Themenspezial Fußball Gedankenspiele

Bundesliga bei Amazon & YouTube? Was geht - und was nicht

Was wäre wenn... Amazon und Google in die Bundesliga-Übertragung einsteigen? Gedankenspiele zur neuen Bundesliga-Rechte-Ausschreibung.
Aus Frankfurt am Main berichtet Thorsten Neuhetzki

Wie groß bleibt die Bedeutung von Sky? Wie groß bleibt die Bedeutung von Sky?
Foto: dpa
Genau 2 Stunden und 2 Minuten sprach Christian Seifert, Chef der Deutschen Fußball-Liga (DFL) am Dienstag in Frankfurt vor Journalisten - die letzten Minuten beantwortete er Fragen der Anwesenden. Und davon gab es viele, angesichts der neuen Möglichkeiten, die die nun anlaufende Ausschreibung der Medienrechte für die Fußball-Bundesliga ergeben. 2 Stunden und 2 Minuten voller Informationen, die sich kaum in einen Artikel pressen lassen - egal mit welchem Fokus ein Redakteur an den Artikel herangeht. Wir haben bereits erste Informationen zur Ausschreibung generell sowie zu den Highlight-Clips, der Nutzung im Ausland und der Radioverwertung veröffentlicht.

Doch was heißt das alles am Ende? Kann Sky weiterhin ein Quasi-Monopol betreiben? Kann die Telekom wieder mit Liga total! starten? Können Amazon und Google ein Stück vom Bundesliga-Kuchen abbekommen? Wir versuchen, Ihnen anhand einiger Gedankenspiele aufzuzeigen, was möglich wäre. Wichtig dabei: Von keinem der Unternehmen, die wir in diesem Artikel nennen, ist offiziell bekannt, dass sie an der Ausschreibung teilnehmen. Es handelt sich als nur um Beispiele. Wer sich für das Verfahren anmeldet und bietet bleibt geheim.

Das Sky-Monopol und seine Folgen

Wie groß bleibt die Bedeutung von Sky? Wie groß bleibt die Bedeutung von Sky?
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Als Sky vor einigen Jahren die Rechte an der derzeit noch laufenden Rechte-Periode ersteigerte, ging bei der Pressekonferenz der DFL ein Raunen durch den Raum. Sky hatte nicht nur alle Live-Rechte an der 1. und 2. Liga per Kabel und Satellit ersteigert, sondern auch die Rechte am IPTV und Web-TV. Die Telekom, die bis dahin die IPTV-Rechte hielt, und alle anderen Wettbewerber waren raus. Lediglich Highlight-Clips (Axel Springer) und Free-TV-Inhalte waren woanders zu sehen.

Eins ist klar: Ganz so wird es ab 2017/2018 nicht mehr sein. Zwar darf Sky rein theoretisch weiterhin alle TV-Rechte für Satellit und Kabel/IPTV ersteigern, muss dann aber auf einige der OTT-Rechte, also jene für Web-TV und Mobilfunk, verzichten. Das macht ein allumfassendes Angebot von Sky, wie es heute mit Sky Go und Sky Online zu bekommen ist, zunichte. Verzichten müsste Sky auf insgesamt 103 Spiele per Streaming - drei pro Spieltag. Dabei handelt es sich um die beiden Sonntagsspiele und ein Samstagsspiel um 15.30 Uhr.

Doch es gibt einen Ausweg. Eines der fünf Premium-Pakete, die die Live-Berichterstattung der 1. Liga umfassen, müsste dazu von einem anderen Sender gekauft werden. Würde also beispielsweise das Rechtepaket B, das die Spiele am Samstag um 15.30 Uhr in der Konferenz (und nur in der Konferenz) beispielsweise von Amazon gekauft werden, so wäre der Stream bei Amazon zusehen, die klassischen TV-Lizenzen könnte (und müsste) Amazon an Sky (oder einen anderen Partner) sublizenzieren. Damit hätte Sky wieder alle Spiele im klassischen TV unter Lizenz und dürfte auch alle Live-Spiele per Web-TV zeigen - nur keine Konferenz. Außer, Amazon verkauft auch dieses Signal als zusätzliche Verwertung an Sky. Wichtig ist nur, dass Amazon selbst ebenfalls eine Vermarktung des Signals vornimmt.

Steigen Amazon und Google ein?

Klar ist: Für Amazon und Google wäre die Live-Übertragung der Bundesliga ein neues Geschäftsfeld - und ein reizvolles dazu. Möglich, dass sie - wie oben gezeigt - mit einem kleinen Rechtepaket einsteigen. Der Erwerb des Konferenzpaketes bietet für die Onliner noch einen weiteren Benefit: Sie könnten von allen Live-Spielen direkt nach Abpfiff mehrminütige Highlights aller Bundesligaspiele anbieten, ohne die Live-Rechte zu besitzen - ein optimaler Dienst am Kunden der Online-Anbieter und ein möglicherweise gelungener Einstieg in die Bundesliga-Welt.

Auch hier gilt aber: Nur mit Streaming lässt sich kein Lizenzpaket umsetzen. Für die normalen TV-Rechte bräuchten die OTT-Anbieter einen Partner.

Ein Anbieter, der ausschließlich auf Streaming setzen will, muss auf das OTT-Paket lauern. Das gibt es nur, wenn ein Bieter bei allen fünf Premium-Paketen erfolgreich ist. Dann allerdings könnten Google oder Amazon stolze 103 Livespiele per Internet und Mobilfunk übertragen - zu einem vermutlich nicht allzu hohen Preis. Doch ob es das Paket gibt, ist ungewiss und ergibt sich aus dem Auktionsverlauf.

