Gut Holz

Experten auf der Jagd nach Cyberkriminellen

Informatiker der Uni Mannheim erforscht Internet-Kriminalität
Von dpa / Steffen Herget

Früher legten sogenannte Cyberkriminelle fremde Rechner durch Computerviren lahm, heute räumen die Datendiebe ganze Bankkonten leer. Die Leidenschaft des Informatikers Thorsten Holz gehört der Verfolgung dieser Betrüger kreuz und quer durch das Internet. Im vergangenen Jahr entdeckte der 27-jährige Doktorand der Universität Mannheim zusammen mit Kollegen riesige Sicherheitslücken im Internet und fand Hunderttausende hochsensibler, aber gestohlener Daten: Kreditkartennummern, Bankverbindungen, Zugangsdaten und Passwörter zu Online-Konten von 170 000 ahnungslosen Opfern. Geschätzter Wert des virtuellen Diebesgutes: Mehr als zehn Millionen Dollar (7,6 Millionen Euro) auf dem weltweiten Schwarzmarkt. "Das ist nur die Spitze des Eisbergs", glaubt Holz.

Die Jagd nach den Datendieben ist für den Diplom-Informatiker sowohl professionelle Herausforderung, als auch faszinierendes Spiel: "Beim Entwickeln neuer Technologien sind uns die meisten Cracker einen Schritt voraus, und darauf müssen wir reagieren", sagt Holz. "Um mein System abzusichern, muss ich auch wie ein Angreifer denken." Die "Hacker" sind die Guten, die "Cracker" die Cyberkriminellen. Sie starten Attacken auf Rechner weltweit zu Weihnachten, am Valentinstag oder auch jüngst zur Amtseinführung des US-Präsidenten Barack Obama.

Rechner der Internet-Detektive laufen Tag und Nacht

Die "Cracker-Szene" zeichnet sich heute durch eine zunehmende Professionalisierung aus. "Es geht nicht mehr nur um Spaß, sondern um viel Geld", erklärt Holz. Die Ergebnisse der sieben Monate dauernden Forschungen zum Datenklau waren Grundlage einer Studie. Zwölf Rechner am Lehrstuhl für Praktische Informatik ein in Mannheim sind Tag und Nacht in Betrieb, um die Spur der Internetbetrüger aufzunehmen. Die PCs des Lehrstuhls locken die Kriminellen ungehindert an. Sie sind ausgerüstet mit rein gar nichts: kein Virenschutz, kein Spamfilter, keine Firewall zur Abwehr. "Wir gaukeln den dümmsten Internetnutzer vor, den es gibt." Der junge Informatiker spricht schnell, wenn es um sein Spezialgebiet geht.

Aufgewachsen in der Eifel, umgeben von Natur, bekam Holz im Alter von zehn Jahren seinen ersten Rechner. Die anfängliche Begeisterung steigerte sich bald zur Profession. Im kommenden Mai wird er seinen Doktortitel erhalten. Seinem Doktorvater folgte er 2005 von der Universität Aachen in die Quadratestadt. Von der Internetkriminalität entspannt Holz bei Musikfestivals wie "Rock am Ring" jedes Jahr im Sommer.

Die Vorgehensweise der Kriminellen ist einfach

"Was wir sammeln, sind Kopien von der Schadsoftware", erläutert Holz. Auf diese Weise lassen sich nicht nur die Fährten der Diebe zurückverfolgen, sondern auch die Techniken der Diebe entschlüsseln, die in Russland oder Südostasien sitzen. Die Vorgehensweise der Kriminellen ist einfach: Oft nisten sie sogenannte Keylogger ein, sobald die Internetnutzer die E-Mail-Anhänge öffnen, die sie von den Betrügern erhalten haben. Diese Keylogger sind Programme, die sich in fremde Rechnern einschleusen und alle Tastendrücker mitschneiden und Informationen stehlen.

Thorsten Holz ärgert die Naivität der Internetnutzer, die die Gefahren unterschätzten, die massenhaft online lauern. Würde die Sicherheitssoftware regelmäßig aktualisiert werden, könnten sich Datendiebe nicht an die Fersen umsichtiger Internetnutzer heften, meint Holz. Im Internet würden alle Sicherheitsbedenken jedoch einfach über Bord geworfen. "Im realen Leben gehe ich doch auch nicht nachts durch eine verlassene dunkle Straße", kritisiert Holz. "Warum im virtuellen?"

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