktet. Die ohnehin nur wenigen Zuschauer des Angebotes in Leipzig/Halle und im Raum Stuttgart müssen also bis zum Start der neuen DVB-T2-Plattform auf die Privatsender von RTL verzichten.
Noch im alten DVB-T-Modus gibt es einige Veränderungen: Der Nachrichtensender N24 sendet neu im Raum Stuttgart auf Kanal 25. Hier hatte zuvor der Privatsender Anixe seine Verbreitung eingestellt. Ein kurzes DVB-T-Gastspiel gab es auch bei ManouLenz.tv in Bayern: Der Shopping-Sender hat seine digital-terrestrische Verbreitung in München/Oberbayern und Nürnberg wieder eingestellt.