Comeback von Liga total! nicht ausgeschlossen

Anders als beim letzten Mal werden IPTV-Rechte dieses Mal nicht mehr einzeln ausgeschrieben. Alle Pakete sind technologieneutral. Würde nun also die Telekom wieder ins Geschäft einsteigen, hätte sie das gleiche Problem wie Amazon oder Google: Ein Partner muss her, wenn sie nicht ihr Entertain per Sat-Angebot komplett aufbohren und zu einem TV-Anbieter werden will. Die Mobilfunkrechte ließen sich freilich selbst verwerten, Web-TV unter der Prämisse der Selbstkannibalisierung auch. So bräuchte es nicht einmal einen Satelliten-Sender - fraglich aber ob die DFL dem am Ende zustimmt, wenn die Bundesliga nur noch per IPTV, Mobilfunk und Web-TV zu sehen wäre. Im Übrigen gilt hier die gleiche Regel wie bei Sky: Würde die Telekom alle fünf wichtigen Pakete kaufen, würden 103 Spiele für Web-TV und Mobilfunk aus dem Paket herausgelöst und getrennt vergeben.

Ist Sky nun vom guten Willen anderer abhängig?

Absprachen zwischen den Bietern sind nicht zulässig - aber gleichzeitig dürfte ein Gespräch bei einem guten Bier schwer zu überwachen sein. Möglich ist in jedem Fall, dass Sky zusammen mit bestehenden oder künftigen Partnern ein zu heute nahezu identisches Angebot auf die Beine stellen kann. Dazu müsste ein Partnersender, der über Sky zu empfangen ist, eines der Rechtepakete buchen. Dies könnte beispielsweise Sport1 sein, die dafür einen neuen Bundesliga-Kanal gründen und etwa die Konferenz oder das Topspiel am Samstag übertragen - auch über Sky zu empfangen, wie es andere Sport1-Sender heute schon sein. Wichtig ist nur, dass dieser Sport1-Kanal dann auch über andere Pay-TV-Anbieter, etwas die Kabelnetze, zu bestellen ist. Zudem müssen sich die Sender einig sein, was die Verwertung der OTT-Rechte angeht und schon könnte ein Sky-Kunde wieder alle Spiele auf allen Empfangswegen bei Sky sehen.

Mehr Spiele im Free-TV möglich

Erstmals ermöglicht die DFL auch, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Spiele ohne Verschlüsselung zu sehen ist, wenn sich ein Partner dafür findet. In Frage kommen dafür die Pakete D (Topspiel Samstag 18.30 Uhr) und das Paket E (Sonntagsspiele um 15.30/18 Uhr). Der Bieter muss der DFL im Vorfeld melden, ob er die Rechte für Pay-TV oder Free-TV ersteigert. Würde nun also beispielsweise Sat1 das Paket D ersteigern, wäre die No-Single-Buyer Rule gebrochen. Sat1 würde die Spiele das Samstagabend bei ran live zeigen, den Stream könnte man beispielsweise Sky als Rechteinhaber der anderen Pakete verkaufen, um aus diesem Kapital zu schöpfen. Sky könnte so seinen Kunden wiederum ebenfalls alle Spiele anbieten, wenn sie unterwegs sind. Und im Fernsehen wird auf das frei empfangbare Sat1 umgeschaltet.

Doch wie realistisch ist die Free-TV-Übertragung? Knackpunkt für den Sender ist die Gegenfinanzierung für ein Rechtepaket, das pro Saison 30 oder 60 Livespiele beinhaltet und zu dem noch die redaktionelle Rahmenproduktion erfolgen muss. Bei angenommenen und niedrig geschätzten 100 Millionen Euro Gebot (Liga-Chef Seifert will pro Saison 11 bis 1,5 Milliarden Euro erzielen) und 30 Spielen würde jedes Spiel mehr als drei Millionen Euro kosten. Bei hoch gegriffenen 30 Minuten Werbung im Umfeld des Spiels müsste jede Werbeminute mehr als 100 000 Euro kosten - Produktion und Übertragung noch nicht eingerechnet. Damit müssten das ganze Jahr etwa die Preise gelten, die die ARD für das Sportschau-Umfeld zum Saison-Ende aufruft. Apropos Sportschau: Diese würde auch noch parallel zum Samstags-Topspiel laufen, sofern die ARD für das entsprechende Highlight-Paket bietet.

Die 2. Liga ist deutlich einfacher

Bei der 2. Liga ist es ganz einfach: Das Montagsspiel gibt es weiterhin, kann aber künftig auch ein Pay-TV-Spiel werden. Sollte es Free-TV werden, würde es keine parallele Pay-TV-Auswertung geben, wie es heute mit Sport1 und Sky der Fall ist. Alle andere Spiele der 2. Liga sind in einem weiteren Pay-TV-Paket zusammengefasst - inklusive Konferenz. Auch hier ist das Lizenzpaket technologieneutral, Regeln des Kartelamtes gibt es nicht. Kaufen kann das Paket jeder - egal ob er bei der 1. Liga den Zuschlag erhält oder nicht.

Highlightclips auf Drittseiten weiter möglich

Unabhängig von Sky sind heute kurz nach Spielende Zusammenfassungen auf der Seite der Bild-Zeitung zu sehen - hinter einer Bezahlschranke. Dieses Rechtepaket ist auch künftig weiterhin zu haben. Ob es bei Axel Springer bleibt, ist freilich offen. Auch Webseiten ohne Bezahlschranke können übrigens ein Rechtepaket kaufen, das die Highlights ab Montag bzw. Dienstag um 0 Uhr ermöglicht.

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