Unterschiedlich

Frequenzpläne der Netzagentur stoßen auf gemischtes Echo

Der Konsul­tati­ons­ent­wurf der Bundes­netz­agentur zur Verlän­gerung der Frequenzen stößt erwar­tungs­gemäß auf ein geteiltes Echo.
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Wenn die Bundes­netz­agentur eine Entschei­dung trifft, dann gibt es unter­schied­liche Ansichten. Erste kriti­sche Stel­lung­nahmen trafen kurz nach Bekannt­gabe der Entschei­dung ein.

Deut­sche Telekom: Nicht alle Chancen genutzt

Für die Deut­sche Telekom sei „grund­sätz­lich die Verlän­gerung der Nutzungs­rechte anstelle einer Auktion zu begrüßen." Dabei müsse aller­dings vermieden werden, dass die Kosten ähnlich hoch ausfielen, sonst verfehle sie ihre Wirkung. Ziel sollte es sein, für die Kunden so viel Abde­ckung wie möglich zu errei­chen.

3 Netzbetreiber bekommen Verlängerung - der Neueinsteiger 2x5 MHz und nationales Roaming - Diensteanbieter enttäuscht 3 Netzbetreiber bekommen Verlängerung - der Neueinsteiger 2x5 MHz und nationales Roaming - Diensteanbieter enttäuscht
Fotos: 1&1/Telefónica, Logos: Anbieter, Montage: teltarif.de
Dafür helfe es aber nicht, eine "rein poli­tisch gedachte" Flächen­deckungs­auf­lage zu verhängen, die nicht verhält­nis­mäßig und vor allem prak­tisch nicht umsetzbar sei. Der Behörde scheine der Umfang dieser Auflage unklar zu sein. Gleich­zeitig gehe die Behörde bereits von 600 Millionen Euro Verlän­gerungs­gebühr für nur fünf Jahre aus.

Ärger­lich sei, dass 1&1 einen Frei­fahrt­schein bekomme. Trotz wieder­holter Miss­ach­tung aller Auflagen und Zusagen solle 1&1 zusätz­liche Frequenzen bekommen, die heute schon von Millionen Kunden verwendet werden. Die Bundes­netz­agentur prote­giere einen Neuein­steiger, der nach dem Maßstab des TKG als "unzu­ver­lässig" anzu­sehen sei und daher keine weiteren Frequenzen erhalten dürfte.

"Wir werden die Bedin­gungen jetzt gründ­lich analy­sieren. Auf den ersten Blick hat die BNetzA nicht die Chancen genutzt, die eine Verlän­gerung für die Digi­tali­sie­rung Deutsch­lands bringen könnte“, fasst die Deut­sche Telekom ihre Einschät­zung zusammen.

Voda­fone: Ein guter Tag für Handy­nutzer

Marcel de Groot, neuer Chef bei Voda­fone in Düssel­dorf, freut sich: „Heute ist ein guter Tag für die vielen Millionen Handy­nutzer in Deutsch­land. Der neue Kurs, den die Behörde einschlagen möchte, ist ein Bekenntnis für bessere Netze. Aber dieser Kurs hätte auch noch deut­lich klarer ausfallen können, um wirk­lich nach­haltig zu wirken: Wir hätten uns gewünscht, dass die Behörde die Chance nutzt, die milli­arden­schweren Auktionen nicht nur kurz­fristig auszu­setzen, sondern auch lang­fristig einen nach­hal­tigeren Ansatz für die Frequenz­ver­gabe zu verfolgen.“

o2-Telefónica: Für starke Netze und ein gestärktes Land

„Wir teilen das Ziel der Politik, den Menschen überall dort, wo sie leben, arbeiten und unter­wegs sind, eine best­mög­liche digi­tale Versor­gung zu schaffen. Die Bundes­netz­agentur trifft eine gute Entschei­dung für das Land und stellt die Weichen für eine viel­ver­spre­chende digi­tale Zukunft Deutsch­lands. Für die Netze der Zukunft wird jedes Mega­hertz, wird jeder Euro des Ausbaus gebraucht. o2 Telefónica begrüßt das Verständnis der Behörde, über eine Verlän­gerung der Spek­tren den Netz­ausbau zügig voran­zutreiben.

Für die geplante Verlän­gerung schul­tern wir als Netz­betreiber zusätz­liche Ausbau­auf­lagen über einen kurzen Zeit­raum, die einen echten Kraftakt darstellen. Eine fünf­jäh­rige Verlän­gerung ist hierbei ein Schritt in die rich­tige Rich­tung, um Deutsch­land zum Euro­pameister bei 5G zu machen."

Die Kritik von Telefónica fällt moderat aus: "Ziel­füh­render auf diesem Weg wäre eine Verlän­gerung der Lauf­zeiten der Frequenz­nut­zung um acht Jahre. Diese hätte eine noch bessere Planung und weitere Ausbau­impulse für die digi­tale Infra­struktur Deutsch­lands ermög­licht.“

1&1: Offen für koope­rative Lösung

„Einer koope­rativen Lösung stehen wir offen gegen­über. Wichtig ist, dass wir eine ausrei­chend große Frequenz­menge zu markt­gerechten Kondi­tionen nutzen können, um unsere mehr als 12 Millionen Kundinnen und Kunden ange­messen zu versorgen“, betonte Ralph Dommer­muth, CEO der 1&1 AG in einer Stel­lung­nahme. „Nur so können wir die Vorteile unserer inno­vativen Open-RAN-Tech­nologie nutzbar machen und unser täglich wach­sendes 5G Netz wett­bewerbs­fähig betreiben.“

freenet AG: Chance vergeben

Rick­mann von Platen, Vorstand Part­ner­bezie­hungen (CCO) des größten deut­schen Service-Provi­ders (Diens­tean­bie­ters) freenet AG, ist enttäuscht: „Die BNetzA vergibt die seltene Chance für eine Wett­bewerbs­stär­kung im Mobil­funk­markt. Dafür hätte sie mit der Aufer­legung einer diskri­minie­rungs­freien Zugangs­ver­pflich­tung heute die Grund­lage schaffen können. Mit diesem Entschei­dungs­ent­wurf verliert die BNetzA die wirk­same Förde­rung des Wett­bewerbs aus den Augen." Eine aktu­elle Studie der EU-Kommis­sion zeige, dass der deut­sche Mobil­funk­markt im euro­päi­schen Vergleich schlecht dastehe. Statt nun für mehr Wett­bewerb und Wahl­frei­heit zu sorgen, setze die BNetzA auf ein "weiter so" zu Lasten von Verbrau­chern und Geschäfts­kunden, so die Kritik aus Hamburg und Büdels­dorf, wo freenet seinen Sitz hat.

Rechts­experten hätten in den letzten Monaten mehr­fach darauf hinge­wiesen, dass nach Euro­parecht eine Verlän­gerung ohne diskri­minie­rungs­freie Zugangs­ver­pflich­tung eine unzu­läs­sige Beihilfe für die Mobil­funk­netz­betreiber sei. Damit stehe die geplante Frequenz­ver­gabe recht­lich auf sehr wacke­ligen Beinen.

"Im Sinne einer rechts­sicheren Frequenz­ver­gabe sollte die Bundes­netz­agentur in ihrem finalen Entschei­dungs­ent­wurf eine diskri­minie­rungs­freie Zugangs­ver­pflich­tung aufer­legen wie sie von Mono­pol­kom­mis­sion, Bundes­kar­tellamt, Verbrau­cher­schüt­zern und unab­hän­gigen Nach­fra­gern seit langem gefor­dert wird.“

BREKO: Geschenke ohne Ausgleich

Dr. Stephan Albers, Geschäfts­führer des Bundes­ver­bands Breit­band­kom­muni­kation (BREKO), wirft der Bundes­netz­agentur vor, den etablierten Mobil­funk­netz­betrei­bern Telekom, Telefónica und Voda­fone gleich zwei Geschenke – ohne jegli­chen Ausgleich für deren Wett­bewerber - zu machen: Neben der Verlän­gerung der Frequenz­nut­zungs­rechte müssten die etablierten Netz­betreiber auch in Zukunft keinen unlieb­samen Wett­bewerb fürchten.

Indem die Bundes­netz­agentur weiter am "wirkungs­losen Verhand­lungs­gebot" fest­halten will, verpasse sie die Chance, mit der Einfüh­rung einer "Diens­tean­bie­ter­ver­pflich­tung" wirk­samen Wett­bewerb im Mobil­funk zu schaffen. Diens­tean­bieter ohne eigenes Mobil­funk­netz hätten so weiterhin keine Chance, Verbrau­che­rinnen, Verbrau­chern und Geschäfts­kunden wett­bewerbs­fähige Mobil­funk­ange­bote zu machen.

Der unzu­rei­chende Wett­bewerb im Mobil­funk habe schon heute gravie­rende Auswir­kungen auf den Glas­faser­ausbau, weil Glas­faser­anbieter ohne eigenes Mobil­funk­netz im Gegen­satz zu Telekom, Telefónica und Voda­fone keine konkur­renz­fähigen Bündel­pro­dukte aus Glas­faser­anschluss und 5G-Mobil­funk schnüren können.

Der vorge­stellte Plan igno­riere zahl­reiche Warnungen und sei tenden­ziös und metho­disch mangel­haft. BREKO fordert weiter die Einfüh­rung einer wirk­samen Diens­tean­bie­ter­ver­pflich­tung, "um doch noch einen Impuls für fairen Wett­bewerb zu setzen".

Eine Einschät­zung von Henning Gajek

Man merkt dem Präsi­denten der Bundes­netz­agentur, Klaus Müller, an, was er früher gemacht hat. Die Verbrau­cher liegen ihm auch in seiner neuen Aufgabe am Herzen. Also hat er ziem­lich knackige Forde­rungen nach einem quasi flächen­deckenden Ausbau in die Auflagen geschrieben. Dafür verlän­gert er die Frequenzen zum Schnäpp­chen­preis von 600 Millionen Euro (zunächst war von 800 Millionen die Rede gewesen).

Wenn ein Netz­betreiber dem neuen Mitspieler natio­nales Roaming anbietet, ist das Thema für Müller schon geklärt. Das Voda­fone-Roaming steht und geht im Sommer/Herbst diesen Jahres in den Voll­betrieb, dann verlassen die bislang von o2 versorgten 1&1-Kunden das Münchner Netz und ziehen in das Netz von Voda­fone um. Ganz wird dann die Leitung zwischen 1&1 und o2 nicht gekappt sein, weil die Frequenzen für das eigene Netz, die von o2 ausge­liehen waren, weiter genutzt werden können.

Bleibt die Auflage: 2x 5 MHz an den Neuein­steiger zu vermieten: Wird das ein Netz­betreiber bundes­weit machen (müssen) oder muss 1&1 jeden Wunsch­standort einzeln bei allen drei Anbie­tern anfragen?

Service-Provider oder klei­nere Anbieter, die einen direkten Vertrag mit einem Netz­betreiber haben möchten, bekommen oft keine attrak­tiven Kondi­tionen, die es ihnen erlauben, ihr Produkt noch mit einer notwen­digen Marge verkaufen zu können. Hier hätte sich die Diens­tean­bieter-Branche eine klare Regel mit Höchst­preisen gewünscht, die wird es aber nicht geben.

Die Netz­betreiber argu­men­tieren, dass der poli­tisch gewünschte flächen­deckende Netz­ausbau ein teures Vergnügen werden wird, wobei für Billigst-Tarife keine Luft mehr wäre. Schon heute kann man 2 GB Daten mit 100 Minuten und SMS für nur 2,99 Euro im Monat im "besten D-Netz" (= "D1") z.B. bei der freenet-Tochter klar­mobil bekommen. 10 GB mit 5G gibts anderswo bereits für 10 Euro oder darunter. Somit bietet der Markt schon heute (fast) für jeden ein Angebot.

Die Bahn muss 20.000 bis 30.000 neue Sende­masten an ihren Bahn­stre­cken aufbauen, um das künf­tige Digi­tal­funk­netz FMRCS betreiben zu können. Diese Stand­orte werden auch die öffent­liche Mobil­funk­ver­sor­gung in Zügen spürbar verbes­sern. Der gefor­derte Ausbau in der Fläche (wo keine Schienen liegen) könnte eine ähnliche Zahl an zusätz­lichen neuen Basis­sta­tionen brau­chen.

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